02.10.2021

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Et voilà: L’Arc de Triomphe, Wrapped

Tausende Besucher*innen strömten im Herbst 2021 zum Arc de Triomphe

Tausende Besucher*innen strömten im Herbst 2021 zum Arc de Triomphe

In den 1960er-Jahren hatte das Künstler-Ehepaar Christo und Jeanne-Claude erstmals die Idee, den Pariser Arc de Triomphe in Stoff einzuhüllen. Im Herbst 2021, knapp 1,5 Jahre nachdem Christo verstorben ist, wurde dieser Traum Wirklichkeit. Alles was es dafür brauchte, waren eine Idee, 60 Jahre Zeit, 14 Millionen Euro, 25 000 Quadratmeter Stoff – und sehr viel deutsche Expertise.

um das Kunstwerk von Christo zu bestaunen. (Foto: Wolfgang Volz/Christo and Jeanne-Claude Foundation)
Tausende Besucher*innen strömten im Herbst 2021 zum Arc de Triomphe, um das Kunstwerk von Christo zu bestaunen. (Foto: Wolfgang Volz/Christo and Jeanne-Claude Foundation 2021)
Christo: L'Arc de Triomphe, Wrapped 2021 (Foto: Wolfgang Volz/Christo and Jeanne-Claude Foundation 2021)
Christo: L'Arc de Triomphe, Wrapped 2021 (Foto: Wolfgang Volz/Christo and Jeanne-Claude Foundation 2021)
Tausende Besucher*innen strömten im Herbst 2021 zum Arc de Triomphe
Christo: L'Arc de Triomphe, Wrapped 2021 (Foto: Wolfgang Volz/Christo and Jeanne-Claude Foundation 2021)

„Es wird wie ein lebendiges Objekt sein, das sich im Wind bewegt und das Licht reflektiert. Mit seinen beweglichen Falten wird die Oberfläche des Denkmals sinnlich werden. Die Menschen werden den Arc de Triomphe berühren wollen.“ – so sagte Christo es voraus. Und er sollte Recht behalten.

So sieht der Arc de Triomphe aus, wenn er nicht gerade Teil einer Kunstinstallation von Christo ist. (Foto: canmandawe/Unsplash)

L’Arc de Triomphe, Wrapped – von Christos Vision zur Wirklichkeit

Nur zu Ihrer Erinnerung: So sieht der Arc de Triomphe, der Triumphbogen, in Frankreichs Hauptstadt Paris üblicherweise aus. Plus eine ganze Menge Tourist*innen. In diesem Herbst war er aber 16 Tage lang (vom 18. September bis zum 3. Oktober 2021) nur anhand seiner Silhouette – und auch des unveränderten Standorts, aber das nur am Rande – erkennbar. Denn über diesen Zeitraum war der Arc de Triomphe in Stoff gehüllt – wie vor ihm schon zahlreiche andere Bauten, unter anderem der Deutsche Reichstag. Dafür verantwortlich zeichnet sich der bulgarische Künstler Christo.

Wie so vieles, war auch die Verhüllung des Arc de Triomphe aufgrund der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben worden. Ursprünglich für den Herbst 2020 angedacht, verkündete Christo im April 2020 über seine Social-Media-Kanäle, dass sein Team die arbeitsintensive Kunstinstallation erst im nächsten Jahr realisieren würde. Wenige Wochen nach der Ankündigung verstarb Christo kurz vor seinem 85. Geburtstag im Mai 2020. So konnte er die Realisierung seines Mega-Projekts nicht mehr miterleben. Trotz seinem Tod schritten die Pläne, den Arc de Triomphe zu verhüllen, fort. Dies entspreche Christos Wunsch, so hieß es im Statement, das sein Team auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte.

Christo und eine seiner vielen vorbereitenden Zeichnungen vom Arc de Triomphe (Foto: Wolfgang Volz/Christo and Jeanne-Claude Foundation 2019)

Mit der Erlaubnis von Emmanuel Macron

Denn das Projekt ist schon einige Jahre in der Mache. Die Timeline geht zurück bis zum Jahr 1961 – nachdem Christo, dessen bürgerlicher Name Christo Vladimirov Javacheff war, seine Frau Jeanne-Claude Denat de Guillebon in Paris kennengelernt hatte, begannen die beiden, gemeinsam Kunst im öffentlichen Raum zu kreieren. Eines dieser Projekte war ein öffentliches Gebäude einzupacken. Während dieser ersten Schaffensphase in Paris lebte Christo in einem Zimmer nahe des Arc de Triomphe – und war ab diesem Zeitpunkt fasziniert von dem Bauwerk. Die erste Fotomontage, die einen verhüllten Arc de Triomphe zeigt, erstellte Christo bereits 1962. Seitdem schuf Christo immer wieder neue Collagen und Skizzen von dem Projekt. Heute, beinahe 60 Jahre später, ist seine Vision Wirklichkeit geworden.

Der Auslöser dafür war die Ausstellung „Christo et Jeanne-Claude, Paris!“, die 2020 im Centre Pompidou eröffnet werden sollte. 2017, mitten in den Vorbereitungen für die Ausstellung, diskutierte Christo gemeinsam mit dem Präsidenten des Centre Pompidou, Serge Lasvignes, und dessen Direktor, Bernard Blistène, parallel dazu ein Projekt zu realisieren. Christo entschied sich, seine Vision für den Arc de Triomphe aufleben zu lassen. Ein Jahr später stellte der Präsident des Centre des monuments nationaux (die Institution, die den Arc de Triomphe verwaltet), Philippe Bélaval, das Projekt dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vor. Wenige Monate später, im Januar 2019 geben Macron und das Centre des monuments nationaux ihre Zustimmung. Das Projekt kann endlich in die Planung gehen.

Et voilà: L’Arc de Triomphe, Wrapped.

Christo holte sich dafür praktisch ausschließlich deutsche Expertise ins Boot: Das Berliner Büro Schlaich Bergermann Partner aus Berlin erstellte die technischen Studien für das Projekt. Wacker Ingenieure aus Birkenfeld waren für die Windkanaltests verantwortlich. Und die deutsche Firma Setex Textil webte den Stoff, wonach ROWO Coating in Herbholzheim diesen mit Farbe beschichtete. Schließlich nähte die Firma Geo – Die Luftwerker den Stoff zu langen Bahnen zusammen. Obendrein produziert eine weitere deutsche Firma – Gleistein – die roten Seile, die die Stoffbahnen am Arc de Triomphe fixieren.

Eine deutsche Firma hat die Stoffbahnen für die Verhüllung des Arc de Triomphe zusammengenäht. (Foto: Wolfgang Volz/Christo and Jeanne-Claude Foundation 2020)

Neben technischen Studien und Windkanaltest sind viele weitere Sicherheitsaspekte zu beachen – so fand die Verhüllung nicht im Frühling statt, wie erst geplant, sondern im Herbst. Damit gab Christos Team dem Wunsch des Landesbundes für Vogelschutz statt, die Brutzeit der im Arc de Triomphe ansässigen Turmfalken zu schützen. Stahlkäfige rund um die Skulpturen an den Pfeilern des Arc de Triomphe stellen sicher, dass diese nicht von den tonnenschweren Stoffbahnen beschädigt werden. Ähnliche Konstruktionen bewahren auch das Gesims und die Ornamente davor, Schaden zu nehmen.

Zahlreiche Monteur*innen rollten die Stoffbahnen um den Arc de Triomphe und befestigten sie mit rotem Seil. (Foto: Benjamin Loyseau/Christo and Jeanne-Claude Foundation 2021)

Christo, Jeanne-Claude und der Arc de Triomphe

Nachdem der Triumphbogen fachgerecht geschützt worden war, installierten unzählige Monteur*innen insgesamt 25 000 Quadratmeter Stoff (übrigens ein recyclebares Polypropylen-Gewebe in Silberblau). Diese banden sie mit drei Kilometern rotem Seil am Arc de Triomphe fest – et voilà: L’Arc de Triomphe, Wrapped.

Dieses Unterfangen, das so viele Jahre Planung, Unmengen an Ressourcen und Tests (darunter mehrere lebensgroße Verhüllungstests und ein Verhüllungs-Trainingszentrum für die Montierenden) sowie ein riesiges Team voraussetzte, war nicht billig: 14 Millionen Euro soll es gekostet haben. Diese kamen aber nicht etwa von der Öffentlichen Hand oder aus Stiftungen. L’Arc de Triomphe, Wrapped wurde komplett aus dem Nachlass von Christo finanziert. Unter anderem durch den Verkauf seiner vorbereitenden Studien, Zeichnungen und Collagen sowie von maßstabsgetreuen Modellen des Projekts.

Jeanne-Claude und Christo vor der verhüllten Pont Neuf in Paris (Foto: Wolfgang Volz/Christo and Jeanne-Claude Foundation 1985)
Christo and Jeanne-Claude: The Pont Neuf Wrapped, Paris, 1975-85 (Foto: Wolfgang Volz/1985 Christo + Wolfgang Volz)
Christo and Jeanne-Claude: Surrounded Islands, 1983 (Foto: Christo and Jeanne-Claude Foundation)
Christo and Jeanne-Claude: Wrapped Reichstag, Berlin 1971-95 (Foto: Wolfgang Volz/1995 Christo + Wolfgang Volz)
Christo: Floating Piers, Italien 2016 (Foto: Chris Barbalis/Unsplash)

 

Christo und Jeanne-Claude waren ein Künstlerehepaar, das von den 1960er-Jahren an vor allem mit großangelegten Verhüllungsprojekten auf sich aufmerksam machte. Nebst Vehüllungen von Gebäuden und anderen architektonischen Strukturen (z.B. Reichstag Berlin, 1995; Pont-Neuf-Brücke Paris, 1985) setzten die beiden auch Großprojekte in der Landschaft um. Dazu gehören etwa die Surrounded Islands vor Miami 1983 oder die Floating Piers 2016 in Italien. Jeanne-Claude verstarb bereits 2009 in New York. Christo arbeitete von da an – stets inspiriert von ihrer gemeinsamen Arbeit – als Solo-Künstler weiter, bis zu seinem Tod 2020. Ab da übernahm sein Team, um das Werk L’Arc de Triomphe, Wrapped von Christo zu Ende zu bringen.

Hier erfahren Sie mehr über das Projekt Floating Piers von Christo. Dafür installierte er mit Stoff verkleidete Stege im Iseosee in Italien. Es handelte sich um das erste Projekt, das Christo ohne seine Frau Jeanne-Claude vollendete.

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