10.12.2021

Wettbewerbe

Architekturpreis Hessen 2020

Blick auf den Pop-up Biergarten

Pop-Up-Biergarten Erbach Brücke 7 liquid architekten

Insgesamt fünf Auszeichnungen und sieben Anerkennungen hat die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen Ende November 2021 bei ihrem Preis für Vorbildliche Bauten vergeben. In der Kategorie Freiraumplanung und Landschaftsplanung nahmen zwei besondere Projekte einen Preis beim Architekturpreis Hessen 2020 mit.

124 Projekte wurden bei der Auszeichnung Vorbildlicher Bauten im Land Hessen 2020 insgesamt eingereicht. Dabei waren Arbeiten in den Kategorien Bauen im Bestand, Neubau, Freiraum- und Landschaftsplanung sowie Quartiersplanung und Stadtentwicklung vertreten. 21 davon schafften es auf die Shortlist. Und zwölf Projekte wurden von der Fach-Jury nun als Preisträger*innen gekürt. Als vorherrschendes Thema sollte das Schlagwort „Nachhaltigkeit“ gelten. Die prämierten Beiträge zeigen, wie Planer*innen und Gestalter*innen in Hessen nachhaltiges Planen und Bauen interpretieren. Daran wird einmal mehr deutlich, dass die Architektur- und Baubranche eine hohe Verantwortung an den ökologischen Entwicklungen auf dem Planeten trägt. Die Preisträger*innen des Architekturpreis Hessen 2020 konnten die Jury durch Projekte überzeugen, welche zum Erreichen der Klimaschutzziele und einer konsequenten Kreislaufwirtschaft im Bausektor in besonderer Weise beitragen sollen. Das Land Hessen, vertreten durch das Hessische Ministerium der Finanzen, und die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH), gab diesen inspirierenden Vorreiterprojekten durch die Auslobung eine große Bühne.

Das Wohnhaus am Verna-Park in Rüsselsheim am Main von Baur & Latsch Architekten PartmbB erhielt eine Auszeichnung in der Kategorie Quartiersplanung / Stadtentwicklung. Foto: © Sebastian Schels, München
Das Neue Quartier Ludwigshöhe in Darmstadt erhielt eine Anerkennung in der Kategorie Quartiersplanung / Stadtentwicklung. Foto: © Jürgen Häpp, AS+P, Frankfurt am Main
Blick auf den Pop-up Biergarten
Der Stylepark Neubau am Peterskirchhof in Frankfurt am Main erhielt die Auszeichnung in der Kategorie Bauen im Bestand. Foto: © Thomas Mayer, Neuss

Der Architekturpreis Hessen 2020 macht Mut für die Zukunft

 

Stimmen aus der Fachjury machen deutlich, weshalb eine Auslobung wie der Architekturpreis Hessen 2020 von großer Wichtigkeit für Entwicklungen im Bausektor ist. So spricht Brigitte Holz, Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen und Jurymitglied, von Best-Practice-Beispielen, die Mut für die Zukunft machten. Für sie gebe es kein geeigneteres Mittel, um die Chancen und Qualitäten einer nachhaltigen Gestaltung der gebauten Umwelt zu verdeutlichen. Die ausgezeichneten Projekte würden belegen, dass Nachhaltigkeit im Alltag und im Wohnraum gelebt werden könne. Für Brigitte Holz bedeutet Nachhaltigkeit, dass Quartiere mit angemessener Dichte geplant werden und sich vielfältigen Entwicklungen öffnen. Weiterhin müsse Freiraum den differenzierten Bedürfnissen sowohl unterschiedlichster Nutzer*innengruppen als auch der Umwelt nachkommen. Auch Langlebigkeit sei von ausschlaggebender Rolle. Brigitte Holz macht deutlich, dass die gebaute Umwelt alle angehe. Um diese nachhaltig zukunftsfähig zu gestalten, müssten Gesellschaft, Politik und Planung auf neue Art und Weise zusammenwirken.

Die Nachhaltigkeitsstrategie Hessen sucht diverse Ansätze

Michael Boddenberg, Hessischer Minister der Finanzen, führt noch weitere Aspekte an. Er sieht in der Globalisierung, der Ressourcenknappheit, der Energiewende und der demografischen Entwicklung die größten Herausforderungen für die Zukunft. Um künftig dafür gewappnet zu sein, müssten schon jetzt die richtigen Vorkehrungen getroffen werden. Das Land Hessen hatte in diesem Ansinnen bereits 2008 die sogenannte Nachhaltigkeitsstrategie Hessen ausgerufen. Diese fungiert als Plattform, auf der sich Akteur*innen aus diversen Sektoren begegnen und an innovativen Lösungsansätzen feilen können. Wie Brigitte Holz betont auch Michael Boddenberg die Relevanz einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung. Er fordert außerdem ein breites Spektrum an Initiativen. Der Architekturpreis Hessen 2020 ist dazu ein Beitrag. Der Wettbewerb mache deutlich, wie divers die Herausforderungen seien, vor denen die Gesellschaft stehe. Er mache aber ebenso deutlich, wie vielfältig die Lösungsansätze für die Themenkomplexität ausfallen könnten.

Beim Thema Nachhaltigkeit gilt es, Initiative zu ergreifen

Hessens Finanzstaatssekretär Dr. Martin Worms zählt einige dieser Ansätze auf. Die Nachnutzung großer Konversionsflächen und die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude sei dabei gleichsam von Bedeutung. Im selben Atemzug nennt er die Errichtung von neuen Bürohochhäusern und generationengerechtes Wohnen. Nachhaltigkeit könne große Impulse bereithalten. Sie gelinge immer dort, wo Bauherr*innen und Planer*innen gemeinsam die Initiative ergriffen und sich zum Handeln entscheiden würden. Das Land selbst sieht Dr. Martin Worms ebenso in der Verantwortung, nachhaltige Entwicklungen direkt voranzutreiben. Dabei ist er mit der Rolle und Handlungsbereitschaft in Hessen durchaus zufrieden. Er sagt: „Wo wir dies als Land machen können, tun wir dies aus Überzeugung.“ Die prämierten Projekte sollen deshalb einer breiten Öffentlichkeit kommunizieren, wie Nachhaltigkeit als Zukunftsthema tatsächlich Umsetzung finden kann.

Pop-Up-Biergarten Erbach Brücke 7 liquid architekten, Reichelsheim. Foto: © liquid architekten, Kerstin Schultz

Verschränkung von Freiraum und Städtebau im Projekt Pop-Up-Biergarten

Eine Auszeichnung erhielt das Projekt Pop-Up-Biergarten Erbach Brücke 7 von liquid architekten. Es wurde unter der Bauherrin Nelson Gameiro & Nuno Gameiro GbR aus Frankfurt am Main realisiert. Das Projekt wurde als qualitätsvoller, behutsamer Eingriff an einem besonderen Ort zwischen Alt- und Neustadt gewürdigt. An dem vergessenen Platz neben dem Fluss Mümling, wurde ein Pop-Up-Biergarten realisiert. Eine luftige Holzkonstruktion wertet den Bestand auf. Auch die Bestandsvegetation wurde in den Entwurf integriert. Der neue Stadtraum und der Zugang zum Fluss generieren Aufenthaltsqualität für die Bewohner*innen. Das 1998 gegründete Büro sieht sich als interdisziplinäres Team, das, laut eigener Aussage, gerne Grenzen überschreitet. Das Projekt hatten sie ursprünglich in der Kategorie Stadtentwicklung eingereicht. Es wurde von der Fachjury in die Sparte Freiraumgestaltung verschoben. Jurymitglied Véronique Faucheur betont, dass gerade dies die enge Verschränkung von Freiraum und Städtebau verdeutliche. In ihrer Begründung äußerte die Jury außerdem die Hoffnung, dass das Projekt langfristig weiterentwickelt werden könne.

Vorplatz Kunsthalle Darmstadt von MANN LANDSCHAFTSARCHITEKTUR, Fulda. Foto: © Nikolai Benner, Kassel

Martin Rein-Cano lobt Vorplatz Kunsthalle Darmstadt

Eine weitere Auszeichnung ging an das Projekt Vorplatz Kunsthalle in Darmstadt von Mann Landschaftsarchitektur aus Fulda. Bauherr war der Kunstverein Darmstadt e.V. mit Unterstützung der Wissenschaftsstadt Darmstadt, sowie zahlreicher Stifter*innen und Sponsor*innen. Die Architekt*innen sagen selbst, sie hätten nach einer Erwiderung im Außenraum auf die minimalistische Architektur der Kunsthalle von Theo Pabst gesucht. Die Auszeichnung mit dem Architekturpreis Hessen 2020 bezeugt, dass sie eine passende Gestaltung gefunden haben. Die denkmalgeschützte Halle erhält durch den Vorplatz eine klare Adressbildung. Jurymitglied Martin Rein-Cano lobt, wie der Freiraum mit dem Pavillon-Bau verschmelze. Die Eingriffe seien minimal, aber gerade dadurch überzeugend. Die Eingangssituation werde zu einem atmosphärischen Ort. Die Auswahl an hochwertigen und regionalen Materialien würdigten die Preisrichter*innen weiterhin als wertvollen Nachhaltigkeitsaspekt. Durch die Wiederherstellung der ehemals niveaugleichen Topografie, werde auch die Nutzbarkeit des Freiraums deutlich gesteigert. So entstehe ein Ort der Begegnung im urbanen Kontext.

Der Architekturpreis Hessen als Institution

Die die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen vergibt die Auszeichnung Vorbildlicher Bauten alle drei Jahre. Erstmals im Jahre 1954 ausgelobt, zählt er damit zu den ältesten und anerkanntesten Architekturpreisen in Deutschland. Über 60 Jahre später wurden nun erstmals Preise für Architektur und Städtebau vergeben. Eine klare Ansage, dass die Transformation der Städte nur im Zusammenspiel aller Disziplinen gelingen kann. Sowohl liquid architekten als auch Mann Landschaftsarchitektur beweisen mit ihren Gewinnerprojekten, wie dieses Zusammenspiel aussehen kann. Und wie eine nachhaltige Haltung in der Architektur gelingt.

Auch interessant: Gemeinsam mit der VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH (VCDB) überzeugte Planorama die Jury mit ihrem Entwurf zur Umgestaltung des Rheinufers in Bonn. Mehr dazu hier: Bonn Rheinufer.

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