05.07.2021

Projekt

Belgien weiht Corona Monument ein

Corona Monument

Die Belgier*innen haben einen neuen Ort zum Trauern. In Westflandern lädt das Corona Monument dazu ein. Der Landschaftsarchitekt Bas Smets entwarf eine kreisförmige Skulptur mit zwei Unterbrechungen. Die steht symbolisch für Verbundenheit. Die braucht es zur Verarbeitung der Trauer. Seine Skulptur steht aber auch für Unterbrechungen. Davon hat das Coronavirus in zahlreichen Familien und Gemeinschaften viele hinterlassen.

Bas Smets entwarf die runde Steinskulptur mit Unterbrechungen. (Foto: Uus Knops/Bureau Bas Smets)

(M)Onument

Orte zum Innehalten, zum Nachdenken, zum Erinnern helfen Menschen in Trauer. Wer ein geliebtes Mitglied seiner Familie oder Gemeinschaft verloren hat, ist in einem besonderen Zustand. Ein Ort zum Trauern kann helfen, den Verlust zu verarbeiten. Egal ob allein, in Ruhe oder in der Gemeinschaft mit anderen. Ein solcher Ort ist besonders wichtig, wenn Corona den Verlust kreiert hat. Denn das Virus war bekannterweise so ansteckend, dass viele Menschen ohne ihre Angehörigen verstarben. Sie waren allein. Beide, die Opfer und ihre Angehörigen. Das greift das Corona Monument im kleinen Ort Kortrijk in Belgien in mehrfacher Hinsicht auf.

Am Rande eines Friedhofs in der flandrischen Kleinstadt liegt das neue Corona Monument. Der Gestalter, der Landschaftsarchitekt Bas Smets, nennt sein Werk COVID CRISIS (M)ONUMENT. Ein Monument ohne M. Das M ist verloren gegangen. Genauso wie viele Menschen durch die Pandemie verloren gegangen sind. Zurück geblieben sind demzufolge in vielen Familien und Gemeinschaften leere Stellen. Genau diese macht das Onument zum Thema. Die runde Steinskulptur ist unterbrochen. Ihr Kreis ist ein Symbol der Verbundenheit. Er ist nicht mehr komplett. An zwei Stellen hat er Lücken. Diese stehen für den Verlust, den Covid-19 vielen Familien bescherte.

Das COVID CRISIS (M)ONUMENT steht im kleinen Ort Kortrijk in Belgien. (Zeichnung: Bureau Bas Smets)
Das COVID CRISIS (M)ONUMENT ist ein Skulptur die zum Innehalten, zum Nachdenken und zum Erinnern einlädt. (Zeichnung: Bureau Bas Smets)

Zwischen Stadt und Landschaft

 

Am südlichen Rand der kleinen, belgischen Stadt Kortrijk liegt der Friedhof Lange Munte. An drei Seiten umgeben ihn urbane Strukturen. Dazu gehört eine Straße genauso wie ein Sportplatz. Der südliche Rand des Friedhofs grenzt hingegen an eine grüne, offene Fläche. An diesem Übergang von Friedhof und Landschaftsschutzgebiet liegt das Corona Monument. Hier hat Bas Smets eine bescheidene, kreisförmige Steinskulptur ins Grün gebettet. Sie besteht aus einem horizontalen Kreis, der durch natürliche Kräfte durchbrochen ist. So beschreibt Bas Smets sein Werk.

Die Skulptur besteht demnach aus zwei großen Kreissegmenten. Das erste, also die eine Hälfte des Kreises, ist so hoch, dass sie zum Sitzen einlädt. Der andere Teil hingegen liegt jenseits eines kleinen Grabens. Dieser Graben markiert einen Versprung in der Topografie. Hier fällt das Gelände ab. Aufgrund der horizontalen Oberkante der Steinskulptur ragt sie entsprechend weit über das Terrain empor. Anders beschrieben: Wer über den Friedhof zum Monument kommt, sieht eine kleine, kaum sitzhohe Mauer aus dem Gelände ragen. Wer andererseits aus der freien Landschaft auf das Monument zukommt, erblickt eine etwa 1,20 Meter hohe Mauer.

Corona Monument

Das Corona Monument liegt genau am Übergang vom Friedhof der Stadt Kortrijk zum angrenzenden Landschaftsschutzgebiet. Hier können die Belgier*innen ihrer Angehörigen, Freunde und Bekannten gedenken. Sie können Blumen niederlegen und still sein. Gleichermaßen können Zurückgebliebene mit anderen Menschen zusammenkommen und in großer Runde trauern. Der Kreis lädt als Zeichen der Verbundenheit zu beidem ein. Natur, Grün und Ruhe sorgen für ruhige und tröstliche Atmosphäre. Die hat der Gestalter für sein Onument ausdrücklich gewünscht. Er suchte einen Ort, an dem Familien zusammenkommen können. Denn das war vielen während der Pandemie verwehrt. Viele Menschen verstarben am Coronavirus. Sie waren dabei allein, ohne den Beistand ihrer Angehörigen. Neben dem eigentlichen Verlust eine außergewöhnlich traumatische Situation für viele Menschen.

Die Natur sorgt für eine ruhige und tröstliche Atmosphäre. (Foto: Uus Knops/Bureau Bas Smets)
Wer über den Friedhof zum Monument kommt, sieht eine kleine, kaum sitzhohe Mauer aus dem Gelände ragen. (Foto: Uus Knops/Bureau Bas Smets)
Wer andererseits aus der freien Landschaft auf das Monument zukommt, erblickt eine etwa 1,20 Meter hohe Mauer. (Foto: Uus Knops/Bureau Bas Smets)

Gestaltung von Gedenkstätten

 

Das belgische Onument ist erst das erste seiner Art. Es werden weitere in anderen Provinzen des Landes folgen. Der Gestalter des Corona Monument, Bas Smets, ist mittlerweile geübt. Er entwarf bereits den Gedenkort für die Opfer der Terroranschläge in Belgien 2016. Damals waren am Flughafen von Zaventem und in der U-Bahnstation Maalbeek im Brüsseler Regierungsviertel Menschen umgekommen. An die 32 Opfer dieser Anschläge erinnern einzelne Birken im sogenannten Zonienwald.

Auf Initiative von Moving Closer

Das belgische Onument zum Gedenken der Corona-Opfer geht auf die Initiative psychologischer Fachleute zurück. Sie arbeiten mit der Gruppe Moving Closer zusammen. Auf der Facebook-Seite dieser Gruppe heisst es auch „sticking together“. Demnach ist den Mitglieder*innen der Gruppe daran gelegen, näher zusammenzurücken und zusammenzuhalten. In Zeiten der Pandemie ist das ein besonderer Appell. In einer Phase, in der Abstand beinahe lebenswichtig war, rufen sie zu Zusammenhalt auf. Der steht entsprechend auch im Mittelpunkt des Onuments. Beim Entwurf von diesem Corona Monument arbeiteten die Gruppe Moving Closer auch mit Kunstwerkt zusammen. Das ist ein Kollektiv für Liebhaber*innen der bildenden Kunst. Sie initiieren große und kleine Kunstprojekte und unterstützen die Arbeit von Künstler*innen auf vielfältige Weise.

Mehr zu dem Thema: Wie geht die Landschaftsarchitektur mit der Geschichte eines Ortes um? Was kann Gestaltung leisten? Wo sind die Grenzen? Und: Wie nutzbar dürfen Gedenkorte eigentlich sein? Diesen Fragen geht die Augustausgabe 2017 der Garten + Landschaft mit dem Titel „Ort und Gedenken“ nach.

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