26.07.2016

Gesellschaft

Schadensfälle bei Gründächern

In Deutschland werden pro Jahr etwa acht Millionen Quadratmeter Dachfläche neu begrünt. Dachbegrünungen vereinen eine Vielzahl an positiven Wirkungen, so ist es nicht verwunderlich, dass sie in einem Atemzug mit Hochwasser, Hitzewelle, Klimaänderung, Feinstaub und Biodiversität als Vorbeugungs- bzw. Schutzmaßnahme genannt werden. Obwohl den vielen gelungenen Gründachprojekten nur eine verschwindend geringe Anzahl an Schadensfällen gegenüber stehen, halten sich hartnäckig bestimmte Vorurteile gegen Gründächer. Bei den meisten Reklamations- und Schadensfällen lagen Planungs- beziehungsweise Ausführungsfehler (oftmals unter Preis- und Konkurrenzdruck zu Lasten der Qualität) oder Abstimmungsdefizite mit anderen Gewerken vor.

Bei begrünten Flachdächern kann die Entwässerung ein Problem werden.
Die falsche Dränage oder zu wenig Ableitungsmöglichkeiten des Überschusswassers sind der Grund.
Bei diesem Dach hat starker Wind die Begrünung ruiniert, die Schichten waren nicht richtig gesichert.
Wird die Pflege vernachlässigt wildern sich Arten auf der Fläche aus, die problematisch werden können.
Bei Steildächern ist die Hauptfehlerquelle zu geringe oder fehlende Rutschsicherung.

Die Hauptfehlerquellen bei Dachbegrünungen

Die verschiedenen Fehlermöglichkeiten lassen sich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) in acht Fehler-Kategorien einteilen:

Die Auswirkungen fehlerhafter Dachbegrünung

Folgende Auswirkungen fehlerhafter Dachbegrünungen können festgestellt werden:

Nutzungsziel/Bauherrenwunsch
Nicht immer können die Wünsche und Vorstellungen des Bauherrn schadensfrei umgesetzt werden. So gehören rhizombildende Pflanzen wie Bambus nicht auf das Dach. Derzeit gibt es keine Dachabdichtung bzw. Rhizomsperre, die dafür geeignet wäre. Ebenso bereitet die Nachrüstung schon begrünter Dächer mit Photovoltaikmodulen Probleme hinsichtlich Zerstörung der Vegetation und erhöhtem Pflegeaufwand.

Vorgaben aus dem Bebauungs-Plan
Auch die mit besten Absichten in B-Plänen festgelegten Vorgaben können in Verbindung mit Dachbegrünungen zu Problemen führen und müssen schon in der Planungsphase berücksichtigt werden wie beispielsweise die Kombination mit Photovoltaik bzw. mit nachgeschalteter Regenwassernutzung.

Bauliche und örtliche Gegebenheiten
Die baulichen Gegebenheiten müssen in der Planungs- bzw. Ausführungsphase berücksichtigt werden, um das gewünschte Begrünungs- und Nutzungsziel zu erreichen.

Bei begrünten Flachdächern kann die Entwässerung ein Problem werden.
Die falsche Dränage oder zu wenig Ableitungsmöglichkeiten des Überschusswassers sind der Grund.
Bei diesem Dach hat starker Wind die Begrünung ruiniert, die Schichten waren nicht richtig gesichert.
Wird die Pflege vernachlässigt wildern sich Arten auf der Fläche aus, die problematisch werden können.
Bei Steildächern ist die Hauptfehlerquelle zu geringe oder fehlende Rutschsicherung.

Gefälleloses Dach mit Pfützenbildung

Als Folge überschüssigen Wassers können nicht mit eingeplante Lasten entstehen. Das bei einer Vernässung der Vegetation entstehende Schadensbild sieht wie folgt aus: lückenhafter Bewuchs, Ausfall von Pflanzen, Entwicklung zu Moos- und/oder Gras-Vegetationen.

Oft steht bei Dächern ohne Gefälle das Wasser großflächig und mehrere Zentimeter hoch vor den Dachabläufen. Durch Anpassung des Gründachaufbaus kann nur bedingt entgegengewirkt werden, beispielsweise mit der Verwendung eines mehrschichtigen Aufbaus und einem Dränelement, das etwa ein bis zwei Zentimeter höher ist als der maximale Wasserstand.

Zusätzliche Wasserbelastung durch weitere Dachflächen bzw. Lichtkuppeln usw.

Nicht selten kommt es vor, dass höher liegende Flächen auf die darunter liegende begrünte Dachfläche entwässert werden. Die beste Lösung ist eine getrennte Entwässerung der Fläche und die zielgerichtete Ableitung zum nächst gelegenen Dachablauf.

Gebäudehöhe und -lage
Ab etwa 12 Meter Gebäudehöhe bzw. windexponierter Lage sind Dachbegrünungen möglichen „Windangriffen“ ausgesetzt Schadensfälle werden vor allem an windexponierten Eck- und Randbereichen, aber auch an aufgehenden Bauteilen und größeren Dachdurchdringungen beobachtet. Hier sind Berechnungen im Vorfeld notwendig und gegebenenfalls Sicherungsmaßnahmen wie Rasengittersteine oder Vegetationsmatten zu ergreifen.

Vor- und nachfolgende Gewerke
Wenn der Dachbegrüner kommt, müssen die Voraussetzungen für eine Begrünung hinsichtlich ausreichender Statik, Wurzelschutz nach FLL bzw. DIN 13948 mit ausreichenden Anschlusshöhen, Entwässerung usw. gegeben sein. Ein Koordinationsfehler liegt vor, wenn nachfolgende Gewerke (Klimaanlage, Blitzschutz, usw.) nach dem Aufbringen der Begrünung über die Fläche gehen und die Begrünung schädigen.

Gründach-Schichtaufbau

Probleme bei der Entwässerung: rückstauendes Wasser und Vernässung
Der Begrünungserfolg hängt von einer funktionsfähigen Dränage und dem sicheren Ableiten des Überschusswassers, ab.

Ungeeignetes Substrat
Eine falsche Substratwahl kann dazu führen, dass die Pflanzenentwicklung gestört ist, Überschusswasser nicht abfließen kann und sich erhöhte Lasten einstellen. Die Anforderungen an Substrate werden durch die FLL-Dachbegrünungsrichtlinie beschrieben und mit Kenndaten hinterlegt.

Dünnschicht-Aufbauten und Leichtdächer
Die Mindestschichthöhe einschichtiger Dachbegrünungen ist nach den FLL-Richtlinien auf acht Zentimeter festgelegt. Bei niedrigeren Aufbauten ist mit Vegetationsausfällen zu rechnen.

Steildachbegrünungen
Bei Dachneigungen ab 15 Grad sind dauerhaft funktionsfähige, d.h. unverrottbare Rutschsicherungen zu verwenden. Die verwendeten Produkt- und Systemlösungen müssen hinsichtlich Schubkraftaufnahme und Stabilität ausreichend dimensioniert sein. Lösungen, die die Dachabdichtung nicht durchdringen, sind zu bevorzugen, um potenzielle Undichtigkeitsstellen zu minimieren.

Pflege und Abnahme
Die Fertigstellungspflege gehört zur Erstellung der Dachbegrünung. Fehlende Pflege kann Schäden nach sich ziehen wie Windverwehungen und Substratabrutschungen, Ansiedlung von unerwünschtem Fremdbewuchs, Zusetzen von Dachabläufen mit Laub, und so weiter.

Planung und Koordination
Dem Landschaftsarchitekten oder Architekten kommt eine wichtige Rolle bei der schaden- und reklamationsfreien Umsetzung eines Dachbegrünungsprojekts zu. Er muss im Grunde fast alle vorgenannten Punkte beachten, in seiner Planung und Ausschreibung berücksichtigen und später während des Bauablauf koordinieren und überwachen.

Zusammenfassung und Fazit
Der erste und wichtigste Schritt zu einem dauerhaft funktionsfähigen Gründach ist die genaue Bedarfsermittlung. Es muss klar sein, welche Vorstellungen der Kunde über die Nutzung und das Erscheinungsbild seiner Dachbegrünung hat. Von diesen Vorgaben und den baulichen Gegebenheiten hängt die weitere Planung des Gründachaufbaus ab. Auch wenn die Vielzahl an Schadenspotenzialen anders vermuten lässt, so gibt es bei den jährlich in Deutschland umgesetzten etwa acht Millionen Quadratmeter Dachfläche wenige Reklamations- und noch weniger echte Schadensfälle. Dennoch ist gerade beim Dach auf schadensfreies Arbeit zu achten, da Fehler schwerwiegende Folgen nach sich ziehen können. Die „Top“ der Schadenspotenziale von Dachbegrünungen liegen bei Dränage und Entwässerung, Substrat, Pflege und Steildachbegrünung. Es ist von allen Beteiligten auf eine richtlinienkonforme Qualität in allen Phasen der Wertschöpfungskette, von der Ausschreibung bis zur Ausführung zu achten und einzuhalten. Die Vorgaben des Architekten dürfen auch in der preisumkämpften Vergabephase der Projekte nicht hinten runterfallen.

Viele Millionen Quadratmeter fachgerecht ausgeführter und nachhaltig funktionsfähiger Projekte, manche schon 40 Jahre alt, sprechen für sich und eine positive Zukunft mit Dachbegrünungen.

Mehr zum Thema Gründach lesen Sie in Garten+Landschaft 08/2016 – Oben grün: Über die Zukunft unserer Dächer.

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