21.04.2020

Porträt

Die Datenjongleure


Amtliche Geodaten von Land oder Stadt sind geprüft

Die Start-up Gründer Jakob Kopec und Florian Spieß wollen Kommunen und Planungsbüros bei der Digitalisierung unterstützen. Das, indem sie Daten basierend auf Satellitenbildern und Luftaufnahmen erheben und und sie anschliessend an ihre Kunden weiterreichen. Wie SpaceDatists mithilfe von digitaler Datenverarbeitung seine Kunden beim Flächenmanagement, der Bewertung von Geländebeschaffenheiten und der Interpretation von Vegetation und Topographie aus der Ferne unterstützt, erklärt Ihnen Carolin Werthmann.

Jakob Kopec beginnt seinen Arbeitstag früh, um sieben Uhr sitzt er am Schreibtisch in Dortmund, um acht erwartet er den Anruf für ein Interview. Persönliches Treffen geht leider nicht, wegen Corona. Man erwischt ihn im Home-Office, wie so viele Menschen dieser Tage, davon abgesehen hat sich für ihn und sein Start-up SpaceDatists trotz krisenhafter Zeiten nicht viel geändert. Business as usual. Sie waren immer schon digital, für solche Situationen also gewappnet.

SpaceDatists und die beiden Geschäftsführer Kopec und Kollege Florian Spieß sind seit knapp zwei Jahren die Spezialisten des Ruhrgebiets für raumbezogene Informationsverarbeitung und Modellbildung. Kopec und Spieß erheben Daten basierend auf Satellitenbildern und Luftaufnahmen, kombinieren sie mit den ihnen vorliegenden Planungs- und Bebauungsrechten sowie weiterführenden Geoinformationen und reichen sie so an Kommunen oder Kunden aus der Privatwirtschaft weiter, um deren Grünflächenmanagement, Baulückenmonitoring und die Wohn- und Gewerbeentwicklung zu optimieren. Die beiden Gründer beschreiben das, was sie tun, als „Veredeln von Information“ und deren „innovative Aufbereitung“. Klingt erstmal kryptisch.

Beispiel Grünflächen. SpaceDatists besitzen nicht nur Information darüber, wo Vegetation verläuft, sie können auch sagen, um welche Pflanzen es sich handelt, ob auf dem Gelände Neigungen oder Gefälle bestehen und mit welchem Steigungsgrad zu rechnen ist. Maßgeblich bedienen sich Kopec und Spieß an frei zugänglichen Rohdaten des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Seit 2017 existiert die NRW Open-Data Initiative, hier stehen Geoinformationen zur Verfügung, die zu beschaffen früher Geld gekostet hat. Was sie dort aufstöbern, sind historische Luftbilder, aktuelle Luftbilder, 3D-Modelle, Oberflächenmodelle, Straßendaten, Liegenschaftsinformationen.

In vielen anderen Bundesländern zahlt man immer noch dafür. Deshalb wissen Kopec und Spieß das Ruhrgebiet als Firmenstandort hoch zu schätzen. „Wir können hier Produkte und Entwicklungen testen, ohne viel in eigene Datengenerierung investieren zu müssen“, erklärt Kopec. Allerdings beschränke das wiederum in der bundesweiten Agilität und mache sie zunächst abhängig von Projekten im eigenen Bundesland. Was nicht so schlimm ist. Denn Kopec glaubt daran, dass es nicht mehr so lange dauern wird, bis Open Data-Initiativen auch in anderen deutschen Bundesländern ankämen. Und momentan läuft es gut für das Start-up. Ob eigene Drohnen denkbar wären, um flexibler zu sein? „Wir haben das mal ausprobiert, auch in Zusammenarbeit mit anderen Start-ups“, antwortet Kopec. „Wir nutzen aber lieber die amtlichen Geodaten von Land oder Stadt, da können wir uns drauf verlassen, dass die Daten auch geprüft sind.“

„Stadt- und Raumplaner mögen Klötzchen, Papier und Stift.“

Der Startschuss der NRW Open-Data Initiative 2017 fiel zeitlich auffällig eng mit der Unternehmensgründung zusammen. Kein Zufall. Kopec sagt, da bestehe durchaus ein Zusammenhang. Es sei sogar der maßgebliche Auslöser für den Beginn von SpaceDatists gewesen. Im Mai 2018 ging es los. Wobei das Konzept eigentlich schon viel früher in der Luft hing und darauf wartete, umgesetzt zu werden. Kopec und Spieß waren damals wissenschaftliche Mitarbeiter an der Technischen Universität Dortmund in der Fakultät Raumplanung, sie sind selbst ausgebildete Raumplaner und fokussierten sich in ihrer Forschung und Lehre auf Geodatenanwendung. Nahtlos an die Uni-Zeit knüpfte die Evolution ihrer bereits an der Hochschule gereiften Geschäftsidee.

Nach wie vor sitzen sie im TechnologieZentrumDortmund, die Nähe zur Universität und den Studenten helfe nicht nur dabei, Bachelor- und Masterabsolventen für Projekte zu gewinnen, sondern auch Unterstützung von Kollegen und Wissenschaftlern zu bekommen. „Wir wussten, wie man mit Daten arbeitet und was man damit anstellen kann und haben gemerkt, dass ein großer Markt dahintersteckt“, sagt Jakob Kopec. „Außerdem stellen wir fest, dass in der Branche immer noch sehr wenig digital gearbeitet wird. Die Stadt- und Raumplaner mögen gern Klötzchen, Stift und Papier.“ Die Kommunen wolle er mit dem Start-up bei der Digitalisierung unterstützen. „Das heißt nicht, dass die Kommunen schlecht aufgestellt sind, viele habe sogar sehr gute Dateninformationssysteme. Nur beim Umgang damit stoßen sie an ihre Grenzen und wissen oft nicht, was damit außerhalb des Altbewährten geleistet werden kann.“

Man kann Kopec und Spieß als Analysten beschreiben, aber auch als Berater, Entwickler und Dienstleister für etwas, das im Alltag vieler Stadt- und Raumplaner oft keinen Platz findet: die digitale Datenverarbeitung. Von ihr erhoffen sie und ihre Kunden sich einen Mehrgewinn für das Flächenmanagement, die Flächennutzung, die Bewertung von Geländebeschaffenheiten und die Interpretation von Vegetation und Topographie aus der Ferne.

Suche nach Baulücken und Brachflächen

Bewertungsalgorithmen helfen ihnen dabei, kommunales Flächenmanagement zu optimieren. Die Algorithmen sind trainiert darauf, zu erkennen, wo Entwicklungspotenzial im städtischen Raum besteht, ohne Neubaugebiete ausweisen zu müssen. „Metropolen haben einen hohen Entwicklungsdruck und immer weniger Platz und Fläche zur Verfügung“, sagt Kopec. „Wir suchen Baulücken oder Brachflächen, altindustrielle Standorte, die sich seit Jahren nicht mehr weiterentwickelt haben. In Kombination mit Liegenschaftsinformationen und historischen Luftbildern können wir auswerten, wo diese Flächen sind.“ Das beantwortet auch die Frage nach einer möglichen Mehrfachnutzung von Flächen. Je nachdem, auf welche Fläche die SpaceDatists stoßen, haben sie es mit bestimmten Charakteristika zu tun. Sie sammeln Informationen über Landschafts- und Naturschutzauflagen, Altlasten und Planungsrecht. „Davon können wir ableiten, welche Folgeentwicklung möglich ist. Ob Gewerbe und Büros denkbar sind oder vielleicht besser Wohnungen oder Zwischennutzungen wie zum Beispiel für Flüchtlingsunterkünfte.“

Planung als verbindlicher Standard

Für den Austausch all dieser Informationen dient das Datenaustauschformat XPlanung, das der IT-Planungsrat 2017 als verbindlichen Standard festgelegt hat für den verlustfreien Austausch von Bauleitplänen, Raumordnungsplänen und Landschaftsplänen zwischen unterschiedlichen IT-Systemen von Planungsbüros, Behörden, Nachbargemeinden und Immobilienträger. Das Format ermöglicht die planübergreifende Auswertung und Visualisierung von Planinhalten. „An dieser Stelle helfen wir aus und unterstützen sowohl die Kommunen als auch Planungsbüros“, kommentiert Kopec.

Aktuell testet SpaceDatists auf der Grundlage solcher digitalen Bauleitpläne, die vollsemantisch und vektorbasiert sind, das Generieren von städtebaulichen Szenarien für Smart Cities. Sie erstellen abhängig von dem vorliegenden Planungsrecht 3D-Modelle. Wenn im Bebauungsplan steht, dass zwei- bis dreistöckige Doppelhaushälften geplant sind, können Kopec und Spieß anhand dieser Information durchspielen, was passiert, wenn statt sechs Häusern zehn dort stünden oder wie viele Haushalte unter welchen Bedingungen angesiedelt werden können.

SpaceDatists schafft eine Schnittstelle

„Was wir uns vorstellen, ist eine Plattform zu entwickeln, auf der jeder Akteur seine Bebauungspläne darstellen und eigenständig analysieren kann“, antwortet Kopec auf die Frage, was er außerhalb des momentanen Tätigkeitsfelds sich künftig für sein Unternehmen vorstellen könne zu realisieren. „Diese 3D-Szenarien, die wir entwickeln, das würden wir gern als Dienstleistung anbieten. Jeder lädt seinen Plan auf der Plattform hoch und jeder kann verschiedenste Szenarien für Flächen austesten.“ Denn die Schnittstelle von der Vision zum projektorientierten Modell, die fehle an vielen Stellen noch.

Diese Schnittstelle ist es auch, die fehlen würde, wenn es SpaceDatists nicht gäbe, sagt Kopec. Sie kommen immer dann ins Spiel, wenn es um das Verständnis geht zwischen der Planung und der Frage, wie man daraus digitale Produkte mit Mehrwert erstellen kann.

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