Nahe der dänischen Hauptstadt Kopenhagen liegt das Quartier Høje Taastrup, ein in den 70er-Jahren entstandenes, wenig urban wirkendes Viertel. Für dieses entwickelte Topotek 1 in Zusammenarbeit mit Cobe Architects ein freiraumplanerisches Konzept. Eine zentrale Rolle nimmt dabei das Regenwassermanagement ein. Wie genau Topotek 1 Frei- und Erholungsraum schuf und gleichsam auf ökologische Herausforderungen Antworten fand, berichtet das Büro in seiner Projektvorstellung.

Holistische und nachhaltige Planungsansätze gefragt
In den herausfordernden Zeiten des Klimawandels müssen sich die Städte an die damit einhergehenden Veränderungen anpassen, um ihre Lebensqualitäten zu erhalten, zu stärken und auch für die Zukunft nachhaltige, gesunde und sichere Lebensräume zu schaffen. Um dies zu erreichen, müssen holistische und nachhaltige Planungsansätze der Stadtentwicklung gefunden und umgesetzt werden, die Themen auf unterschiedlichen Ebenen berücksichtigen und in einer zeitgemäßen räumlichen Strategie miteinander verzahnen. Dazu zählen soziale Themen genauso wie ökologische Aspekte, aber auch die Planung innovativer Verkehrskonzepte und ein klimaangepasstes Regenwassermanagement.
Neuer Stadtpark soll starken Niederschlag bewältigen
Mit dem Projekt „Downtown Høje Taastrup“ wurde in dem gleichnamigen Ort unweit der dänischen Hauptstadt Kopenhagen 2011 ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, um ein großes Gebiet der Gemeinde neu zu entwickeln. Das durch verschiedene städtebauliche Experimente zersplittert und wenig urban wirkende Viertel der Stadt entstand in den 70er-Jahren. Unsere Vision für die Neuentwicklung Høje Taastrups war es, mit einem urbanen Stadtpark ein zentrales grünes Herzstück für das neue Stadtviertel zu schaffen, das die Stadt durch Aktivität und urbane Kultur reaktiviert. Gleichzeitig sollte der Stadtpark das Quartier mit einem gut ausgebauten Wegenetz für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen erschließen und darüber hinaus geeignete räumliche Strukturen schaffen, um die künftig zu erwartenden starken Niederschlagsvorkommen zu bewältigen. Ein plötzlicher und außergewöhnlich starker Wolkenbruch hatte Kopenhagen im Sommer 2011 so erheblich belastet, dass es in vielen Bereichen zu Überflutungen gekommen war. Anschließende Bewertungen der örtlichen Gegebenheiten zeigten, dass der bestehende Schutz vor extremen Wetterereignissen nicht ausreichte, um Überschwemmungen in der Region in Zukunft zu verhindern.
Skatepark hält Regenwasser zurück
Das freiraumplanerische Konzept für das Quartier Høje Taastrup erarbeitete unser Büro in Kollaboration mit Cobe Architects aus Kopenhagen. Dieses antwortet mit einem innovativen und beispielhaften Lösungsansatz zur Klimaresilienz auf die heute umfassenden ökologischen Herausforderungen und Anforderungen an urbane Planungen. Mit einem mehrfach kodierten und vielfältig nutzbaren öffentlich-städtischen Freiraum etabliert es vom lokalen Bahnhof kommend über eine Strecke von einem Kilometer ein räumlich konsistentes „Rückgrat“ durch und in das gesamte Quartier. Im öffentlichen Raum der Nachbarschaft entfaltet dieses als ein beeindruckend langer Skatepark, der als attraktiver und einzigartiger Erholungsraum für Bewohner*innen und Besucher*innen dient und gleichzeitig Regenwasser zurückhält. Das Wassermanagement stellt einen zentralen Aspekt des Entwurfs dar: Die gebaute Topografie des Skateparks, die zugleich Wassergräben bildet, erstreckt sich über lange Abschnitte des Geländes, ergänzt von Staubecken und Regengärten. Das in den Gräben und Becken gesammelte Regenwasser wird zur Bewässerung der Grünflächen genutzt. Überschüssiges Wasser leiten zusätzliche, unterhalb des Geländes verlaufende Regen- und Abwasserleitungen weiter in einen offenen Teich. Damit bietet die Anlage ausreichend Kapazitäten, um den heute häufig zu erwartenden Starkregenereignissen mit bis zu 6 500 Kubikmetern standzuhalten.
Spiel und Sport, aber auch ruhiger Aufenthalt und Rückzug
Das neue Zentrum Høje Taastrups verknüpft unterschiedliche Funktionalitäten schlüssig miteinander: Ökologie und Nachhaltigkeit, Grün- und Erholungsräume, ein vielfältiges Spiel- und Aktivitätsangebot. Darüber hinaus fungiert der neu gestaltete Freiraum auch als infrastrukturelle Erschließungsachse für den Rad- und Fußgängerverkehr. Bei trockenen Wetterverhältnissen kann die gesamte Strecke zur Fortbewegung mit dem Fahrrad, mit Rollern, Inlineskates und Skateboards genutzt werden. Die besondere Qualität der Stadt Kopenhagen als Fahrradstadt wird damit in das angrenzende Umland ausgeweitet. Die langgestreckte Anlange dehnt sich zu weiteren Räumen aus und zieht sich an anderen Stellen zu eher linearen Konfigurationen zusammen, sodass sich die unterschiedlichen Aktivitäts- und Erholungsangebote im Sinne einer störungsfreien Nutzung räumlich voneinander separieren können – Spiel, Sport und Bewegung einerseits, ruhiger Aufenthalt, Rückzug und kontemplative Erholung andererseits, aber auch gemeinschaftliches Treffen, Picknick im Freien oder der Besuch eines Straßencafés.
Høje Taastrup: Beispiel für räumliche Mehrfachkodierung
Das umgesetzte Planungskonzept findet eine zeitgemäße Antwort auf die drängenden und vielschichtigen Themen unserer Zeit. Vor dem Hintergrund steigenden Bedarfs und höherer Anforderungen an öffentliche Räume und der begrenzten Verfügbarkeit an Flächenressourcen in urbanen Zentren liegt es nahe, infrastrukturelles Raummanagement zukünftig eher integrativ statt additiv zu denken und zu planen. Am Beispiel des Projekts in Høje Taastrup wird deutlich, dass räumliche Mehrfachkodierungen einwandfrei funktionieren und urbane Freiräume durch eine jeweils ganz individuelle örtliche Charakteristik bereichern können. Der dynamische, klima- und wetterbedingte Wechsel, der die parallelen Nutzungen jeweils immer nur temporär verfügbar macht, lehrt die Nutzer*innen mit den klimatischen Gegebenheiten und den sich wandelnden Wetterverhältnissen zu leben. Durch ein ganzheitliches städtebauliches Planungsverständnis und der spielerischen Konzeption eines ganzheitlichen Freiraums ist in Høje Taastrup ein vielfältiges Nutzungsangebot für die Bewohner*innen und Besucher*innen des Quartiers entstanden. Ein Ort der Wechselwirkung zwischen Architektur, Landschaft, Stadtraum und Programmierung, geprägt durch qualitative Besonderheit und identitätsstiftende Einzigartigkeit.