04.05.2014

Projekt

Gedenkort für den Turnertempel

In der Pogromnacht vom 9. auf 10. November 1938 zerstörten die Nationalsozialisten den Turnertempel, der als drittgrößte Synagoge Wiens in den Jahren 1871 und 1872 nach Plänen des Architekten Karl König erbaut wurde. „… Die Feuerwehr, ja, die ist nicht gekommen. Dann hat der ganze Tempel gebrannt. Und dann ist die Feuerwehr doch gekommen und hat nur mehr darauf geachtet, dass die Nebenhäuser nicht zu brennen beginnen. Somit ist der Tempel abgebrannt – Fensterkrachen, alles, was es nur gibt. Manche haben einen begeisterten Tanz aufgeführt, mit einer Begeisterung wie die Indianer, wenn sie rund ums Feuer hüpfen …“, schildert eine Zeitzeugin drastisch die Ereignisse der Pogromnacht. Das Symbol der Eigenständigkeit der jüdischen Gemeinde im 15. Wiener Gemeindebezirk brannte bis auf die Grundmauern ab. 73 Jahre später, am 10. November 2011, wurde eine -Gedenkstätte an dem Ort eingeweiht, wo früher das Bethaus stand.

Initiiert wurde der Erinnerungsort vom Projekt „Herklotzgasse 21“. Die Initiatoren erforschten die Spuren jüdischen Lebens in ihrem Grätzel, wie die Wiener ihre Quartiere nennen. Die Gestaltung des Platzes geht auf einen künstlerischen Wettbewerb im Jahr 2010 zurück, den Irs Andraschek und Hubert Lobnig zusammen mit dem Landschaftsarchitekturbüro Auböck + Kárász gewonnen hatten. Schwarze Betonbalken erinnern an den herabgestürzten Dachstuhl der Synagoge. Die dunklen, grafischen Strukturen dienen einerseits als Wege auf den Platz, andererseits ragen sie als Sitzbänke aus der wassergebundenen Decke. Betonstufen führen von der Straße auf den erhöhten Gedenkort. Bunte Mosaiken zeigen Früchte aus dem Süden, die in der Thora erwähnt werden und im religiösen jüdischen Jahreskreis eine Rolle spielen. Sie verweisen einerseits auf die jüdische Geschichte und sollen andererseits Menschen verschiedener Herkunft und Religion zu einem neuen Miteinander laden.


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Turnertempel - Erinnerungsort

Die neue Gestaltung schafft nicht nur einen würdigen Gedenkort, sondern auch die besten Voraussetzungen für einen lebendigen Treffpunkt im dichten gründerzeitlichen Stadtteil.


Turnertempel - Erinnerungsort

Fotos: © Stephan Wyckoff 2011

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