19.03.2025

Porträt

Gerhard Thiele, ein Nachruf

Ein Mann steht in einem Garten vor einem grünen Busch, er trägt einen Sonnenhut, Weste, und ein kariertes Hemd und lächelt in die Kamera. Landschaftsarchitekt Gerhard Thiele verstarb im Februar 2025. Foto: E. Werthner
Landschaftsarchitekt Gerhard Thiele verstarb im Februar 2025. Foto: E. Werthner

Gerhard Thiele realisierte Projekte wie die Grünplanung für den Stadtteil Nürnberg-Langwasser, den Um-bau des Schwabacher Marktplatzes und die Landesgartenschau Würzburg 1990, gestaltete aber genauso auch Hausgärten und war in bdla sowie der DGGL Bayern-Nord engagiert. Im Februar 2025 ist der Landschaftsarchitekt nun verstorben. Klaus Werthner würdigt Gerhard Thiele und sein Schaffen in einem Nachruf.


Engagiert für Qualität in der Freiraumplanung

Im hohen Alter von 87 Jahren verstarb Gerhard Thiele im Februar 2025. Weit über Franken und Bayern hinaus trauert ein großer Freundeskreis, unter ihnen zahlreiche Landschaftsarchitekt*innen und Architekt*innen und viele andere Weggefährt*innen.

Gerhard Thiele war viele Jahre für den bdla in der Vertreterversammlung der Bayerischen Architektenkammer, in einer Zeit, in der eine Stimme für die Landschaftsarchitektur eher noch selten war. Sein Engagement für Qualität in der Freiraumplanung galt auch über viele Jahrzehnte der DGGL Bayern-Nord. In dieser Zeit entstanden viele dauerhafte Freundschaften.

Noch zu Friedenszeiten kam Gerhard Thiele im Oktober 1938 mit Zwillingsbruder Peter zur Welt. Die Kriegsjahre brachten auch für die Familie Thiele in ihrem Wohnsitz Wolkersdorf bei Nürnberg die Zwangsevakuierung ausgebombter Familien und somit ein Leben von mehr als 20 Erwachsenen und Kindern auf engstem Raum. Diese Erfahrung prägte Gerhard nachhaltig und schärfte seinen Sinn für lebenswürdiges Wohnen und gut gestaltetes Wohnumfeld ebenso wie die Tätigkeit seines Vaters Hermann Thiele als Gartenarchitekt, der nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft gleich mit der Grünplanung für erste Wohnungsbauprojekte im zerstörten Nürnberg begann. Sein Vater war es auch, der ihn mit den Grundlagen der Pflanzen- und Staudenverwendung von Karl Foerster bekannt machte, bei dem Hermann Thiele gegen Ende der 1920er-Jahre in Berlin-Bornim gearbeitet hatte.


Büro Thiele als mittleres Epizentrum der Garten- und Landschaftsarchitektur in Nordbayern

Nach einer Gärtnerlehre in Nürnberg arbeitete Gerhard Thiele zwei Jahre als Landschaftsgärtner in Stuttgart, wo er auch seine spätere Frau Margit kennenlernte. Danach folgte ein Praktikum bei dem Kölner Landschaftsarchitekten Gottfried Kühn. Von 1963 bis 1964 studierte er in Freising-Weihenstephan und arbeitete danach als Dipl.-Ing.(grad) noch knapp zwei Jahre in Hamburg bei Landschaftsarchitekt Gustav Lüttge, bevor er 1964 in das väterliche Büro Hermann Thiele in Schwabach-Wolkersdorf eintrat. Eine wichtige Erfahrung für den jungen Gartenbauingenieur Gerhard Thiele war die Bauleitung zum Deutschen Garten anlässlich der Wiener Internationalen Gartenschau WIG 64.

Ein wesentlicher Anteil der Bürotätigkeit bestand damals in der Grünplanung für den neu entstehenden Stadtteil Nürnberg-Langwasser, ein langjähriger Folgeauftrag für aus dem Gewinn des 1. Preises eines städtebaulichen Wettbewerbs durch die Nürnberger Architekten Reichel und Scherzer gemeinsam mit Hermann Thiele. In Folge dessen waren zeitweise bis zu 15 Mitarbeitende im engen Wolkersdorfer Büro beschäftigt, eine bemerkenswerte Größe in dieser Zeit. Das Büro Thiele war in den 70er- und 80er-Jahren so etwas wie ein mittleres Epizentrum der Garten- und Landschaftsarchitektur in Nordbayern. Einige langjährige Mitarbeiter*innen machten sich in dieser Aufbruchszeit in der Region Nürnberg selbstständig, unterstützt und gefördert von Gerhard und Hermann Thiele durch Überlassung von Projekten bzw. Kunden aus dem eigenen Büro als Starthilfe; diese Praxis konnte über viele Jahre beibehalten werden. Der kollegiale Austausch und mitunter gemeinsame Aktionen der Ehemaligen mit dem „Stammbüro“ waren für Gerhard Thiele selbstverständlich.


Projekte in Schwabach, Nürnberg und Würzburg

Beim Ausbau der bayerischen Universitäten an den Standorten Erlangen, Regensburg, Würzburg und Bayreuth arbeitete Gerhard Thiele und sein Team mit namhaften Architekten erfolgreich zusammen. Der Umbau des Schwabacher Marktplatzes zur Fußgängerzone als Ergebnis eines Wettbewerbs funktioniert knapp 50 Jahre später noch heute. Nachhaltigkeit und Gestaltqualität waren wesentliche Grundzüge des beruflichen Erfolgs Gerhard Thieles, verbunden mit einem sicheren Gespür für die Entwicklung von Freiräumen mit menschlichem Maßstab.
Deutlich wurde diese Haltung, weil neben den großen Projekten immer auch Hausgärten im Portefeuille enthalten waren, weil „mich die spannende und schwierige Planerarbeitung mit Bauherrinnen und Bauherren immer besonders gereizt hat.“ (Zitat G. Thiele 2004)

Die Umgestaltung weiter Strecken der Fürther Straße auf der ehemaligen Trasse der 1. Deutschen Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth mit der Begrünung einiger U-Bahn-Stationen stellten an das Büro hohe Anforderungen bei der Pflanzenverwendung. Nach dem Gewinn des Wettbewerbs zur Landesgartenschau Würzburg 1990 konnte Gerhard Thiele diese besondere Begabung in den heute noch zu bewundernden Pflanzgärten in den unteren Wallanlagen voll ausleben.

Aus den gewonnenen Wettbewerben Sportpark Ries in Nördlingen (1975) und dem Nürnberger Frankenstadion (1984) ergab sich folgerichtig als weiterer Tätigkeitsschwerpunkt die Planung von Sport- und Freizeitanlagen. Daraus folgten unter anderem das neue Sportzentrum der Universität Würzburg und der Umbau des Nürnberger Stadions für die Fußball-WM 2006 sowie im Lauf der Jahre etliche Vereinssportanlagen im Großraum Nürnberg.


Aktiv in bdla, BYAK und DGGL

Im Jahr 1998 wandelte Gerhard Thiele als einer der Ersten sein Büro in die Thiele LandschaftsArchiteken GmbH um, mit langjährigen Mitarbeitern als Gesellschafter. Ab 2006 zog sich Gerhard Thiele langsam aus dem aktiven Berufsleben zurück und stand dem Büro aber noch beratend zur Seite. 2017 schied Gerhard Thiele endgültig bei der GmbH aus und beendet seine berufliche Tätigkeit.

Bereits 1967 trat Gerhard Thiele dem bdla (damals BDGA) bei und engagierte sich für den Berufstand über zwei Legislaturperioden in der Vertreterversammlung der bayerischen Architektenkammer (BYAK). Seinen dienstältesten Mitarbeiter Klaus Werthner stellte er über ein Jahrzehnt lang für die ziemlich zeitaufwändige Tätigkeit im bdla-Präsidium tageweise frei und leistete somit einen nicht unerheblichen Beitrag zur Ver-bandsarbeit. Seit Beginn seiner Tätigkeit war Gerhard Thiele auch in der DGGL Bayern-Nord ein verlässli-cher Ansprechpartner und Initiator gemeinsamer Aktionen auf lokaler Ebene.

Gemeinsam mit seiner Frau Margit war er viele Jahre beim Kreis „Zeichnen und Aquarellieren im Freien“ im Treffpunkt Architektur der BYAK Ober- und Mittelfranken unterwegs. Zahlreiche Blätter der beiden erinnern an diese schöne Zeit in kollegialer Gesellschaft.

Gerhard Thieles freundliches und hilfsbereites Wesen bleibt uns in dankbarer Erinnerung.

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