09.05.2014

Gesellschaft

Handbuch gebundene Bauweise

Zunehmend werden Pflaster und Platten auf Straßen, Wegen und Plätzen im öffentlichen Raum gebunden geplant und verlegt. Grund für diese Bauweise sind eine entsprechend hohe Belastung der Flächen, der Wunsch nach stabilen und maschinell problemlos zu reinigenden Fugen sowie die höhere Stabilität bei Überflutungen. So sind etwa die gesamte Rheinuferpromenade in Koblenz sowie Wege und Plätze in St. Goar am Rhein gebunden verlegt. Die gebundene Bauweise im Außenraum ist eine Sonderbauweise, sie ist durch keine DIN geregelt. Deshalb muss man sie vertraglich mit dem Bauherrn vereinbaren. Außerdem empfiehlt es sich, die Planung des Belagsaufbaus, Wahl und Dicke der gebundenen Tragschicht, des Bettungsmörtels und des Fugenmörtels durch einen Sachverständigen gutachterlich begleiten zu lassen. So lassen sich einerseits Haftungsrisiken und das Risiko eines Ausfalls der Versicherung im Schadensfall reduzieren; andererseits gewährleistet die externe Exepertise den fachgerechten Schichtenaufbau und den sicheren Lastenabtrag. Denn der Abstimmung zwischen Tragschicht, Bettung sowie der Fuge kommt eine besondere Bedeutung zu. Doch auch Gutachter sind verschiedener Meinung. Dies gilt besonders bei der Wahl des Materials der gebundenen und drainfähigen Tragschicht. Die einen verfechten die Drainbetontragschicht, die anderen befürworten die Drainasphalttragschicht.

Drainbetontragschicht mit Vorteilen

Nach unseren Erfahrungen mit beiden Tragschichten spricht die Theorie für die Drainbetontragschicht. Die hohe Sensibilität dieses lockeren Gefüges gegenüber Sonneneinstrahlung, Zugluft und die kurze Zeitspanne, in der sich der Drainbeton verarbeiten lässt, können dieses Material aber zur Herausforderung auf der Baustelle werden lassen. Das Material muss bei entsprechender Witterung abgedeckt werden, es ist empfindlich gegen mechanische Belastung und hat auch unter Zuhilfenahme von Beschleunigern eine Mindestabbindezeit von acht Tagen. Wir haben schon mehrfach erfahren müssen, dass die meisten Firmen noch keine Routine im Einbau des Drainbetons haben – deshalb sollte man den Gutachter auch auf die Baustelle bestellen. Aus unserer Sicht ist es empfehlenswert, die Firmen auch durch den Sachverständigen in die Ausführung der Sonderbauweise nach dessen Vorgaben einzuweisen. Hier liegt der klare Vorteil des Drainasphalts, dessen maschineller Einbau jeder Straßenbauer beherrscht. Zudem ist Drainasphalt weniger sensibel gegenüber der Witterung und er härtet auch wesentlich schneller aus. Das straßenähnliche Erscheinungsbild verleitet aber dazu, dass diese Flächen häufig befahren und verschmutzt werden, was dazu führt, dass die Hohlräume der Draintragschicht schon vor der Fertigstellung verschlossen sind.

Der lückenlose Verbund ist die Stärke der gebundenen Bauweise, aber auch die häufigste Fehlerquelle. Das vollflächige Aufbringen einer Haftschlämme auf die Unterseite jedes Pflastersteins oder der Platte vor dem Versetzen in das Mörtelbett, ist elementar für diese Bauweise; viele Pflasterverleger empfinden dies aber als Strafe. Die Bettungsmörtel selbst sind aber auf Grund ihres geringen Bindemittelanteils und der oftmals sehr trockenen Konsistenz ohne Haftbrücken nicht in der 
Lage, einen ausreichenden Verbund sicherzustellen. Auch ein kräftiges, hammerfestes Versetzen der Steine in den Bettungsmörtel erreicht nicht den erforderlichen Verbund. Nicht nur der Drain-beton, sondern auch die Bettungsmörtel sind in ihren Abbindemechanismen empfindlich. Die gewünschten Eigenschaften wie Druck-, Biegezug- und Haftzugfestigkeit werden nur dann erfüllt, wenn der Mörtel ungestört abbinden kann. Um die Haftzugfestigkeit des Mörtels im Verbund mit dem Stein zu verbessern, haben wir bei dem Projekt in Koblenz neben dem Aufbringen der Haftschlämme zusätzlich noch die etwas glatte Grauwacke an den Seitenflächen gerillt.

Fugenmörtel auf den Stein abstimmen

Nicht nur der Bettungsmörtel muss zum Stein passen, auch der Fugenmörtel muss auf die Festigkeitswerte des Steines abgestimmt sein. Wichtig ist hier der Druckfestigkeitswert. Eine bewährte Bauweise ist es, eine sogenannte weiche Fuge auszubilden: Dabei ist der Fugenmörtel immer „weicher“ als der Stein, da sonst der schwächere Stein bei Spannungen reißen kann. Speziell Betonpflastersteine sind hierbei sensibel zu bewerten. Wichtig 
ist auch, dass alle Fugen vollkommen gefüllt sind, was nur geschieht, wenn die Fugengrößen ausreichend in Abhängigkeit zur Steindicke gewählt sind.

Nicht nur der Schichtenaufbau und die Qualität der Materialien muss abgestimmt und entsprechend der Belastung gewählt werden. Auch die perspektivische Verlegung von Infrastrukturtrassen sollte im Vorfeld ausführlich geplant und abgestimmt werden. Denn ein technisch gelungenes Bauwerk könnte dann das Verlegen einer neuen Leitung ohne Leerrohrtrassen sehr mühevoll werden lassen.

Mario Sommer, Stephan Lenzen: Handbuch gebundene Bauweise. Wissen kompakt für Büro und
Baustelle. 120 Seiten, 100 Abbildungen. Broschur. Callwey Verlag, München 2014. 19,80 Euro

Versandkostenfrei erhältlich im Callwey Shop

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