01.04.2019

Gesellschaft

Hitze unter Dach und Fach


“Entlastungskonzepte umzusetzen muss nicht immer mehrere Jahre dauern.”

Das Klima verändert sich, die Sommer werden heißer. Besonders in Städten kann die Hitze unerträglich und sogar gefährlich werden. Viele Kommunen steuern mit Klimaanpassungskonzepten dagegen. Der Bericht „Hitze in Städten“ des Schweizer Bundesamts für Umwelt von 2018 stellt zahlreiche Maßnahmen vor und möchte Städten und Gemeinden das nötige Know-how an die Hand geben. Ein spannendes und insbesondere höchst relevantes Papier. Für unsere April-Ausgabe 2019 zum Thema „Nachhaltige Wohnquartiere“ hat sich unsere G+L Autorin Desirée Balthasar mit Co-Autor Martin Berchtold unterhalten und ihn nach den Besonderheiten des Berichts gefragt. Wir haben hier nochmal das Interview nochmal  zusammengefasst. Den Download zur Studie finden Sie am Ende vom Text. 

Herr Berchtold, Studien zum Thema Klimaanpassung gibt es zahlreiche. Was unterscheidet Ihren Bericht von den anderen?
Ja, diese Studien gibt es in der Tat, aber noch nicht viele explizit für die Stadt­planung. Darüber hinaus wendet sich unser Bericht an sämtliche Schweizer Städte, Gemeinden und Verwaltungen – unab­hängig ihrer Größe. Unser Bericht gibt auf allen relevanten Ebenen Orientierung und Einstiegshilfen: von Klimaanalyse über Strategie bis zur konkreten Maßnahme und deren Umsetzung.

Welche Ideen präsentiert der Bericht abseits der  Standardlösungen?
Manche Ideen sind künstlerisch inspiriert, andere kommen aus der Forschung. Da gibt es etwa den „city tree“ am Bahnhof Zürich. Dort wurde Moos vertikal in Sitzgelegenheiten eingearbeitet. Oder die hängenden, farbenfrohen Regenschirme in der polnischen Stadt Bad Polzin als kreative Beschattung. Ein weiteres Beispiel ist das vollverspiegelte Dach L’Ombrière in Marseille, installiert über einem funktional und historisch nicht begrünbaren Platz. In vielen südeuropäischen Innenstädten wird Wasserzerstäubung genutzt, um die Haut mit einem leichten Nebelfilm zu kühlen.

Woran scheitert die Umsetzung?
Städte sind komplexe Systeme. Anpassungen der Stadtstruktur oder des öffentlichen Raums bedeuten vielfältige und intensive Entwicklungs- und Abstimmungsprozesse und benötigen ihre Zeit. Außerdem sind die Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden, also Privatpersonen, Unternehmen oder die Öffentliche Hand, wichtige Dreh- und Angelpunkte. Diese müssen gewillt sein, klimatische Umbauten vorzunehmen. Dafür braucht es überhaupt erst ein Bewusstsein.

Die Studie ruft dazu auf, sofort loszulegen, ohne groß nachzudenken. Kann das funktionieren?
Ich rate dazu, sich systemisch und gesamtstädtisch der konkreten Stadt oder Gemeinde zu nähern. Trotzdem kann man mit einfachen Projekten sofort an Orten loslegen, wo die Hitzebelastung hoch ist. Eine gute Strategie wäre es, sich „huckepack“ an ohnehin anstehende Umbaumaßnahmen dranzuhängen. Entlastungskonzepte zu entwerfen und umzusetzen muss ja nicht immer mehrere Jahre dauern.

Hier können Sie die Studie “Hitze in der Stadt” downloaden.

Das ganze Interview finden Sie in der Aprilausgabe 2019 der Garten+Landschaft. Hier geht es zum Shop.

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