04.05.2016

Gesellschaft

Wie viel Freiraum braucht der Preis?

In der Mai-Ausgabe diskutiert der Landschaftsarchitekt und Sachverständige Dieter Pfrommer, was passieren würde, sollte die Europäische Kommission die HOAI kippen. Er ist sich sicher, die Landschaftsarchitektur stünde bei einem Wegfall der Gebührenordnung vor einem Umbruch. Wir fragten Landschaftsarchitekten zu ihren Einschätzungen und Erwartungen, hier sind ihre Statements:

Christian Burkhardt von Burkhardt Sandler Landschaftsarchitekten: Wir betrachten eine allfällige Abschaffung der HOAI als sehr kritisch. Ohne HOAI keine definierten Leistungen. Dies führt zur Unsicherheit auf beiden Seiten, was zu tun und was zu verlangen ist. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das ohne HOAI als Grundlage funktionieren soll. Machen die Auftraggeber ihre eigenen individuellen Bestimmungen, mit denen sich dann der Auftragnehmer jedes Mal auf ein Neues auseinandersetzen muss, oder machen die Auftragnehmer ihre eigenen Bestimmungen, mit denen sich dann der Bauherr beschäftigen muss?

Michael Heinze von landschaftDrei: Wenn die HOAI gekippt wird, ist zu befürchten, dass unsere Leistungen ausschließlich über den Preis definiert  werden. Man kann sich leicht ausmalen wozu das führt. Dumpingpreise auf breiter Front, was eine qualitätsorientierte Arbeit enorm erschwert, wenn nicht unmöglich macht. Es wird unsere Aufgabe sein, die künftigen Auftraggeber davon zu überzeugen, dass Qualität seinen Preis hat.

Jens Rossa von r+b Landschaftsarchitektur: Besorgniserregend! Wir betrachte die HOAI unter anderem als wesentliches Qualitätssiegel für eine nachhaltige Baukultur! Es darf auf keinen Fall das Primat des Preises über das der Qualität gestellt werden. Betrachtet man die Kosten für den Landschaftsarchitekten, so machen diese nur einen einstelligen Prozentbetrag der Kosten des Bauwerks im Lebenszyklus aus. Demotivation aufgrund nicht auskömmlicher Honorare schadet langfristig nicht nur den Planern, sondern vielmehr den Bauherren, der viel beschworenen Baukunst sowie den zahlreichen Nachhaltigkeitsaspekten, die für Stabilität und die natürlichen Regenerationsfähigkeiten des jeweiligen Systems stehen.

Tilman Latz von Latz+Partner: Tja, ein Wegfall wird das Geschäft in Deutschland dramatisch verändern. Bisher konnten wir mit den errechneten Honoraren hohe Qualitäten realisieren, auch wenn der/die Bauherr/en weniger Interesse daran hatte/n. Das würde in Zukunft oft nur noch durch Selbstausbeutung möglich, denn die immer mehr zur Regel werdenden VOF-Verfahren – auch im Anschluss an Wettbewerbsverfahren die angeblich „höchste Qualität“ wollen, belohnen im Großen und Ganzen nur Dumping.

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