02.10.2015

Projekt

Kleiner Kiel Kanal

 

In Kiels Innenstadt ist Shoppen und Bummeln nicht mehr attraktiv. Der Einzelhandel verliert seine Kundschaft an Einkaufszentren, die am Stadtrand oder im Umland liegen. Immer beliebter sind Shoppingkonzepte wie das Designer Outlet in Neumünster. Altstadtflair ist hier per Attrappe nachgestellt, Markenartikel verkaufen sich eben noch besser in einem gemütlich anmutenden Lädchen. Ein authentisches Altstadterlebnis kann Kiel dem Neumünsterschen Shoppingstädtchen nur punktuell entgegensetzen.

Perspektive auf den Stadtkanal.
Perspektive auf den Wasserplatz.
Der Lageplan-Vorentwurf des Kleinen Kiel Kanal.
Piktogramm der Wasserplätze.

Als wichtiger Stützpunkt der Kriegsmarine büßte die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt im Zweiten Weltkrieg viel von ihrer Altstadt ein. Wieder aufgebaut wurde sie nach dem Modell der autogerechten Stadt. Auch die in die Jahre gekommene Holstenstraße aus den 50ern – eine der ältesten Fußgängerzonen Deutschlands – bietet Stadtbummlern inzwischen kaum noch Anreiz sich lange in Kiels Zentrum aufzuhalten und ihr Geld dort in den Geschäften und Lokalen auszugeben.

Mit dem Konzept „Kleiner Kiel Kanal“ soll sich das ändern. Die Stadt Kiel nimmt rund 11,5 Millionen in die Hand, um an der Schwelle zur Altstadt den öffentlichen Raum aufzuwerten. Hierfür wird die sechsspurige Straße Holstenbrücke zu einem Stadtplatz umgebaut. Formgebende Elemente im Entwurf des Berliner Büros bgmr Becker Giseke Mohren Richard Landschaftsarchitekten sind zwei Wasserflächen – ein Stadtkanal und ein Wasserplatz –  die als Kleiner Kiel Kanal den historischen Stadtgraben nachzeichnen. Die Umgestaltung der Holstenbrücke sei nicht nur eine Verschönerungsmaßnahme, unterstreicht Stadtgestalter Gerald Krysta vom Stadtplanungsamt Kiel. „Die Kieler Altstadt darf nicht weiter ausbluten. Der Kleine Kiel Kanal soll zu einem Anziehungspunkt werden und die Aufenthaltsqualität befördern, um die Innenstadt am Leben zu erhalten.“

Nachdem die aktuell von tosendem Verkehr belegte Fläche umgestaltet ist (geplante Bauzeit 2016 bis 2018), werden Fußgänger sehr viel Raum zum Flanieren und Pausieren gewinnen. Der motorisierte Individualverkehr darf den Stadtplatz gar nicht mehr befahren. Busse, Taxen, Anlieferfahrzeuge sowie Radfahrer verkehren nur östlich des Kleinen Kiel Kanals.

Die verkehrs- und wassergeprägten Teile des Platzes zu einer einheitlichen Belagsfläche verschmelzen zu lassen, war eine der größten Herausforderungen, sagt Dirk Christiansen vom Büro bgmr. Der Stadtplatz würde zwar verkehrsberuhigt, dennoch fordere die hohe Frequenz an Busverkehr belastungsfähige Oberflächen. Geplant ist, den Asphaltbelag mit einem Feinsplitt zu überziehen, der in feiner Körnung als Zuschlagstoff für die Betonplatten in der Platzfläche verwendet wird.

Projektdaten Kleiner Kiel Kanal
Auftraggeber: Landeshauptstadt Kiel, Tiefbauamt, Abt. Ingenieurbau 66.2
Landschaftsarchitekten: bgmr Becker Giseke Mohren Richard Landschaftsarchitekten, Berlin
Bau-Ingenieure: Ingenieurbüro Obermeyer, Potsdam
Verkehrsplaner: Masuch + Olbrisch Ingenieurgesellschaft mbH, Oststeinbek
Tragwerksplanung: ifb frohloff staffa kühl ecker Berlin
Fläche: 1,4 Hektar (Kernbereich), 1,3 Hektar (Erweiterungsbereich)
Planungszeitraum: 2013 bis 2015

Visualisierungen: bgmr

Diesen Artikel finden Sie in Garten+Landschaft 10/2015 – Freiraum am Wasser. Zur Heftvorschau

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