Einst ein ungenutzter Parkplatz im Schatten des Ludwigsburger Residenzschlosses, hat sich der Walckerpark zu einer bedeutenden innerstädtischen Grünfläche entwickelt. Durch innovative Gestaltung und eine enge Zusammenarbeit von Stadtverwaltung, Bürgern und Planern wurde aus einem versiegelten Areal ein naturnaher Park, der nicht nur als Klimaanpassungsmaßnahme dient, sondern auch zur Lebensqualität der Stadt beiträgt. Im Folgenden stellt das Büro Koeber Landschaftsarchitektur sein Projekt in Ludwigsburg in einer Projektvorstellung selbst vor.

Vom Parkplatz zum grünen Erholungsraum
Der Walckerpark bildet heute den nördlichen Eingang zur Innenstadt und liegt auf dem ehemaligen Areal der Talkaserne. Trotz seiner exponierten Lage dicht an der Bundesstraße B27 und vis-à-vis des Ludwigsburger Residenzschlosses mit seinen weitläufigen Gartenanlagen konnte er als großflächiger Parkplatz seiner Bedeutung lange Zeit nicht gerecht werden. Das Areal prägten eine hohe Versiegelung und eine sehr ungünstige Anordnung der Nutzungen, die viele Restflächen generierte. Von der Gesamtfläche mit etwas mehr als 15.000 Quadratmetern war nur knapp ein Drittel als Grün- und Spielflächen nutzbar. Bedeutend und erhaltenswert war dagegen insbesondere der große und in Teilen historische Baumbestand aus etwa 150 Großbäumen.
Aufwertung durch Klimaanpassung und grüne Vernetzung
Die städtischen Freiflächenentwicklungs- und Klimaanpassungskonzepte identifizierten den Parkplatz dann auch als wichtige potenzielle innerstädtische Grünfläche, die einen großen Beitrag zu einem gesamtstädtischen grünen Verbundsystem (Grüner Ring, Alleensystem Ludwigsburg) leisten und der eine hohe Bedeutung für die Erholung in Hitzeperioden zukommen könne. Vor diesem Hintergrund wies die Stadt das Areal als Schwerpunktmaßnahme im Sanierungsgebiet „Untere Stadt“ aus und schrieb im Jahr 2018 dann einen freiraumplanerischen Ideen- und Realisierungswettbewerb zur Aufwertung des untergenutzten und teilweise vernachlässigten Stadtraums aus. Zentrale Ziele waren die Schaffung attraktiver Freiräume in einem hoch verdichteten Bereich der Innenstadt, die Verbesserung der Aufenthaltsqualität und der Erhalt des wertvollen Baumbestands. Dabei sollten Orte der Begegnung und Identität entstehen, die einen hohen ökologischen Wert haben, das Stadtklima verbessern und resilient gegenüber Nutzerdruck und Klimawandel sind. Voraussetzung hierfür war zunächst der Rückbau aller oberirdischen Parkplätze und die Bündelung der Parkierung. Darüber hinaus sollten die Fußgänger- und Radwegebeziehungen aufgewertet beziehungsweise ergänzt und das Areal besser mit seiner Umgebung vernetzt werden. Durch eine attraktive, innovative und künstlerische Grüngestaltung sollte ein Impuls zur Aufwertung des gesamten Umfelds gesetzt werden.
Klimaresiliente Parkgestaltung
Durch das Gestaltungskonzept entstand Raum für einen offenen, naturnah gestalteten Stadtpark, der ein wichtigen Beitrag zur Aufwertung des angrenzenden Wohnumfeldes leistet und eine der bedeutendsten Klimaanpassungsmaßnahmen in Ludwigsburg umsetzt. Die Parkplätze wurden entgegen der Vorgabe aus dem Wettbewerb, eine Tiefgarage zu bauen, der die meisten Bäume zum Opfer gefallen wären, in einem kompakten und rückbaubaren Parkdeck ganz im Westen des Areals gebündelt. Die Fassade des Parkdecks wurde vollständig mit Rankpflanzen begrünt, im Innern beinhaltet das Parkdeck zudem eine Mobilitätsstation mit Fahrradstellplätzen. Durch den vollständigen Rückbau der Asphaltflächen und der ausschließlichen Verwendung von wasserdurchlässigen Belägen konnte der Park komplett entsiegelt werden und das gesamte Oberflächenwasser verbleibt nun im Areal. Die ungebundenen Tragschichten konnten vor Ort belassen, mit einer mageren Bodenmischung überdeckt und dadurch aufwändige Entsorgungen vermieden werden.
Nachhaltige Materialien treffen auf innovative Bautechniken
Gemeinsam mit Auftraggeber, Betonhersteller und ausführender Firma wurde in sehr guter, konstruktiver Zusammenarbeit ein wasserdurchlässiger Ortbetonbelag entwickelt und eingebaut, der sowohl ohne Entwässerungseinrichtungen wie auch ohne Einfassungen auskommen kann. Unter Berücksichtigung des vorhandenen Baumbestands schlängelt sich dieser als mäandrierender Fußweg locker durch den Park. Um die Topografie des ursprünglichen Talgrunds wieder herauszuarbeiten, wurde eine leichte Senke ausgebildet. In dieser kann sich das Niederschlagswasser sammeln und steht der Vegetation wieder zur Verfügung. Neben der eigentlichen Neugestaltung des Parks war auch die angrenzende Unteren Kasernenstraße neu zu ordnen und im Rahmen des Projekts zu sanieren.
Biodiversität im Walckerpark
Ergänzend zum Erhalt der 150 Bestandsbäume wurden bei der Neugestaltung 135 weitere, im Schwerpunkt heimische, klimaresiliente Bäume und Großgehölze insbesondere im Osten zum Ringschluss des Baumgürtels um den Park gepflanzt. Vier großen Linden, die im Baufenster des Parkdecks standen, wurden im Rahmen einer Großbaumverpflanzung auf dem Parkgelände mit Erfolg verpflanzt. Umfangreiche und sorgsam von Heiner Luz zusammengestellte Staudenpflanzungen schaffen es auch im Wurzeldruck der Bestandsbäume ohne künstliche Bewässerung, eine geschlossene Vegetationsdecke zu bilden. Die Böschungen zur Bundesstraße B27 wurden mit artenreichen, standortgerechten Wiesenansaaten versehen. Sie erhöhen die Biodiversität und tragen ebenfalls zur Schaffung eines Stücks Stadtnatur bei.
Sportliche Kunst
Im Westen des Parks finden nicht nur das Parkdeck, sondern unter einer 150 Jahre alten Kastanie auch das Wasserspiel für Kinder und Sitzmöglichkeiten für Eltern ihren Platz. Die ruhige Parkmitte bietet vor allem großzügige baumüberstandene Wiesenflächen. Den östlichen Parkteil prägen die intensiv nutzbaren Spiel- und Bewegungsflächen. Der „Goldene Käfig“ mit seinem beschichtetem Metallgeflecht beherbergt den Sportplatz für Soccer und Streetball und nimmt Bezug zum üppigen Barock des gegenüberliegenden Ludwigsburger Schlosses. Künstlerisch gestaltete Möblierungselemente aus Stahl und Holz sowie ein naturnah gestalteter Spielplatz bieten weitere Möglichkeiten für Sport, Spiel und Aufenthalt. Alle Parkbereiche sind durch ein attraktives, barrierefreies Rundwegesystem miteinander verbunden. Infotafeln im Park und ein archäologisches Fenster in einem der beiden Lichthöfe des Parkdecks, welches die bei den Bauarbeiten gefundenen Gebäudeteile der ehemaligen Talkaserne zeigen und dokumentieren, erläutern die besondere Geschichte des Ortes.
Bürgernah wie anpassungfähig
Die Entwicklung des Areals erfolgte in einem intensiven Austausch mit dem Bürgerverein Untere Stadt sowie mit den Anwohnern im Rahmen einer Bürgerbeteiligung mit mehreren Runden Tischen, einer großen Anliegerversammlung mit Workshops und Vor-Ort-Terminen. Das Gestaltungskonzept schließt zukünftige Veränderungen im Park, in den Bereichen der Vegetationsbilder, der Nutzung oder des Verkehrs nicht aus, sondern lässt diese bewusst zu. So soll beispielsweise die offene und einfache Bauweise des Parkhauses bei einer langfristigen Veränderung des ruhenden Verkehrs, verbunden mit einer sinkenden Auslastung, auch eine andere Nutzung zulassen. Das Oberdeck kann dann zum zweiten Spielort, das Unterdeck als Fahrradparkhaus mit Ladestationen versehen werden. Eine gastronomische Einheit, die sich zum Platz mit der alten Kastanie orientiert, kann eingeschoben werden. Der bdla Baden-Württemberg würdigte das Projekt beim Baden-Württembergischen Landschaftsarchitektur-Preis 2024 in der Kategorie „Gesundheit, Bildung, Freizeit, Spiel und Sport“ mit einer Auszeichnung.
Ludwigsburger Walckerpark
BAUHERR
Stadt Ludwigsburg
Fachbereich Tiefbau und Grünflächen
Fachbereich Stadtplanung und Vermessung
ZEITRAUM
2018-2022
PLANUNG
Koeber Landschaftsarchitektur GmbH, Stuttgart
BETEILIGTE FACHPLANER
Heiner Luz, LUZ Landschaftsarchitekten München (Staudenmischpflanzungen)
Kuhn Decker GmbH & Co. KG, Ingenieure und Architekten (Parkdeck)
WESENTLICHE GEWERKE
Link GmbH (Garten- und Landschaftsbau)
Stahlbau Nägele GmbH (Stahlbauarbeiten „Goldener Käfig“)
Carl Stahl ARC GmbH (Stahlnetz „Goldener Käfig“)
Michael Moll – Winterharte Gartenstauden (Staudengärtnerei)
KuKuk GmbH (Spielgeräte)
Albert Amos GmbH & Co.KG (Tiefbauarbeiten Untere Kasernenstraße)
Holcim Beton und Betonwaren GmbH (Dränbeton, Entwicklung und Lieferung)
Aquaconsult Bewässerungs- und Springbrunnentechnik GmbH (Wasserspiel)
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