Im baden-württembergischen Heidelberg entsteht mit der Muslimischen Akademie das erste Haus für politische Bildung in muslimischer Trägerschaft. Den Wettbewerb für das Projekt gewann das Team aus BHM Planungsgesellschaft und baurmann.dürr Architekten. Im Interview erklärt Max Hansen von bhmp, welche Architektursprache sie für die Planungsaufgabe fanden, wie das Konzept der Freiräume aussieht und wie sich die Muslimische Akademie Heidelberg in den städtebaulichen Kontext einfügen wird.
Offenheit und Identität vermitteln
Redaktion G+L: Im November 2023 gewannen Sie im Team mit baurmann.dürr Architekten den Architekturwettbewerb für die Muslimische Akademie Heidelberg. In der Auslobung war zur Aufgabe gestellt, eine Architektursprache zu finden, die eine muslimische Identität in Deutschland repräsentieren könne, ohne Stereotype zu reproduzieren. Welche Antwort haben Sie mit Ihren Planungspartner*innen hierfür gefunden?
Max Hansen: Sprache ist ein immerwährender Prozess, da sowohl die Sprache als auch das Denken einem Wandel unterliegen. Dies gilt auch für die Architektur beziehungsweise Landschaftsarchitektur. Daher haben wir uns dazu entschieden, ein Ornament zu entwickeln, das sich an islamischen Mustern orientiert, gleichzeitig aber noch Interpretationen zulässt. Dieses Ornament bildet die dominante Fassadenstruktur, die im Gebäudeinneren ein beeindruckendes Spiel aus Licht und Schatten erzeugt. Im Freiraum greifen wir dieses Muster mit dem Bodenbelag auf und führen es weiter. Zusätzlich erinnern vereinzelte Intarsien in den Sitz- und Mauerelementen an die Sprache, mit welcher wir Offenheit und Identität vermitteln möchten.
Die Identität der Muslimischen Akademie Heidelberg widerspiegeln
Für die Planungsaufgabe der Muslimischen Akademie Heidelberg – ein Haus der politischen Bildung in muslimischer Trägerschaft – gibt es keine Vorbilder, sie ist ein Novum. Wie haben Sie die Freiräume konzipiert?
Wir haben uns sehr stark mit der Idee der Akademie beschäftigt und versucht ein Konzept zu entwickeln, das die Vermittlung politischer und gesellschaftlicher Bildung in religiöser Trägerschaft ermöglicht. So ist der Freiraum sehr offen und einladend gestaltet. Baumgruppen strukturieren und fassen den Raum, ohne ihn zu verstellen. Sie geben Blickachsen in die Umgebung frei und markieren die Zugänge zur Bahnstadt beziehungsweise zur Akademie. Gleichzeitig schafft die offene Baumstellung Platz für Veranstaltungen. Beete, Sitzgelegenheiten und ein Wasserspiel schaffen eine einladende und repräsentative Atmosphäre. Sie spiegeln die Identität der Muslimischen Akademie wider und strukturieren den Außenraum.
Gestalterisch, städtebaulich und gesellschaftlich in die Umgebung eingefügt
Die Muslimische Akademie wird im neuen Heidelberger Stadtteil Bahnstadt errichtet werden. Wie werden sich Gebäude und Freiräume in die Umgebung einfügen und welchen Mehrwert können sie der Stadtbevölkerung bieten?
Die städtebauliche Idee des Promenadenbandes, die an dieser Stelle ihren Abschluss findet, war maßgebend für den Entwurf. Das spitz zulaufende Grundstück gab die Form für das Gebäude vor. Es besteht aus einem geschlossenen Baukörper, der auf einem transparenten Erdgeschoss ruht. Der Anschluss an die Umgebung ist auf der einen Seite sehr urban, andererseits sehr landschaftlich. Das Promenadenband markiert diesen Übergang, den wir mittels einer Bastion durchbrochen haben und so die Topografie gestalterisch genutzt und auf die städtebauliche Idee der Bahnstadt reagiert haben. Zudem ist die Bastion Teil eines von zwei Plätzen, die den Auftakt des Promenadenbandes, aber auch der Akademie bilden. Da beide Plätze auf unterschiedlichen Höhenniveaus liegen, werden sie durch das Band räumlich verknüpft. Das Gebäude greift diese Idee auf und ermöglicht so das Zusammenspiel von Innen und Außen. So entsteht ein einladender Charakter, der die Möglichkeit zum gesellschaftlichen Austausch und der Vermittlung von Bildung bietet. Sowohl die Freiräume als auch das Gebäude fügen sich somit gestalterisch, städtebaulich und gesellschaftlich gut in die Umgebung ein.
Interviewee
Max Hansen, Dipl.-Ing. (TUM) Landschaftsarchitekt, ist Team- und Projektleiter der Abteilung Landschaftsarchitektur im Büro bhmp. Sein Schwerpunkt liegt im Entwurf und der Bearbeitung von Wettbewerben. Er schreibt regelmäßig Artikel für Fachzeitschriften und ist Dozent für Freiraumplanung an der Hochschule in Nürtingen.
Weiterlesen: In der Oktoberausgabe 2024 der G+L widmen wir uns Orten des Glaubens. Das Heft ist in unserem Shop erhältlich. Einen ersten Einblick in die Ausgabe gibt Theresa Ramisch in ihrem Editorial.