16.12.2024

Porträt

Fachexkursion nach Mailand und Bürobesuch bei Parcnouveau

Ein Hochhaus mit grün bewachsenen Balkonen; im Vordergrund ein Park mit Rasenfläche und Bäumen. Im Mai 2024 unternahmen Studierende der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe eine Exkursion nach Mailand. Mit auf dem Programm: der Bosco Verticale. Foto: Arne Klosse
Im Mai 2024 unternahmen Studierende der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe eine Exkursion nach Mailand. Mit auf dem Programm: der Bosco Verticale. Foto: Arne Klosse

Historische Zusammenhänge beleuchten, neue Stadtquartiere entdecken, Kontakte mit lokalen Landschaftsarchitekturbüros knüpfen: Im Mai 2024 unternahmen Landschaftsarchitektur-Studierende der TH Ostwestfalen-Lippe eine Exkursion nach Mailand. Melanie Müller-Boscaro, als Reiseleiterin vor Ort in Italien dabei, rekapituliert für G+L das Exkursionsprogramm und stellt die Arbeit des von den Studierenden besuchten Mailänder Landschaftsarchitekturbüros Parcnouveau vor.


Mailand-Exkursion mit Abstecher nach Bergamo

Mailand im Mai – das dachte sich Professor Hendrik Laue und initiierte eine Fachexkursion mit 35 Student*innen des Studiengangs Landschaftsarchitektur, Landschaftsbau und Freiraumplanung der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Mit Melanie Müller-Boscaro, deutsche Landschaftsarchitektin und Reiseleiterin vor Ort in Italien, planten sie vom 8. bis 14. Mai eine abwechslungsreiche Exkursion nach Norditalien: Bei einer Stadtführung durch die Hauptstadt der Lombardei wurden historische Zusammenhänge der Mailänder Stadtentwicklung beleuchtet. Die Student*innen entdeckten historische Parkanlagen wie den Parco Sempione, Projekte der 90er-Jahre, darunter der Parco Portello, und neue Stadtquartiere wie Porta Garibaldi und City Life. Pflegekosten, Ausführungsdetails, Pflanzenverwendung und Entwurfsstrategien wurden auch im Stadtpark BAM (Biblioteca degli Alberi – Baumbibliothek) mit Blick auf den Hochhauswald Bosco Verticale und in der Parkanlage City Life unter den Hochhäusern von Zaha Hadid, Arata Isozaki und Daniel Libeskind thematisiert.

Bei einem Besuch des Landschaftsarchitekturbüros LANDsrl erfuhr die Gruppe unter anderem Interessantes zur Mailänder Stadtentwicklungsstrategie Raggi Verdi (Grüne Strahlen). Betriebsbesichtigungen der Baumschule Riva Piante und des GaLaBau-Unternehmens Riva Giardini im Norden Mailands bereicherten die Exkursion mit praktischen Beispielen. Die Botanischen Nutzgärten als Sekundäres Projekt der Expo 2015 in Mailand sowie die mittelalterliche Innenstadt „Città Alta“ erkundeten die Student*innen im 50 Kilometer entfernten Bergamo.

Eine ovale Öffnung im gepflasterten Boden einer Einkaufsstraße, umgeben von einer Glasbrüstung; in der Öffnung erkennt man tieferliegende Stockwerke mit Bäumen. Die Studierenden besuchten und besprachen diverse Projekte in Mailand, darunter auch die Piazza Gae Aulenti. Foto: Arne Klosse
Die Studierenden besuchten und besprachen diverse Projekte in Mailand, darunter auch die Piazza Gae Aulenti. Foto: Arne Klosse
Im Stadtpark BAM thematisierten die Studierenden – mit Blick auf den Bosco Verticale – Aspekte wie Pflegekosten, Ausführungsdetails und Pflanzenverwendung. Foto: Arne Klosse
Im Stadtpark BAM thematisierten die Studierenden – mit Blick auf den Bosco Verticale – Aspekte wie Pflegekosten, Ausführungsdetails und Pflanzenverwendung. Foto: Arne Klosse

Parcnouveau: Landschaft neu denken

Der Auftakt der Fachexkursion fand in den Räumlichkeiten des in Mailand ansässigen Landschaftsarchitekturbüros Parcnouveau statt, das für seinen innovativen Designansatz bekannt ist. Hier erhielten die Student*innen einen Einblick in das Berufsleben von Landschaftsarchitekt*innen. Das Büro Parcnouveau verbindet ein tiefes Verständnis für die Natur mit einem hohen Interesse an Gemeinschaftserlebnissen. Margherita Brianza gründete das Büro 2008; seit 2012 erhält sie Unterstützung von Luca Manzocchi sowie seit 2022 auch von Carolina Pelosato. Heute verfügt das Büro über ein Team von 20 Fachleuten und ein internationales Portfolio. Die vorgestellten Projekte ließen erkennen, dass die Bearbeitung der verschiedenen Projektphasen mit hohem fachlichem Anspruch und mit großer Sorgfalt und Hingabe erfolgt. Das Leistungsspektrum deckt alle Aspekte der Landschaftsarchitektur ab, von der strategischen Planung in großem Maßstab über urbane Räume wie Parks und Plätze bis hin zu Freiräumen an Geschäftshäusern, Logistikzentren, Unterkünften und Krankenhäusern.

Parcnouveau schafft eine authentische Verbindung zwischen Landschaft und Architektur. Dabei geht jedes Projekt von deren Bedürfnissen und Gewohnheiten aus und bezieht die Kultur und Besonderheiten eines Ortes ein. Für Parcnouveau bedeutet Landschaftsgestaltung, die Charakteristik des Ortes, die Dynamik des Lebens und die Beziehungen, die sich um die Planungsgebiete ranken, zu beherrschen. Der reale und soziale Kontext wird zu einer entscheidenden Inspirationsquelle für jedes Projekt und ermöglicht, immer wieder überraschende Lösungen zu erarbeiten. Vor dem Hintergrund des klimatischen und sozialen Wandels setzt sich das Büro dafür ein, die Landschaft neu zu denken, um den aktuellen Anforderungen an die Umweltplanung gerecht zu werden und künftige Herausforderungen zu bewältigen.

Im Vordergrund ein rundes Bauwerk ohne Dach, dahinter ein längliches Gebäude mit flachem Dach, das eine bewachsene Dachterrasse hat .Das Landschaftsarchitekturbüro Parcnouveau realisierte diverse Projekte in Rom, darunter auch für das Bvlgari Hotel. Foto: Bvlgari
Das Landschaftsarchitekturbüro Parcnouveau realisierte diverse Projekte in Rom, darunter auch für das Bvlgari Hotel. Foto: Bvlgari
Bestandteil der Gestaltung von Parcnouveau war auch die Dachterrasse des Bvlgari Hotels. Foto: Matteo Carassale
Bestandteil der Gestaltung von Parcnouveau war auch die Dachterrasse des Bvlgari Hotels. Foto: Matteo Carassale

Parcnouveau realisierte diverse Stadterneuerungsprojekte

Parcnouveau beschäftigt sich mit komplexen Ökosystemfragen: Das Engagement erstreckt sich von der Erforschung fortschrittlicher Anbaumethoden und der Vermeidung des Einsatzes von Pestiziden über die Bewältigung von Wasserstress ohne herkömmliche Bewässerungssysteme bis hin zu Experimentieren mit Pflanzensorten, die an extreme Klimabedingungen angepasst sind.

In den letzten Jahren hat das Unternehmen zahlreiche Stadterneuerungsprojekte realisiert, vom großen City-Life-Park in Mailand bis zur Umgestaltung des Hafenviertels von Tel Aviv. Zu den jüngsten Projekten gehören die in Rom gewonnenen internationalen Wettbewerbe, etwa für das neue Wissenschaftsmuseum, das in den Räumen der ehemaligen Kaserne in der Via Guido Reni errichtet wurde, und der Masterplan für die Umgestaltung des ehemaligen Messegeländes.


Studierende knüpfen fachliche Kontakte

In Zusammenarbeit mit großen Architekturbüros hat das Büro die Landschaften für die Hauptsitze von Moncler und der italienischen Holding OTB Group in Mailand sowie von Enel in Rom entworfen. Die Liebe zum Detail und zur Funktionalität zeigt sich in den Projekten der Hotellerie, darunter das Bvlgari Hotel in Rom, das Mandarin Oriental in Rom, Tel Aviv und Moskau sowie in den zukünftigen Projekten für das Park Hyatt in Rom und den Palazzo Parma.

Mit dem Einblick in interessante Projekte erlangten die Student*innen vielfältige Inspirationen und die Möglichkeit fachliche und kulturelle Kontakte herzustellen. Am Ende der Woche in Norditalien gibt es viele Fotos, Inspirationen und Ideen für die Entwurfsarbeit zu Hause und einige Kontakte für eventuelle Praktika und Stellenangebote.

Blick von oben in den Innenhof eines Gebäudes, in dem mehrere große Pflanzen in Kübeln stehen. Die Höfe sind für den Blick von oben konzipiert: Gruppen von Schirmpflanzen mit unterschiedlichen Grüntönen und Blattgrößen erzeugen die Atmosphäre eines geheimen und unzugänglichen Gartens. Foto: Matteo Carassale
Die Höfe sind für den Blick von oben konzipiert: Gruppen von Schirmpflanzen mit unterschiedlichen Grüntönen und Blattgrößen erzeugen die Atmosphäre eines geheimen und unzugänglichen Gartens. Foto: Matteo Carassale

Was Parcnouveau für das Bvlgari Hotel umsetzte

Die entscheidende Herausforderung für das Landschaftsprojekt für das Bvlgari Hotel in Rom bestand darin, mit der bestehenden rationalistischen Architektur des Hotels zu harmonieren, ihre historische Bedeutung zu betonen und gleichzeitig neue Interaktionen mit ihren Elementen zu schaffen.

Im Mittelpunkt des Projekts von Parcnouveau stand die Vision des Bauherrn, das Wesen der römischen Natur wieder in die Außenbereiche des Gebäudes einzubringen. Die Grünräume sind so gestaltet, dass sie ein intensives Erlebnis bieten, eine Reise der Sinne, reich an leuchtenden Farben und Düften, inspiriert von den Bvlgari-Juwelen. Dazu wurden Pflanzen mit Blüten in Formen und Farben ausgewählt, die an die Juwelen und Schattierungen von Gold, Bronze und Kupfer erinnern.

Das Landschaftsprojekt erstreckt sich über die verschiedenen Ebenen des Gebäudes, angefangen vom Portikus im Erdgeschoss über die Höfe und Terrassen bis hin zu den Innenräumen.

Eine Dachterrasse, die üppig mit Pflanzen bewachsen ist, in der Mitte ein Weg und Sitzmöglichkeiten. Die mit üppigem Grün von Parcnouveau gestalteten Dachterrassen eröffnen Ausblicke über Rom. Foto:
Die mit üppigem Grün von Parcnouveau gestalteten Dachterrassen eröffnen Ausblicke über Rom. Foto: Matteo Carassale
Eine Dachterrasse mit Pflanzen und mehreren Outdoor-Sesseln bei Sonnenuntergang. Bei der Wahl der Pflanzen bevorzugten die Planer*innen mediterrane Arten. Foto: Bvlgari
Bei der Wahl der Pflanzen bevorzugten die Planer*innen mediterrane Arten. Foto: Bvlgari
Eine Terrasse mit hellbraunen Stühlen unter großen weißen Schirmen, umgeben von großen Pflanzen in Kübeln. Das Projekt von Parcnouveau erstreckt sich über verschiedene Ebenen des Hotels. Foto:Matteo Carassale
Das Projekt von Parcnouveau erstreckt sich über verschiedene Ebenen des Hotels. Foto: Matteo Carassale

Schwebender Garten über den Dächern Roms

Die Dachterrasse unterstreicht einerseits den Eklektizismus und Reichtum des Grüns und ermöglicht gleichzeitig den atemberaubenden Blick auf Rom.

Bei der Auswahl der Arten werden hauptsächlich mediterrane Pflanzen bevorzugt, darunter auch Salbei, Thymian und Rosmarin. Die Planer*innen setzten einige Akzente mit tropischen Elementen wie die Palmen Dioon Spinulosum und Yucca elephantipes oder das Indische Blumenrohr sowie die Japanische Faserbanane.

Pergolen, die von Kletterpflanzen wie der immergrünen Kletterhortensie Hydrangea seemani besiedelt sind, spenden Schatten und Komfort. Die Vasen- und Kübelgruppen mit kleinen Bäumen und mediterraner Vegetation (Hibiscus coccineus, Kreta-Schwarznessel und vielen anderen) umschließen die Wohnräume und Tische und schaffen Aufenthaltsorte von bemerkenswerter visueller Identität.

Die Dachterrasse ist ein magischer Ort, ein Garten, der über der Stadt Rom schwebt. Die Vegetation erstreckt sich über den gesamten Rand in Töpfen und Kübeln unterschiedlicher Größe und bietet einen ikonischen und überraschenden Blick auf die Stadt.


Bvlgari Hotel in Rom

Kunde: Bvlgari Spa
Entwurf: Architekt ACPV ARCHITECTS Antonio Citterio und Patricia Viel
Landschaftsarchitektur: Parcnouveau
Status: begonnen 2019, Fertigstellung 2023
Größe: 3 100 Quadratmeter

Weiterlesen: Alle zwei Jahre lobt das Land Berlin den Lenné-Preis als Ideenwettbewerb für Nachwuchs in den Fachdisziplinen Garten- und Landschaftsarchitektur, Freiraumplanung und Stadtentwicklung aus. Wer 2024 ausgezeichnet wurde, lesen Sie hier.

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