04.03.2021

Projekt

Inklusions-Spielplatz in Regensburg eröffnet

welcher von großen Bäumen und Hecken umrandet ist

2012 gewann das Büro mahl gebhard konzepte mit ASTOC GmbH & Co. den städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb zur ehemaligen Nibelungenkaserne in Regensburg. Hier entsteht – eingebettet in ein Grünkonzept mit einem großem Sport- und Spielpark – das mischgenutzte Stadtquartier „Brixen-Park“. Ein zentrales Highlight des Projekts ist der erste Inklusions-Spielplatz der Stadt Regensburg. Er wurde im Oktober 2021 eröffnet. Wir haben uns aus diesem Grund gemeinsam mit Angelika Diewald vom Gartenamt Regensburg und Andrea Gebhard zum Projekt unterhalten.

welcher von großen Bäumen und Hecken umrandet ist
Okotber 2021: Der erste Inklusionsspielplatz in Regensburg ist fertiggestellt (Foto: Stadt Regensburg)
Der Inklusionsspielplatz in Regensburg und dessen unterschiedliche Spielfelder (Foto: Marcus Hassler)
Der Drachenrücken des Inklusionsspielplatz (Foto: Marcus Hassler)
Der Drachenkopf (Foto: Marcus Hassler)
Der Inklusionsspielplatz in Regensburg ermöglicht barrierefreies Spielen (Foto: Stadt Regensburg)
Barrierefreies Spielen auf dem Inklusionsspielplatz in Regensburg (Foto: Stadt Regensburg)
Der Inklusionsspielplatz in Regensburg bietet eine große Vielfalt an Spielmöglichkeiten (Foto: Stadt Regensburg)
Spielmöglichkeiten jeglicher Art auf dem Inklusionsspielplatz in Regensburg (Foto: Stadt Regensburg)

Das Grünkonzept vom Brixen-Park definiert sich durch drei große Parkachsen, den Wiesenpark im Norden, den zentralen Spiel- und Sportpark und den Waldpark im Süden. Andrea Gebhard, was zeichnet die Gestaltung in Regensburg aus?

Andrea Gebhard: Der Brixen-Park ist ein wichtiger Baustein zur Versorgung des Quartiers mit Freizeit- und Erholungsräumen. Realisiert wurde ein umfangreiches und vielseitiges Areal mit innovativen Bewegungsangeboten. Bei der Gestaltung stand im Vordergrund, Freiräume zu schaffen, die zum einen eine hohe ökologische Qualität aufweisen und darüber hinaus der Bevölkerung verschiedene Möglichkeiten zur Aneignung bietet. Dieser Spagat ist sehr gut geglückt – wie wir finden. Wir haben uns zum Beispiel bei der Wegeplanung im Wiesenpark stark am Altbaumbestand orientiert und konnten somit von Beginn an einen natürlichen Charakter schaffen. Neben artenreichen Wiesenflächen, die dem naturschutzrechtlichen Ausgleich dienen, entwickelten wir auch mehrere Rasenflächen im Wiesenpark für die allgemeine Naherholung. Nach Ansaat der artenreichen Extensivwiesen sah der Park eigentlich aus als, hätte es ihn schon immer gegeben.

So etwas wünscht man sich natürlich als Planer*in. Es gibt außerdem im gesamten Park abgesenkte Bereiche in den Grünflächen, so genannte Spielschollen. Sie bieten zum einen Freiflächen zur individuellen Aneignung, wie Urban Gardening aber auch verschiedene Funktionen wie Spielflächen, Fitness- und Aufenthaltsbereiche oder eine Hundefreilaufzone.

Applaus für die Eröffnung des Inklusionsspielplatz in Regensburg (Foto: Stadt Regensburg)
Der Inklusionsspielplatz in Regensburg entstand in interdisziplinärer Zusammenarbeit (Foto: Stadt Regensburg)

Spielplatz Regensburg: erster in inklusiv

Angelika Diewald, wie sind Sie seitens Gartenamt die Entwicklung und Gestaltung des ersten Regensburger Inklusionsspielplatz angegangen?  

Angelika Diewald: Geplant wurde der Inklusionsspielplatz in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen dem Gartenamt, dem Amt für kommunale Jugendarbeit, dem Inklusionsbeauftragten bzw. -beirat und den Landschaftsarchitekt*innen. Wir haben im Vorfeld der Planung für den gesamten Spiel- und Sportpark mehrere Kinder- und Jugendbeteiligungen durchgeführt, die uns viele wertvolle Informationen geliefert haben. Unser Ziel war es möglichst viele der genannten Punkte in der Planung umzusetzen. Im Rahmen einer mehrstufigen inklusiven Kinder- und Jugendbeteiligung sind dann auch die Ideen für den Inklusionsspielplatz entstanden. Eine Gruppe von Grundschülern hatte mit einer tollen Zeichnung das Drachenthema angestoßen, das wir in Form eines großen Drachenspielplatzes abbilden wollten.

 

Wie haben Sie für das Projekt „Inklusion“ definiert?

Angelika Diewald: Für uns war es wichtig das Thema Inklusion auf den verschiedenen Ebenen zu begreifen und umzusetzen. Inklusion wird oft eindimensional auf eine rollstuhlgerechte Nutzung bezogen. Diese ist dabei aber nur ein Teil des Ganzen. Auf dem inklusiven Spielplatz sollen alle Kinder auf ihre Kosten kommen und die Möglichkeit haben, gemeinsam zu spielen. Zur besseren Nutzbarkeit des Spielplatzes für Menschen mit Behinderung – Eltern wie Kinder – haben wir in der Nähe sogar eigens eine Inklusionstoilette eingerichtet. Wir begreifen Inklusion somit als Möglichkeit für alle am Spiel teilzuhaben, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft und individuellen Fähigkeiten. Die Kinder sollen weder über- noch unterfordert werden, sondern dort abgeholt werden wo sie in ihrer Entwicklung stehen.

 

Andrea Gebhard, was waren die Herausforderungen bei der Entwicklung?

Andrea Gebhard: Die Herausforderung bestand darin, einen attraktiven Freiraum von hoher Qualität zu schaffen, der nicht eindimensional wird zum Beispiel durch Geräte und Nutzungen, die nur von einer bestimmten Gruppe genutzt werden können. Das ist unserer Ansicht nach, die große Gefahr bei der Gestaltung von Inklusionsspielplätzen. Das würde dann genau das Gegenteil von Inklusion bedeuten.

Auftaktplatz am Brixen-Park (Foto: Marcus Witte)
Basketballfeld im Brixen-Park in Regensburg (Foto: Marcus Witte)
Kletterparkour im Brixen-Park (Foto: Jan Niklas Jansen)
Kletterparkour im Brixen-Park (Foto: Jan Niklas Jansen)
Wasserspielplatz im Brixen-Park (Foto: Marcus Witte)
Waldpark im Brixen-Park (Foto: Marcus Witte)

Inklusions-Spielplatz Regensburg: Ein fantasievolles Gestaltungskonzept

 

Wie stellt sich das Gestaltungskonzept des Spielplatzes dar?

Andrea Gebhard: Der Spielplatz ist auf zwei große „Schollen“ verteilt, die barrierefrei erreichbar sind. Das Thema Drachen haben wir zum prägenden Gestaltungselement gemacht. Der Drache bildet eine riesige Spielskulptur, die die beiden räumlich getrennten Bereiche miteinander thematisch verbindet. Die unterschiedlichen Bereiche, wie der „Drachenkopf“, die „Drachenbuckel“ oder der „Drachenschwanz“, beinhalten vielfältige Spielmöglichkeiten.

Es gibt barrierefreie Bereiche, in denen Kinder mit Einschränkungen zum Beispiel durch farbliche Kontraste oder zusätzliche Handläufe beim Spielen unterstützt werden. Außerdem gibt es rollstuhlgerechte Spielangebote. Bei der Planung der Fallschutzbereiche war das Thema Schwellenlosigkeit und Rollstuhlbefahrbarkeit natürlich wichtig. So werden große Bereiche als EPDM-Belag ausgebildet. Dennoch spielen wir auch stark mit Topografien.

In der südlichen „Scholle“ liegt der Drachenkopf, welcher als große begehbare Holzstruktur ausgebildet wurde. Man kann über das Maul schwellenlos ins Innere gelangen. Der Kopf kann rundum beklettert werden und verfügt auch über eine Rutsche. Außerdem gibt es neben dem Drachenkopf weitere Spielangebote wie ein schwellenloses Karussell, einen Sandspielbereich mit angrenzendem rollstuhlunterfahrbaren Sandtisch, Schaukeln, eine Spielhöhle und Tischtennisplatten.

 

Wie ist der Spielplatz im nördlichen Bereich aufgebaut?

Andrea Gebhard: Im nördlichen Bereich befinden sich die Drachenbuckel, welche als EPDM-Hügel das Auf- und Abtauchen des Drachenkörpers symbolisieren. Die Buckel liegen in einer großen EPDM-Fläche, und jeder Hügel verfügt über verschiedene Spielfunktionen. Die Hügel sind dabei unterschiedlich hoch und bieten somit für alle Altersklassen unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und Herausforderungen. In der Bodenfläche um die Buckel sind Trampoline integriert. Röhrentelefone ermöglichen eine spielerische Kommunikation und verknüpfen so Bereiche unterschiedlicher Zugänglichkeit. Im Nordwesten grenzt an die Drachenbuckel ein Hainbuchenlabyrinth an, das eine weitere große Holzstruktur, den Drachenschwanz, aufnimmt. Dieser ist ebenfalls schwellenlos begehbar und fungiert auch als Aussichtsplattform. Diese kann über einen Steg und eine Rampe auch von Rollstuhlfahrern mit Hilfe erreicht werden. Im Inneren wartet der Nibelungenschatz darauf, entdeckt zu werden.

Der Drachenkopf im Bau: Montage der Holzkonstruktion (Foto: Stadt Regensburg)
Baufortschritt: Begehbarer Drachenkopf aus Holz (Foto: Jan Niklas Jansen)
Detail der Drachenkopf-Holzstruktur (Foto: Stadt Regensburg)

„mit Herzblut bei der Sache” für den Inklusions-Spielplatz Regensburg

 

 

Angelika Diewald, hat das Projekt Ihre Perspektive oder die der Stadt auf das Thema „Inklusion“ verändert?

Angelika Diewald: Als erste bayerische Kommune wurde die Stadt Regensburg vom Verein „Kinderfreundliche Kommunen“ mit dem Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ ausgezeichnet. Mit dem Siegel werden der besondere Einsatz der Stadt für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und die lokalen Bemühungen für Kinder und Jugendliche gewürdigt. Deshalb hat auch das Thema Inklusion einen hohen Stellenwert bei der Stadt Regensburg. Wo möglich und sinnvoll, versuchen wir bei Neuplanungen bzw. Sanierungen von Spielplätzen den inklusiven Aspekt einzubeziehen.

 

Was nehmen Sie persönlich aus dem Projekt mit? Was raten Sie anderen Kommunen bei der Umsetzung?

Angelika Diewald: Die Beteiligung unterschiedlicher Nutzer*innengruppen ist immens wichtig für die konzeptionelle Planung eines Inklusionsspielplatzes. Im Dialog kann der Bedarf, der vor Ort erforderlich ist, am besten definiert werden. Wichtig ist ebenfalls, ein motiviertes Team zu haben, das mit Herzblut bei der Sache ist, so wie es hier in Regensburg der Fall ist. Gerne können sich Vertreter*innen anderer Kommunen für einen Erfahrungsaustausch bei uns melden.

 

Das Interview zum Inklusions-Spielplatz Regensburg erschien erstmals in der Märzausgabe 2021 der G+L zu den Themen Inklusion und Spielanlagen.

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