17.01.2025

Retentionsdach: Was es kann, was es nutzt

Stop the flood
Retentionsdächer bieten viele Vorteile für ein gezieltes Regenwassermanagement. Credit: Unsplash

Ein Retentionsdach ist eine spezielle Form eines begrünten Daches, das darauf ausgelegt ist, Regenwasser aufzunehmen, zu speichern und zeitverzögert an das Entwässerungssystem abzugeben. Es vereint die Vorteile von Gründächern mit einer gezielten Regenwassermanagement-Funktion. Der Hauptzweck eines Retentionsdaches besteht darin, die Abflussmenge bei Starkregenereignissen zu reduzieren und die städtische Infrastruktur zu entlasten.


Funktionsweise von Retentionsdächern

Retentionsdächer bestehen aus einem mehrschichtigen Aufbau, der eine kontrollierte Speicherung und Abgabe von Wasser ermöglicht. Der Aufbau umfasst typischerweise folgende Schichten:

  1. Vegetationsschicht: Diese Schicht besteht aus Pflanzen, die an die Bedingungen auf Dächern angepasst sind. Sie unterstützt die Wasserverdunstung und fördert die Biodiversität.
  2. Substratschicht: Eine Mischung aus mineralischen und organischen Materialien, die den Pflanzen Halt bietet und gleichzeitig als Filter für das gespeicherte Wasser dient.
  3. Wasserspeicherungsschicht: Diese Schicht besteht aus speziellen Materialien wie Retentionsmatten oder Drainageelementen, die Wasser aufnehmen und bei Bedarf langsam abgeben.
  4. Filtervlies: Verhindert das Eindringen von Feinstaub in die darunterliegende Drainageschicht.
  5. Dachabdichtung: Schützt die Gebäudestruktur vor Feuchtigkeit.

Die Wasserspeicherung erfolgt in der Speicher- oder Drainageschicht, während der Abfluss durch regulierende Systeme, wie Drosselventile, kontrolliert wird. Überschüssiges Wasser, das nicht gespeichert werden kann, wird durch Notüberläufe abgeführt.


Vorteile von Retentionsdächern

  1. Entlastung der städtischen Entwässerung

Bei Starkregenereignissen können Retentionsdächer bis zu 70–90 % des Niederschlags temporär speichern und diesen über Stunden oder Tage verteilt abgeben. Dies mindert die Gefahr von Überschwemmungen und entlastet Abwasserkanäle und Kläranlagen.

  1. Verbesserung des Mikroklimas

Die Vegetation auf Retentionsdächern reduziert die Umgebungstemperatur durch Verdunstungskühlung und bindet CO₂. Dies ist besonders in Städten mit dem sogenannten „Urban Heat Island“-Effekt von Vorteil.

  1. Förderung der Biodiversität

Durch die Verwendung von heimischen Pflanzenarten und speziellen Substraten bieten Retentionsdächer Lebensräume für Insekten, Vögel und andere Tiere.

  1. Verbesserung der Luftqualität

Die Pflanzen auf dem Dach binden Feinstaub, filtern Schadstoffe und tragen zur Verbesserung der städtischen Luft bei.

  1. Steigerung der Gebäudelebensdauer

Die zusätzliche Vegetations- und Substratschicht schützt die Dachabdichtung vor UV-Strahlung und extremen Temperaturunterschieden.


Technische Details und Materialien

Die Materialien, die für den Bau eines Retentionsdachs verwendet werden, müssen langlebig, leicht und wasserfest sein. Häufig eingesetzte Komponenten sind:

  • Drainagematten aus Polyethylen oder Polypropylen.
  • Substrate wie Lava, Bims, und organische Bestandteile.
  • Filtervliese aus Geotextilien.
  • Vegetation: Je nach Dachneigung und Klima können Sedumarten, Kräuter, Gräser oder sogar kleine Sträucher verwendet werden.

Die Bauweise kann an die spezifischen Anforderungen eines Gebäudes angepasst werden, z. B. hinsichtlich Dachneigung, Tragfähigkeit und gewünschter Speicherkapazität.


Bedeutung für städtische Gebiete

In dicht besiedelten Städten, wo versiegelte Flächen dominieren, sind Retentionsdächer besonders wichtig. Sie kompensieren fehlende natürliche Versickerungsflächen und reduzieren die Folgen von Starkregenereignissen. Zudem bieten sie eine grüne Alternative zu konventionellen Flachdächern und tragen zur ästhetischen Aufwertung von Gebäuden bei.


Herausforderungen bei Installation und Wartung

Installation:

  • Traglast: Gebäude müssen das zusätzliche Gewicht der Vegetation und des gespeicherten Wassers tragen können.
  • Kosten: Die Errichtung eines Retentionsdachs ist teurer als ein herkömmliches Flachdach.
  • Planung: Eine sorgfältige Planung durch Fachleute ist notwendig, um die Dachabdichtung und die Entwässerung ordnungsgemäß zu gestalten.

Wartung:

  • Regelmäßige Kontrolle der Pflanzen und Substratschicht.
  • Entfernung von unerwünschtem Bewuchs.
  • Inspektion der Drainagesysteme und Notüberläufe.

Gesetzliche Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten

In Deutschland und vielen anderen Ländern wird der Bau von Retentionsdächern durch Förderprogramme und gesetzliche Vorgaben unterstützt. Beispiele:

  • Deutschland: Kommunen wie Hamburg bieten Fördergelder für Gründächer an, die auch als Retentionsdächer genutzt werden. Zudem können Retentionsdächer die Abwassergebühren reduzieren, da sie den Abflussbeiwert eines Gebäudes senken.
  • Schweiz: Gesetzliche Vorschriften zur Begrünung von Flachdächern fördern die Nutzung von Retentionsdächer in urbanen Gebieten.
  • USA: Städte wie New York fördern Gründachsysteme durch Steuervergünstigungen.

Beispiele erfolgreicher Projekte

  1. Berliner Hauptbahnhof: Das Gründach des Hauptbahnhofs enthält ein integriertes Retentionssystem, das große Wassermengen speichert und abführt.
  2. Nya Karolinska Solna Krankenhaus in Stockholm: Dieses Krankenhaus kombiniert Retentionsdächer mit umfangreichen Gründachflächen, die zur Regenwasserrückhaltung und Klimaregulation beitragen.
  3. Bosco Verticale in Mailand: Die begrünten Fassaden und Dächer dieser Gebäude dienen auch der Retention und verzögerten Wasserabgabe.

Fazit

Retentionsdächer sind ein zukunftsweisendes Konzept, um den Herausforderungen urbaner Verdichtung und des Klimawandels zu begegnen. Sie bieten ökologische, ökonomische und soziale Vorteile und tragen zur nachhaltigen Entwicklung städtischer Räume bei. Trotz der anfänglichen Investitionskosten sind sie eine lohnende Maßnahme, die durch Förderprogramme und langfristige Einsparungen attraktiv gemacht werden kann.

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