In Zeiten des Klimawandels, der zu häufigeren und intensiveren Starkregenereignissen führt, sind Städte zunehmend von Überschwemmungen betroffen. Um diese Gefahr zu minimieren und die Auswirkungen von extremen Wetterereignissen zu verringern, sind innovative Lösungen im Wassermanagement gefragt. Eine vielversprechende Maßnahme sind Retentionsflächen – natürliche oder künstlich angelegte Flächen, die überschüssiges Regenwasser aufnehmen, speichern und kontrolliert wieder abgeben können. Dieser Artikel erklärt, was Retentionsflächen sind, wie sie funktionieren und warum sie eine bedeutende Rolle im städtischen Wassermanagement spielen.
Was sind Retentionsflächen?
Retentionsflächen sind Flächen, die dazu dienen, überschüssiges Wasser zu speichern und so das Risiko von Überschwemmungen zu verringern. Sie können sowohl natürliche Gebirgshänge, Feuchtgebiete oder Auenlandschaften als auch speziell angelegte Rückhaltebecken und Regenrückhaltebecken sein. Diese Flächen fangen Wasser auf, das durch Starkregen in städtische Gebiete gelangt, und verhindern so, dass die Abwassersysteme überlastet werden. Die Speicherung und verzögerte Abgabe des Wassers entlasten die Kanalsysteme und verringern das Hochwasserrisiko.
Retentionsflächen sind eine Form des sogenannten „naturnahen Wassermanagements“, das im Gegensatz zu technischen Lösungen wie starren Abwassersystemen auf die Nutzung natürlicher Prozesse setzt. Sie sind nicht nur funktional, sondern können auch ökologische Vorteile bieten, etwa durch die Förderung der Biodiversität und die Verbesserung des Mikroklimas in städtischen Gebieten.
Wie funktionieren Retentionsflächen?
Retentionsflächen arbeiten, indem sie überschüssiges Wasser aus Regenereignissen zurückhalten, um Überschwemmungen zu verhindern. Dies geschieht in mehreren Schritten:
- Wasserrückhaltung: Nach einem Starkregen sammelt sich das Wasser in der Retentionsfläche. Dies kann durch natürliche Barrieren wie Flüsse, Deiche oder eben Rückhaltebecken geschehen. Die Flächen sind so gestaltet, dass sie Wasser über einen längeren Zeitraum aufnehmen und speichern können.
- Wasserfiltration und -verdunstung: In Feuchtgebieten oder naturnahen Rückhalteflächen wird das Wasser von Pflanzen gefiltert. Das überschüssige Wasser verdunstet auch, wodurch die Umgebungstemperatur gesenkt und die Luftfeuchtigkeit stabilisiert wird.
- Langsame Abgabe: Das gespeicherte Wasser wird nach und nach wieder in das natürliche Abwassersystem abgegeben, wodurch eine Überlastung der Kanalsysteme und damit Überschwemmungen vermieden werden. Diese verzögerte Abgabe ist wichtig, um die Kapazität der städtischen Abwassersysteme nicht zu überschreiten.
Die Herausforderung besteht darin, die richtige Balance zwischen der Speicherkapazität und der Abgabegeschwindigkeit zu finden, damit das überschüssige Wasser effektiv kontrolliert wird, ohne in den städtischen Raum zurückzukehren und dort Überschwemmungen zu verursachen.
Warum sind Retentionsflächen in städtischen Gebieten besonders wichtig?
In städtischen Gebieten werden immer mehr Flächen versiegelt – durch Gebäude, Straßen und andere Infrastrukturen. Diese versiegelten Flächen verhindern, dass Regenwasser in den Boden einsickern kann, was zu einer erhöhten Oberflächenabflussrate führt. Der Regen kann nicht schnell genug in die Kanäle abfließen, wodurch die Gefahr von Überschwemmungen steigt.
Besonders problematisch ist dies in Gebieten, die mit älteren Abwassersystemen ausgestattet sind, die oft nicht für die steigenden Wassermengen durch häufigere Starkregenereignisse ausgelegt sind. Hier können Retentionsflächen als Entlastung dienen, indem sie einen Teil des Wassers aufnehmen, bevor es in das Kanalsystem gelangt.
Retentionsflächen spielen eine Schlüsselrolle in der Resilienz von Städten gegenüber den Folgen des Klimawandels. Durch den verstärkten Einsatz solcher Flächen können die Städte ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Überschwemmungen erhöhen und das Risiko von Schäden durch Wasser verringern.
Verschiedene Arten von Retentionsflächen
Es gibt verschiedene Arten von Retentionsflächen, die jeweils für unterschiedliche städtische Bedürfnisse und geographische Gegebenheiten geeignet sind:
- Feuchtgebiete: Natürliche Feuchtgebiete oder angelegte Feuchtbiotope sind effektive Retentionsflächen, da sie große Mengen Wasser speichern können. Sie bieten zudem einen Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere und tragen zur Verbesserung der Luftqualität und des Stadtklimas bei.
- Rückhaltebecken: Diese werden häufig in städtischen Gebieten gebaut, um Wasser aus Starkregenereignissen zu speichern. Rückhaltebecken sind in der Regel künstlich angelegte Becken oder Teiche, die das Regenwasser auffangen und langsam wieder abgeben.
- Regenrückhaltebecken: Diese speziellen Becken sind darauf ausgelegt, Regenwasser aus einem unmittelbaren Gebiet aufzunehmen. Sie kommen oft in Neubaugebieten zum Einsatz, um die Wassermenge zu regulieren, die in das städtische Kanalnetz gelangt.
- Gründächer und -flächen: Gründächer oder bepflanzte Flächen auf Dächern von Gebäuden können ebenfalls als Retentionsflächen dienen. Diese Flächen speichern das Regenwasser und geben es durch Verdunstung und langsames Abfließen wieder ab. Sie tragen so nicht nur zur Minderung von Überschwemmungen bei, sondern bieten auch eine zusätzliche Grünfläche im städtischen Raum.
- Versickerungsmulden: Diese sind flache Vertiefungen im Boden, die das Regenwasser aufnehmen und in den Boden versickern lassen. Sie kommen vor allem in Bereichen ohne hohe Versiegelung zum Einsatz und tragen zur Entlastung von Kanalnetzen bei.
Integration von Retentionsflächen in die Stadtplanung
Die Integration von Retentionsflächen in die Stadtplanung erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl ökologische als auch infrastrukturelle Aspekte berücksichtigt. Hier sind einige Ansätze, wie dies gelingen kann:
- Grüne Infrastruktur: Städte sollten verstärkt auf „grüne Infrastruktur“ setzen, die natürlichen Elemente wie Parks, Grünflächen und Gewässer integriert, um das Wassermanagement zu verbessern. Grüne Dächer, vertikale Gärten und begrüßte Fassaden können auch als kleine, dezentrale Retentionsflächen dienen.
- Nutzung von Freiflächen: Unbebaute oder weniger genutzte Flächen wie Parkplätze, Brachen oder Uferzonen eignen sich gut, um Retentionsflächen zu schaffen. Durch die Umwandlung von ungenutzten Flächen in naturnahe, wasserspeichernde Gebiete können diese Flächen sowohl als Rückhaltebecken als auch als Erholungsräume für die Stadtbevölkerung dienen.
- Vernetzung von Retentionsflächen: Ein Netzwerk von Retentionsflächen, das in die gesamte Stadtstruktur integriert wird, erhöht die Widerstandsfähigkeit gegenüber Starkregen. Dieses Netzwerk kann so gestaltet werden, dass Regenwasser über größere Entfernungen verteilt und kontrolliert abgeführt wird.
- Politische und rechtliche Unterstützung: Um die Schaffung von Retentionsflächen zu fördern, müssen entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen und Anreize gesetzt werden. Das könnte etwa die Förderung von Neubauten mit Retentionsflächen oder steuerliche Vorteile für Eigentümer beinhalten, die auf ihren Flächen Regenwassermanagement betreiben.
Fazit
Retentionsflächen sind eine effektive und nachhaltige Lösung zur Bekämpfung von Überschwemmungen und Starkregenereignissen in urbanen Räumen. Sie spielen eine wichtige Rolle im Wassermanagement, indem sie überschüssiges Wasser aufnehmen, speichern und verzögert wieder abgeben. Besonders in Städten, die unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden, sind diese Flächen ein unverzichtbares Element der Resilienz. Durch die Integration von Retentionsflächen in die Stadtplanung können Städte nicht nur ihre Infrastruktur entlasten, sondern auch die Lebensqualität ihrer Bewohner steigern und einen wertvollen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz leisten.
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