„Dieses Buch zeichnet den Werdegang des Deutsch-Algeriers Kamel Louafi nach, den es mit 27 Jahren nach Deutschland verschlug, wo er blieb, studierte und Landschaftsarchitekt wurde,“ wirbt der Klappentext von Stefan Lepperts Buch „Kamel Louafi – Gärten zwischen Algier und Berlin“. Eine bescheidene Beschreibung für einen renommierten Landschaftsarchitekten wie Kamel Louafi. Der Durchbruch gelang ihm mit der Gestaltung der Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover. Rund 23 Jahre später erhielt er für sein Schaffen das Bundesverdientskreuz. Leppert begleitet in seinem Buch den beruflichen und persönlichen Werdegang Louafis und skizziert die besonderen Merkmale seiner gestalterischen Philosophie.

Über Jahrzehnte hinweg begleitet
Stefan Leppert selbst ist ausgebildeter Baumschulgärtner und studierte Landespflege an der Fachhochschule, bevor er 1995 als Redakteur bei der Garten+Landschaft anfing. Fünf Jahre später gründete er ein eigenes Redaktionsbüro und arbeitet seitdem als Autor, Fotograf und Journalist. Unter anderem übersetzte er mehrere Gartenbücher und veröffentlichte eigene Werke – darunter das mit dem Deutschen Gartenbuchpreis ausgezeichnete Werk „Gärten und Wüste“. Den Landschaftsarchitekten Kamel Louafi lernte er noch in seiner Zeit bei der Garten+Landschaft kennen, als er diesen 1997 für die Reihe Landschaftsarchitektur im Profil portraitierte.
Seitdem sind einige Jahre vergangen und es ist viel passiert. Kamel Louafi zählt zu den großen Namen in der Landschaftsarchitektur und Leppert begleitete ihn über die Jahrzehnte. 2020 zog sich der Landschaftsarchitekt aus dem aktiven Büroalltag zurück und 2024 veröffentlichte Leppert schließlich das Buch über Kamel Louafi. Auf die Frage, warum er Louafi portraitierte, schreibt der Autor selbst im Vorwort: „Es hat nämlich mit, über seine Kunst der Garten- und Landschaftsgestaltung hinaus, auch mit dieser Art sich zu geben zu tun, mit diesem Bewusstsein für das Miteinander, mit einer Haltung in der Profession und in der Gesellschaft“.
Louafis Haltung berets in ersten Projekten erkannt
Dieser Haltung spürt Leppert über rund 175 Seiten nach. Dabei beleuchtet er zunächst in Auszügen den Werdegang Louafis. So beschreibt er unter anderem dessen Jugend in Algerien und wie ihn seine Familie bis heute prägt. Er geht auf Kamel Louafis Arbeit als Kartograph ein und wie ihn diese durch ein Forstprojekt in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit im Jahr 1979 erstmals nach Deutschland führte. Es folgte schließlich ein Studium der Landschaftsplanung an der TU Berlin. Nach seinem Diplom begann er im Büro MKW Müller Knippschild Wehberg – heute Lützow 7, ohne Elmar Knippschild – und betreute als Projektleiter große und komplexe Projekte wie die Gärten am Jüdischen Museum Berlin oder die Freianlagen der Heinz Galinski-Schule in Charlottenburg. Leppert sieht in diesen ersten Projekten bereits Louafis Haltung, seine Arbeit in den Dienst der Überwindung religiöser Differenzen zu stellen: „Es ging Louafi immer auch darum, diese kulturelle Motivation ins Zentrum seiner Arbeit zu rücken, Brücken zu schlagen, Grenzen zu überwinden.“
Expo 2000 Hannover – ein gigantisches Planungsprojekt
1994 verließ Louafi schließlich das Büro und nach einer kurzen Partnerschaft mit Jörg Saupe entschied er sich dann, sich nur mehr auf rein landschaftsarchitektonische Wettbewerbe zu konzentrieren. Diese Strategie zahlte sich aus: 1996 gewann er den Wettbewerb zur Gestaltung der Expo 2000 in Hannover – ein gigantisches Planungsprojekt, das ihn international bekannt machte. Leppert umreißt in seinem Buch die Gestaltung der Teilbereiche, darunter die Gärten im Wandel, den EXPO-Park Süd und den Park Agricole nur in Kürze. Neben den planerischen Konzepten beschreibt er die Herausforderungen, die Louafi während der Expo-Planung bewältigen musste. Neben den hohen Erwartungen an einen damals noch wenig bekannten Architekten gab es auch unvorhersehbare Hindernisse, wie die fehlerhafte Düngung von 2 000 Bäumen, die aufwändig freigespült werden mussten. Am Ende ging dann doch alles gut und Louafi hatte sich einen Namen gemacht.
Was Louafis Stil ausmacht
Obwohl Aufträge lockten, verkleinerte Louafi sein Büro nach der EXPO2000 wieder, er entwarf weiterhin selbst. Und er beschränkte sich weiterhin auf reine Landschaftsarchitekturprojekte. Leppert zitiert ihn mit den Worten, wenn man seinen Stil gefunden habe, verlöre man komplett das Verständnis für die teils seltsamen Vorstellungen und Wünsche der Hochbauarchitekten. Im weiteren Verlauf des Buches führt der Autor anhand anderer Projekt aus, was Louafis Stil ausmacht. Der Landschaftsarchitekt Louafi sagt: „Es war immer wichtig für mich, aus einem abstrakten oder literarischen oder philosophischen Satz, einer Formulierung die wesentlichen Elemente meiner Entwürfe abzuleiten.“
Unterwegs in Berlin mit Kamel Louafi
Leppert illustriert diese Herangehensweise anhand mehrerer Projekte, darunter der Orientalisch-Islamische Garten in Berlin-Marzahn, Entwürfe für die Buchten von Algier und Doha sowie verschiedene Ausstellungskonzepte. Ein besonderes Highlight des Buches ist eine Tour durch Berlin, bei der Louafi persönliche Orte vorstellt. Zudem findet sich ein Kapitel mit einem Frage-Antwort-Dialog zwischen dem Autor und dem Landschaftsarchitekten, das zusätzliche Einblicke in dessen Denkweise aber auch Alltägliches gewährt.
Im hinteren Drittel des Buches findet sich ein besonderes Schmankerl. So begleitet Leppert Louafi auf einer Tour durch Berlin, bei der dieser persönliche Orte zeigt. Weiterhin ist ein Kapitel als kurzes Frage-Antwort-Spiel zwischen Autor und dem Landschaftsarchitekten aufgebaut.
Spannender Überblick, teils Vertiefungen wünschenswert
An anderer Stelle schlägt das Buch jedoch auch ernstere Töne an. In drei Kapiteln mit dem Titel Fremdsein greift Leppert die Schwierigkeiten auf, denen sich Louafi als algerischer Architekt in Deutschland gegenübersah. Dazu zählen nicht nur diskriminierende Erfahrungen im Universitätskontext, sondern auch die vielfache Nichtbeachtung seiner bedeutenden Projekte und Person so wie Spannungen mit der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL). Tatsächlich kamen viele Ehrungen erst nach Ende seines aktiven Planerlebens. 2023 erhielt er unter anderem das Bundesverdienstkreuz.
Leppert schreibt über all diese Begebenheiten in locker leichter Sprache, wie über einen alten Freund. Vereinzelte Fotografien und Plandarstellungen ergänzen das Geschriebene. Am Ende findet sich eine Werkschau über realisierte und nicht realisierte Projekte. Insgesamt gibt das Buch einen spannenden Überblick – es werden jedoch auch Themen angerissen, deren weitere Vertiefung wünschenswert wäre.
Ein kleiner Kritikpunkt ist die teilweise Kürze der Kapitel. Louafis Lebenswerk hätte sicher genug Material für eine tiefere und ausführlichere Betrachtung geboten. Dennoch bietet das Buch einen spannenden Einblick in sein Schaffen und macht neugierig auf eine weitergehende Auseinandersetzung mit seiner Arbeit. Leppert gelingt es, die Essenz von Louafis Haltung und architektonischer Philosophie eindrucksvoll darzustellen.
Fazit
„Kamel Louafi – Gärten zwischen Algier und Berlin“ ist eine gelungene Biografie, die nicht nur die Karriere eines bemerkenswerten Landschaftsarchitekten nachzeichnet, sondern auch dessen gesellschaftliche und kulturelle Haltung einfängt. Mit einer gelungenen Mischung aus Fachwissen, persönlichen Anekdoten und fotografischen Einblicken bietet das Buch sowohl für Fachleute als auch für allgemein Interessierte eine bereichernde Lektüre.
„Kamel Louafi – Gärten zwischen Algier und Berlin“ erschien bei Leuenhagen & Paris. Das Buch ist auf Deutsch oder auf Arabisch erhältlich.
Weiterlesen: Mit „Gärtner der Nation“ erschien 2024 die erste kritische Biografie zu Karl Foerster, Deutschlands wohl bekanntestem Gärtner. Eine Rezension des Buchs von Lars Hopstock lesen Sie hier.