Rund um die ehemalige Sendlinger Betonfabrik im Münchener Südwesten befand sich bisher vor allem ein Industriegebiet. Doch mit dem geplanten Stadtquartier „Sugar Valley“ möchte die Stadt dies nun in Rekordzeit ändern. Jetzt gibt es erste architektonische Einblicke in das Fünf-Minuten-Quartier.
Das Sugar Valley, entwickelt von der Salvis Consulting AG, soll auf etwa 150.000 Quadratmetern Mietfläche und 20.000 Quadratmetern Freifläche als neues, stilbildendes Quartier in der bayerischen Hauptstadt entstehen. Angedacht ist eine „moderne Arbeits- und Lebenswelt, in der Architektur und Außenanlagen sowie Nachhaltigkeit, Mobilität, Digitalisierung, Nutzungsmix und New Work miteinander verbunden sind“, so die Salvis Consulting AG, ein Entwickler aus München.
Dabei soll Sugar Valley auch eines der nachhaltigsten Quartiere Deutschlands werden. Das Energiekonzept basiert ausschließlich auf natürlichen Ressourcen. Weder beim Bau noch beim Betrieb soll das Projekt zusätzliches CO2 ausstoßen und sich tatsächlich ganz auf erneuerbare Energien konzentrieren.
Besser als daheim
Die Stadt München zeigte von Anfang an viel Interesse für die Bebauung des Areals rund um die alte Sendlinger Betonfabrik. Der Aufstellungsbeschluss erfolgte im Mai 2019, gefolgt vom ersten stadtplanerischen Workshop für ein derartiges Projekt in der Stadt. Innerhalb kurzer Zeit konnte die Stadt einen Bebauungsplan verabschieden und so ihrem Ziel, die gut an den ÖPNV angebundene städtische Brache zu entwickeln, ein Stück näherkommen.
Das Sugar Valley soll laut Stadtbaurätin Prof. Dr. Elisabeth Merk ein zukunftsfestes Stadtquartier werden, „welches Impulsgeber für die gesamte Stadt und für Obersendling ein identitätsstiftender und vielfältig nutzbarer Ort sein wird“.
Im ersten Bauabschnitt sollen bis 2027 drei Gebäude mit Büroflächen, öffentlichen Funktionen und eine Veranstaltungs- und Markthalle entstehen. Im Vergabeverfahren setzten sich die Architekturbüros J.MAYER.H und Partner, Architekten mbH aus Berlin und Cobe aus Kopenhagen gegen zehn andere internationale Büros durch. Laut Jury konnten beide Büros die Blaupause für eine positive Work-Life-Integration sehr gut umsetzen. Die beiden Entwürfe unterstützen damit das Motto von Sugar Valley: „besser als daheim“. Die Herausforderung wird darin bestehen, Menschen durch außergewöhnlich hohe Aufenthaltsqualität dazu einzuladen, ihr Homeoffice zu verlassen.
Eine Fünf-Minuten-Stadt in Bayern
Das Sugar Valley ist ein Leuchtturmprojekt für München. Unter anderem macht es 20.000 Quadratmeter Grün- und Freifläche für die Bevölkerung zugänglich – an einem Ort, wo früher täglich 175 Lkws verkehrten. Die voll versiegelte, leerstehende Industriebrache mit ihren Ruinen wird zu einer blühenden, nachhaltigen Landschaft. Dies soll laut Ulrich O. Fischer, Vorstand der Salvis Consulting AG, ein „architektonisches Ausrufezeichen auf internationalem Niveau“ werden und den Münchener*innen zugleich mehr Freiraum mit über 150 neu gepflanzten Bäumen geben.
Angedacht ist eine Fünf-Minuten-Stadt innerhalb der bayerischen Hauptstadt. Möglich wird dies durch die durchdachte Mischnutzung mit Bereichen für Arbeiten, Wohnen und Freizeitgestaltung. Obersendling bietet gute Voraussetzungen: Der Stadtteil ist sehr gut an das ÖPNV-Netzwerk angebunden, befindet sich fußläufig zur Isar und punktet mit schönen Blicken auf die Alpen sowie die Stadtsilhouette von München.
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Zwischennutzungsaspekte werden weitergeführt
Zum Sugar Valley gehört auch der Sugar Mountain, eine Anspielung auf den Zuckerhut in Rio de Janeiro. Rund um die alte Betonfabrik in Sendling befindet sich bereits dieses Areal, das im Rahmen einer Zwischennutzung zum Anwohnertreffpunkt für Kultur und Freizeit geworden ist. In Teilen soll diese Idee in das neue Konzept integriert werden.
Aber der beliebte bunte Turm, der derzeit den Sugar Mountain markiert, wird im September 2024 abgerissen. Danach beginnt der Neubau des neuen Quartiers Sugar Valley. Ein lachendes und ein weinendes Auge begleiten den geplanten Abriss. So erfreut sich etwa der bisherige Basketballplatz des Sugar Mountain einer intensiven Nutzung. Er könnte demnächst auf eines der neuen Dächer umziehen. Auch ein Pool sowie begrünte Dachterrassen sind auf den Türmen geplant. Denn die Aspekte Kunst, Kultur, Freizeit und Sport, die die Zwischennutzung definierten, sollen auch im Sugar Valley eine zentrale Rolle haben.
Sugar Valley könnte bis 2031 fertig sein
Insgesamt werden im Sugar Valley elf Gebäude entstehen, drei davon Hochhäuser mit Co-Working, Gastro, Fitness und Büros sowie Wohnungen. Über 30 Nutzungsarten aus allen Lebensbereichen und für alle Bevölkerungsgruppen sind vorgesehen. Dabei stehen die Mischnutzung und die Idee einer 5-Minuten-Stadt im Vordergrund. Soziale Begegnungsräume, Arbeitsplätze und direkte Einkaufsmöglichkeiten sollen leicht erreichbar sein.
Auch nachhaltig soll es zugehen: In einem 100-Punkte-Plan sind 100 Einzelmaßnahmen vorgesehen, die die Nachhaltigkeit des Projektes von Anfang an sichern sollen. Dazu gehören etwa Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, die Nutzung oberflächennaher Geothermie, Sonne und Wind, der Einsatz von Wärmepumpen sowie ein klimaneutraler Bau. So könnte das Sugar Valley Münchens erstes Quartier werden, das beim Heizen und Kühlen CO2-neutral vorgeht.
Das Mobilitätskonzept klingt sehr modern: Oberirdisch soll das Sugar Valley autofrei sein. Parken ist in einer neuen Tiefgarage möglich, die Platz für 1.200 Autos bietet und auch E-Ladesäulen hat. 1.500 Radstellplätze sowie ein Radweg mitten durch das Quartier, der bis an die Isar führt, bieten Alternativen. Und mit der U-Bahn ist der Marienplatz in 13 Minuten erreicht.
2027 sollen für einen Preis von 300 Millionen die ersten drei Gebäude, inklusive einem 80 Meter hohen Büroturm, stehen. Bis zum letzten Bauabschnitt des Vorhabens könnte es 2031 werden. Es braucht also noch etwas Geduld, um das ganze Ergebnis zu sehen. Die 250 geplanten Mietwohnungen, davon 80 gefördert und 170 frei finanziert, werden gegen Ende des Projektes fertiggestellt.
Übrigens: Auch am Münchner Dreilingsweg soll ein neues Quartier entstehen, das aus einer vorwiegend landwirtschaftlich genutzten Fläche eine attraktive Nachbarschaft macht.