09.06.2025

Gesellschaft

Urban Heat Lab: Innovative Forschung für die klimaresiliente Stadt

Beat the Heat
Vertikale Begrünung als Teil des Urban Heat Lab: Effektive Maßnahme zur Kühlung von Gebäudefassaden und Verbesserung des Mikroklimas in der Stadt. Foto von Nate St. George auf Unsplash
Vertikale Begrünung als Teil des Urban Heat Lab: Effektive Maßnahme zur Kühlung von Gebäudefassaden und Verbesserung des Mikroklimas in der Stadt. Foto von Nate St. George auf Unsplash

Städte stehen im Zeitalter des Klimawandels vor einer ihrer größten Herausforderungen: Immer häufigere und intensivere Hitzewellen gefährden Gesundheit, Lebensqualität und Infrastruktur. Das Urban Heat Lab ist ein ambitioniertes Forschungsfeld, das sich dieser Problematik mit innovativen Ansätzen stellt. Ziel ist es, nachhaltige, praxisnahe Lösungen für die urbane Hitzevorsorge zu entwickeln und die Ergebnisse direkt in die kommunale Klimapolitik zu integrieren.


Was ist das Urban Heat Lab?

Das Urban Heat Lab ist ein vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) initiiertes Forschungsfeld. Im Rahmen von neun kommunalen Modellvorhaben werden bis 2027 ganzheitliche Konzepte für die Hitzevorsorge in dicht bebauten und gemischt genutzten Stadtquartieren erprobt. Jedes Modellvorhaben erhält eine Förderung von 120.000 Euro, um innovative und übertragbare Lösungen zu entwickeln.


Ansätze: Ganzheitlich, innovativ und praxisnah

Das Urban Heat Lab verfolgt einen breit angelegten Ansatz, der sowohl bauliche und städtebauliche als auch naturbasierte Maßnahmen umfasst. Im Mittelpunkt stehen:

  • Gebäude und Grundstücke: Anpassung von Bausubstanz und Freiflächen, etwa durch Begrünung, Verschattung oder kühlende Fassaden.

  • Öffentliche Räume: Schaffung von Aufenthaltsorten mit Verdunstungskühlung („Cooling Points“), Nutzung von Regenwasser zur Bewässerung und Kühlung, Entwicklung von Schwammstadt-Prinzipien.

  • Digitale Werkzeuge: Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Identifikation von Hitze-Hotspots und Entwicklung webbasierter Tools zum Monitoring und Controlling von Klimaanpassungsmaßnahmen.

  • Soziale Innovation: Beteiligung der Stadtgesellschaft, Aktivierung privater Akteure und Stärkung des sozialen Zusammenhalts in den Quartieren.

Ein zentrales Auswahlkriterium für die Modellvorhaben war der Innovationsgehalt der Maßnahmen sowie die ämterübergreifende Zusammenarbeit und Kooperation mit der Wohnungswirtschaft und privaten Eigentümer*innen.


Die Modellprojekte im Überblick

Die neun ausgewählten Städte und Quartiere stehen exemplarisch für die Vielfalt urbaner Herausforderungen und Lösungswege:

  • Berlin-Lichtenberg: KI-gestützte Identifikation von Hitze-Hotspots und Ad-hoc-Maßnahmen der Hitzevorsorge.

  • Berlin-Neukölln: Reallabor in der High-Deck-Siedlung, Entwicklung von Verschattungs- und Kühlungsmaßnahmen gemeinsam mit den Bewohner*innen.

  • Berlin-Pankow: Aufbau von „Cooling Points“ im Mauerpark, um die Hitzebelastung durch Verdunstungskühlung zu senken.

  • Essen: Großes Sanierungsvorhaben zur Steigerung der Hitzeresilienz im Quartier, inklusive webbasiertem Geoinformationssystem zur Bündelung von Maßnahmen.

  • Hagen: Strategien zur Hitzereduktion im hoch verdichteten Bahnhofsviertel, Verknüpfung mit städtebaulicher Sanierung.

  • Halle (Saale): Entwicklung modellierbarer Maßnahmen zur Vermeidung von Hitzeinseln in der Innenstadt, Übertragbarkeit auf andere Kommunen.

  • Mainz: Entwicklung eines webbasierten Tools für Monitoring und Kommunikation von Anpassungsmaßnahmen.

  • Potsdam: Erprobung klimaangepasster Quartiersentwicklung im sozial herausgeforderten Kietz Schlaatz.

  • Rheine: Innovative Planungsstrategie und Monitoring für ein Schwammstadtquartier auf einem ehemaligen Kasernengelände.


Forschungsergebnisse: Neue Wege für die urbane Hitzevorsorge

Die ersten Ergebnisse aus den Urban Heat Labs zeigen, dass eine Kombination aus technischen, naturbasierten und sozialen Maßnahmen besonders wirksam ist:

  • KI und Digitalisierung: Der Einsatz von KI ermöglicht eine präzise Erfassung von Hitze-Hotspots und die Entwicklung maßgeschneiderter, schnell umsetzbarer Maßnahmen.

  • Naturbasierte Lösungen: Begrünte Dächer, Fassaden und öffentliche Flächen verringern die Oberflächentemperaturen messbar und verbessern das Mikroklima in den Quartieren.

  • Partizipation: Die Einbindung der Bevölkerung führt zu höherer Akzeptanz und Wirksamkeit der Maßnahmen, wie das Reallabor in Berlin-Neukölln eindrucksvoll belegt.

  • Monitoring und Steuerung: Digitale Tools wie das Mainzer Monitoring-System ermöglichen eine kontinuierliche Erfolgskontrolle und flexible Anpassung der Maßnahmen an neue Herausforderungen.

Diese Erkenntnisse werden durch wissenschaftliche Begleitung und regelmäßige Fachgespräche, Kongresse und den Austausch zwischen den Kommunen kontinuierlich weiterentwickelt und verbreitet.


Einfluss auf die urbane Klimapolitik

Die Urban Heat Labs setzen wichtige Impulse für die Klimapolitik in deutschen Städten:

  • Politische Agenda: Die Forschungsergebnisse fließen direkt in die Entwicklung und Fortschreibung kommunaler Klimaanpassungsstrategien ein.

  • Übertragbarkeit: Die Vielfalt der Modellprojekte zeigt, dass Lösungen flexibel an lokale Gegebenheiten angepasst werden können. Erfolgreiche Maßnahmen werden als „Best Practices“ bundesweit kommuniziert und adaptiert.

  • Vernetzung: Die Urban Heat Labs fördern die ämterübergreifende Zusammenarbeit in den Kommunen und stärken die Kooperation mit externen Akteuren wie Wohnungswirtschaft, Stadtgesellschaft und Wissenschaft.

  • Förderprogramme: Die Erkenntnisse dienen als Grundlage für zukünftige Förderprogramme auf Bundes- und Landesebene zur urbanen Klimaanpassung.


Urban Heat Lab als Motor für die klimaresiliente Stadt

Das Urban Heat Lab ist mehr als ein Forschungsprojekt – es ist ein Reallabor für die Stadt der Zukunft. Mit innovativen, ganzheitlichen Ansätzen und der konsequenten Einbindung von Wissenschaft, Verwaltung und Stadtgesellschaft entstehen Lösungen, die den urbanen Raum widerstandsfähig gegen die Folgen des Klimawandels machen. Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen prägen bereits heute die Klimapolitik vieler Städte und werden künftig bundesweit Maßstäbe für eine nachhaltige, lebenswerte Stadtentwicklung setzen.

Das Urban Heat Lab steht damit sinnbildlich für eine neue Generation der Stadtforschung: praxisorientiert, kooperativ und zukunftsweisend – für Städte, die auch in heißen Zeiten lebenswert bleiben.

 

Mehr zu Beat the Heat erfahren Sie hier.

 

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