01.12.2024

Urbane Biodiversität: Platzgestaltung für Mensch und Natur

Nachhaltige Stadtplanung fördert die Biodiversität: Wie die Gestaltung urbaner Räume das Zusammenleben von Mensch und Natur stärkt. Foto: nathalieburblis via pixabay
Nachhaltige Stadtplanung fördert die Biodiversität: Wie die Gestaltung urbaner Räume das Zusammenleben von Mensch und Natur stärkt. Foto: nathalieburblis via pixabay

In Zeiten der fortschreitenden Urbanisierung wird die Förderung der Biodiversität in Städten zunehmend als Schlüssel zu einer nachhaltigen und lebenswerten Zukunft erkannt.

Eine aktuelle Studie der Technischen Universität München (TUM) zeigt, wie durch gezielte Gestaltung von städtischen Plätzen nicht nur das Wohlbefinden der Menschen gesteigert werden kann, sondern auch der Lebensraum für Pflanzen und Tiere optimiert wird. Dieser Artikel beleuchtet, wie die Stadtplanung von morgen durch den Fokus auf Biodiversität und ökologische Nachhaltigkeit sowohl den Menschen als auch der Natur zugutekommt.


Die Bedeutung der Biodiversität für das Stadtklima

Biodiversität – die Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten – ist die Grundlage für stabile und resiliente Ökosysteme. Insbesondere in städtischen Räumen, die durch Versiegelung und hohe Bebauungsdichte geprägt sind, wird es zunehmend wichtiger, diese Vielfalt zu fördern. Artenreiche Grünflächen tragen nicht nur zur Verbesserung des Stadtklimas bei, sondern stärken auch das menschliche Immunsystem, fördern das Wohlbefinden und haben positive Auswirkungen auf das Mikrobiom, die mikrobiellen Organismen, die im und auf dem menschlichen Körper leben. Diese Erkenntnisse untermauern die Dringlichkeit, die Umweltgestaltung in Städten verstärkt auf biologische Vielfalt auszurichten.

Die Vorteile einer artenreichen Umgebung sind weitreichend: Studien zeigen, dass Grünflächen das Stressniveau senken, die Luftqualität verbessern und die Lebensqualität erhöhen können. Besonders in dicht besiedelten Stadtteilen sind grüne Oasen für die mentalen und physischen Bedürfnisse der Bewohner unverzichtbar. Das städtische Grün hat somit nicht nur eine ästhetische Funktion, sondern leistet einen echten Beitrag zum Wohlbefinden der Menschen.


Eine Studie der TUM zeigt: Biodiversität lässt sich gezielt fördern

Forscher der TUM haben im Rahmen einer umfangreichen Untersuchung 103 öffentliche Plätze in München auf ihre Biodiversität hin analysiert. Ziel war es herauszufinden, wie unterschiedliche Gestaltungselemente wie Pflanzenarten, Bodenbeschaffenheit und die Nähe zu natürlichen Lebensräumen das Vorkommen von Flora und Fauna beeinflussen. Die Ergebnisse zeigen ein klares Bild: Auf Plätzen, die bewusst und differenziert begrünt wurden, siedeln sich deutlich mehr Arten an als auf weitgehend versiegelten Flächen.

Ein Beispiel: Auf dem stark versiegelten Marienplatz fanden die Forschenden lediglich 20 Arten, darunter einige Insekten und wenige Vögel. Ganz anders der Pfrontener Platz, der mit Bäumen, Büschen und Rasenflächen ausgestattet wurde – hier konnten 156 Arten, darunter 21 Vogelarten, nachgewiesen werden. Diese Studie verdeutlicht, dass mehr Grün in der Stadt, insbesondere eine sorgfältige Auswahl der Pflanzenarten, eine wesentliche Rolle für die Artenvielfalt spielt. Die Forscher wiesen zudem darauf hin, dass auch die Größe der Fläche eine Rolle spielt – größere Flächen bieten mehr Raum für die Ansiedlung von verschiedenen Arten.


Grünflächen sind nicht gleich Grünflächen

Die Forschungsergebnisse unterstreichen, dass nicht jede Art von Grünfläche denselben positiven Einfluss auf die Biodiversität hat. Während Rasenflächen in der Regel vielen Arten zugutekommen, insbesondere Bodenlebewesen, die als Nahrung für größere Tiere dienen, sind Bäume und Büsche für bestimmte Tierarten von besonderer Bedeutung. Eine abwechslungsreiche Bepflanzung, die unterschiedliche Lebensräume und Nahrungsquellen bereitstellt, ist daher entscheidend für die Förderung der Artenvielfalt.

Besonders vorteilhaft sind kombinierte Grünflächen, die Bäume und Sträucher mit offenen Rasenflächen und Blühpflanzen verbinden. Diese Mischung schafft ein vielfältiges Habitat für verschiedene Arten und ermöglicht es, die Biodiversität in der Stadt gezielt zu fördern. Auch die Auswahl der Pflanzen spielt eine Rolle: Einheimische Pflanzenarten sind oft besser an das lokale Klima angepasst und bieten somit besseren Lebensraum für die einheimische Fauna.

Darüber hinaus können auch verschiedene Baumarten eine wichtige Funktion übernehmen, da sie unterschiedliche Nahrungsquellen und Lebensräume für Tiere wie Vögel, Insekten oder Kleinsäuger bereitstellen. Auch vertikale Begrünungen, wie begrünte Wände oder Dächer, können zusätzliche Lebensräume schaffen, besonders in dicht bebauten Stadtteilen.


Lokale Gegebenheiten und die Bedürfnisse der Tiere berücksichtigen

Ein zentraler Punkt der Studie ist, dass die Gestaltung öffentlicher Plätze nicht nach dem „Einheitsmaßstab“ erfolgen sollte. Jeder Ort hat seine eigenen Gegebenheiten, die bei der Planung berücksichtigt werden müssen. Die Bedürfnisse der ansässigen Tierarten und die klimatischen Bedingungen eines Stadtteils spielen eine große Rolle dabei, welche Pflanzen und Strukturen geeignet sind, die lokale Biodiversität zu fördern.

Ein Beispiel aus der Praxis: Wer gezielt Bienenarten anlocken möchte, sollte nicht nur nektarreiche Blumen pflanzen, sondern auch offene Flächen für den Nestbau bereitstellen. Da Bienen Wärme bevorzugen, sind auch Stadtkerngebiete mit ausreichend Sonnenlicht gute Standorte für solche Maßnahmen. Ebenso ist es sinnvoll, künstliche Nistmöglichkeiten für Vögel oder Fledermäuse zu schaffen, um die Artenvielfalt weiter zu fördern. Der Fokus sollte nicht nur auf den sichtbaren Aspekten der Natur liegen, sondern auch auf der Förderung von Mikrohabitatstrukturen, wie etwa Komposthaufen oder Totholz, die vielen Tieren als Lebensraum dienen.


Nachhaltige Stadtplanung für eine bessere Zukunft

Die Ergebnisse der TUM-Studie machen deutlich, dass bereits mit wenigen gezielten Maßnahmen viel erreicht werden kann. Es muss nicht immer ein großflächiger Umbau erfolgen, sondern oft genügt es, die bestehenden Flächen gezielt so zu gestalten, dass sie die Biodiversität fördern. Die Integration von natürlichen Elementen in die Stadtplanung ist somit ein einfacher, aber effektiver Weg, um nicht nur die Lebensqualität der Stadtbewohner zu erhöhen, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt zu leisten.

Die Stadtplanung der Zukunft muss also den Blick auf das Zusammenspiel von Mensch, Tier und Umwelt schärfen. Eine nachhaltig gestaltete urbane Landschaft bietet nicht nur den Menschen mehr Lebensqualität, sondern fördert auch den Erhalt wertvoller Ökosysteme und trägt zur Bekämpfung der Klimakrise bei. Die Studie der TUM liefert einen wichtigen Anstoß, diesen Wandel in der Stadtplanung aktiv voranzutreiben.


Die Zukunft der Stadtplanung ist grün

Die gezielte Förderung der Biodiversität in urbanen Räumen ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Städte, die die Bedürfnisse von Flora und Fauna in ihre Planungen einbeziehen, schaffen nicht nur lebenswerte Räume für ihre Bewohner, sondern leisten einen aktiven Beitrag zur Bewahrung unserer Umwelt. Durch eine nachhaltige Gestaltung öffentlicher Plätze können Städte nicht nur grüner, sondern auch widerstandsfähiger gegenüber den Herausforderungen des Klimawandels werden.

Zukunftsfähige Städte zeichnen sich durch ihre Fähigkeit aus, Natur und urbane Infrastruktur miteinander zu verbinden. Wenn die Natur als aktiver Bestandteil urbaner Planung betrachtet wird, entsteht ein Raum, der nicht nur die biologische Vielfalt fördert, sondern auch den sozialen und kulturellen Werten einer Gemeinschaft zugutekommt.

 

Mehr über die Ergebnisse der COP15 und die globalen Bemühungen zum Schutz der Biodiversität können Sie in unserem Artikel dazu erfahren – lesen Sie hier weiter.

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