05.03.2025

Projekt

NEUE MITTEL- UND VOLKSSCHULE CARLBERGERGASSE

Die Mittel- und Volksschule in der Carlbergergasse in Wien von korbwurf landschaftsarchitektur. Foto: Architekturfotografie Romana Fürnkranz
Für die Erweiterung der Mittelschule in der Carlbergergasse in Wien um eine Volksschule realisierten die Planer*innen einen Baukörper auf ungewöhnlichem Grundriss: Die charakteristische Sternform des Gebäudes wurde schließlich auch für den Freiraum zum gestaltprägenden Element. Für die Außenanlagen der neuen Mittel- und Volksschule Carlbergergasse zeichnet das Büro korbwurf landschaftsarchitektur verantwortlich. In einer Projektvorstellung stellen das Büro sein Konzept und dessen Ausgestaltung vor.

Sternenform für ausgezeichnete Beleuchtung

Die bestehende Neue Mittelschule Carlbergergasse in Wien Liesing erweitert nun ein Volksschulzubau mit 17 Klassen. Anstatt die Lücke in der Bestandsstruktur zu schließen, wurde ein eigenständiger Baukörper in Sternform hinzugefügt. Dieser Stern wirkt auf den ersten Blick formal expressiv, entsteht jedoch aus einem sehr rationalen Ansatz: Er schafft mit seiner differenziert-kubischen Ausprägung ein spannendes neues Raumgefüge mit einer ausgezeichneten Belichtungssituation. Die Klassen werden durch die sternförmige Anordnung zweiseitig belichtet und belüftet. Die Bereiche zwischen den Bildungsräumen sind flexibel schaltbar und dienen entweder als Gruppenräume oder differenzierte helle Pausenflächen.


Sternenmotiv wiederholt aufgegriffen

Das Gebäude hat in seiner unkonventionellen Ausprägung auch eine identitätsstiftende Funktion für die neue Schule. Entlang der Canevalestraße entsteht ein zusätzlicher Eingang mit einem definierten Vorbereich. Das Projekt sieht hier keine geschlossene hohe Front vor, wie es nach den Bebauungsbestimmungen möglich gewesen wäre. Stattdessen teilt es sich in den viergeschossigen „Stern“ und einen eingeschossigen Bereich, auf dem sich die große windgeschützte Terrasse befindet. Diese große Terrasse schließt die bereits bestehende Terrasse der Neuen Mittelschule mit ein und sorgt für ein qualitativ hochwertiges Freiraumangebot für die Nutzer*innen.

Im Erdgeschoß befindet sich die große Aula mit angelagertem Speisesaal. Über einen Luftraum ist die Aula mit der Zentralgarderobe im Untergeschoß verbunden. Dadurch besteht auch ein Sichtbezug zum unterirdischen Turnsaal. Dieser ist über einen eigenen Sporteingang auch für externe Veranstaltungen nutzbar. Im südlichen Bereich des Erdgeschoßes sind der Teamraum sowie die Personalräume untergebracht. Diese werden über eingeschnittene Patiohöfe belichtet.

Das Motiv des Sterns wurde im Planungsprozess an unterschiedlichen Stellen als Fraktal wieder aufgegriffen: In der Fräsung den bronzefarbenen Verbundplatten der Alucobond-Fassade, wie auch als Muster im Anlaufschutz der Glastüren und als Ausgangsform eines Lese-Sitzmöbels.


Dachterrasse mit flexibler Nutzung

Die charakteristische Gebäudestruktur des Schulneubaus wird auch für den Freiraum zum gestaltprägenden Element. Die Dynamik des Gebäudes spiegelt sich in Form von Belagsmustern und Möblierungen im Freiraum wieder. Je näher man sich dem Neubau nähert, desto klarer und gleichmäßiger werden die typischen Hexagon-Formen. Dadurch betonen sie die Eingänge und erleichtern die Orientierung. Im Übergang zur Umgebung reagieren und transformieren sich die gleichseitigen Hexagons zu größeren, ungleichseitigen Hexagonformen. Diese betten dadurch die Raumstruktur in das Umfeld ein und verweben sie miteinander. Das Gestaltungskonzept setzt sich über alle Freiraumbereiche fort und erzeugt dadurch einen identitätsstiftenden Freiraum mit hohem Wiedererkennungswert.

Der bestehende Schulgarten mit zahlreichen Spielflächen erfuhr keine Veränderung und ist nun um einen zusätzlichen Sportplatz erweitert. Im Zuge des Neubaus sollte der Innenhof und die erweiterte Dachterrasse im ersten Obergeschoss neu gestaltet werden. Dabei sollte hier vor allem eine offene und flexible Nutzung mit viel Bewegungsfreiheit möglich werden.

Foto: Architekturfotografie Romana Fürnkranz
Foto: Architekturfotografie Romana Fürnkranz
Foto: Architekturfotografie Romana Fürnkranz
Foto: Architekturfotografie Romana Fürnkranz

Begrünung auf der Kellerdecke

Den großen Innenhof befestigt ein fugenloser Belag aus wasserdurchlässigem, offenporigem Drainasphalt. Teilweise erfolgte eine Oberflächenfärbung mit rutschfester Asphaltbeschichtung. Diese legt die typischen Hexagonformen durch den Kontrast zwischen Färbung und roher Asphaltoberfläche frei. Das prägnante Belagsmuster animiert zusätzlich zum Spielen und Bewegen zwischen den Formen und betont gleichzeitig Treffpunkte und Aufenthaltsbereiche. Erhöhte Pflanzinseln mit Sitzrand und kommunikative Sitzgruppen mit Tischen bieten unter schattenspendenden Laubbäumen attraktive und vielfältige Verweilangebote. Die offene Gestaltung des Innenhofs ermöglicht eine flexible Bespielung und Bewegung. Eine Treppenanlage mit Sitzstufen verbindet den Innenhof mit der Dachterrasse im ersten Obergeschoss.

Die Lichthöfe im Erdgeschoss werden als Ruhe- und Schauhöfe mit weichen, vegetativen Elementen ausgestaltet. Leicht erhöhte Pflanzflächen mit erhöhtem Substrataufbau ermöglichen eine intensive Begrünung mit Stauden, Ziergräsern und Kleingehölzen auf der Kellerdecke.


Dachbegrünung mit Obststräuchern und Erdbeeren

Der Vorplatz greift die gleiche Gestaltungssprache wie die exklusiven Freibereiche der Bildungseinrichtung auf, um den Wiedererkennungswert zu erhöhen. Allerdings wechselt die Färbung der Asphaltoberfläche zum Innenhof invers. Das heißt, im öffentlichen Bereich sind die Hexagonformen im Asphalt gefärbt und nicht die Zwischenräume wie im Innenhof. Dadurch erhält der Vorplatz seinen eigenen Charakter und bleibt gleichzeitig als zusammenhängender Schulfreiraum erkennbar. Die Belagsstruktur leitet zu den Eingängen und definiert Aufenthaltsbereiche. Erhöhte Pflanzinseln mit Sitzrand laden zum Verweilen ein und bilden gleichzeitig einen Grünpuffer. Die teilweise bestehende Baumreihe entlang der Canevalestraße wird fortgesetzt und fasst den Vorplatz räumlich. Fahrrrad- und Scooterständer werden gebäudenah situiert.

Die mit dem Innenhof verbundene Dachterrasse im ersten Obergeschoss fügt sich in die gesamtheitliche Formensprache ein. Pflanzinseln mit Sitzrändern aus Holz verteilen sich locker über die erweiterte Dachterrasse und erlauben eine intensive Dachbegrünung mit Obststräuchern und Erdbeeren. Die bestehende Terrassenfläche strukturieren in den Randbereichen begehbare Grünflächen in Form von extensiven Dachbegrünungen mit Wiesencharakter um. Dies verbessert auch das Mikroklima. Wind- und Sonnenschutz bieten zusätzlich charakteristische Holzpavillons in Hexagon-Form, die mit Kletterpflanzen ein grünes Schattendach bilden.


Projektinfos: Neue Mittel- und Volksschule Carlbergergasse

Ort: Carlbergergasse 72, 1230 Wien

Architektur: Klammer Zeleny Architekten

Landschaftsarchitektur: korbwurf landschaftsarchitektur

Bauherrin: Stadt Wien, MA56 – Wiener Schulen

Fertigstellung: September 2020

Fotos: Architekturfotografie Romana Fürnkranz

 

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