Vom 4. bis 8. November 2024 fand in Kairo das 12. World Urban Forum, organisiert von UN Habitat, statt. Diese wichtige Konferenz gibt es alle zwei Jahre und dient dazu, Stadtexpert*innen aus aller Welt zusammenzubringen, um Lösungsansätze für Herausforderungen in Städten zu teilen und von der Gaststadt zu lernen. Über 20.000 Personen nahmen teil, ein Großteil aus afrikanischen Ländern, und formulierten den Cairo Call for Action.
Die New Urban Agenda leitet die nachhaltige Stadtentwicklung weltweit, unterstützt vom Nachhaltigen Entwicklungsziel Nr. 11. Das World Urban Forum von UN Habitat dient dazu, alle zwei Jahre den Fortschritt dieser Leitlinien zu überprüfen und voneinander zu lernen. Bis zur Deadline der 2030-Agenda ist es nicht mehr lange, und angesichts der Tatsache, dass das 11. Nachhaltige Entwicklungsziel hinterherhinkt, war das diesjährige Treffen besonders wichtig. 96 Bürgermeister*innen aus verschiedenen Ländern, Expert*innen aus der Stadtverwaltung, Architekt*innen, Stadtplaner*innen und viele andere Interessierte waren vor Ort, um Lösungsansätze zu teilen und Inspiration zu finden.
Strategien für technologischen Fortschritt
Neben Themen wie Klimawandel, Wohnungsknappheit, Ungleichheiten, Konflikten und der Rolle von Kindern und Jugendlichen ging es beim WUF12 auch um das Potenzial von Daten und Technologie. Das Lincoln Institute of Land Policy organisierte dazu ein spannendes Panel mit Bürgermeistern aus Bristol, Kairo, Quelimane und Athen, moderiert von Anthony Flint. Dieses Event zeigte, wie einflussreich Bürgermeister*innen und lokale Regierungen sind, wenn es darum geht, Stadtentwicklung vor Ort umzusetzen.
Zum Beispiel erklärte Dr. Ibrahim Seber, Gouverneur von Kairo, wie die Megastadt mithilfe von Datenanalysen ihre Infrastruktur im Blick behält. Unter anderem geht dies über Datenbanken, die zeigen, wo Wasser- und Abwasserleitungen verlaufen und wann diese gewartet werden müssen. Zur Finanzierung der vielen Projekte in Kairo bieten neben großen auch viele kleine Unternehmen ihre Unterstützung an – denn gerade im Tourismus gibt es viel Wachstumspotenzial.
Quelimane in Mosambik verlässt sich beim Thema Landrechte auf Technologie. Angesichts der rasch wachsenden Bevölkerung in der viertgrößten Stadt des Landes gibt es viele Konflikte um Grundstücke. Mithilfe einer GIS-basierten App kann die Stadtverwaltung nun den Überblick behalten und zudem Vorschriften für den Umweltschutz machen, die an jedes Grundstück angepasst sind.
Und in Athen spielt das Internet of Things eine wichtige Rolle, etwa per Sensoren an Mülleimern und Rollstuhlrampen. Bürger*innen können Schlaglöcher, Müll und weitere Probleme in der Stadt per App an die Verwaltung melden. Dabei betont der frühere Bürgermeister, Kostas Bakoyannis, dass die Bedürfnisse der Bürgerschaft stets eine größere Rolle spielen sollten als der technologische Fortschritt.
Stadtentwicklungsstrategie ohne Menschen
Kairo war eine interessante Wahl für eine Konferenz über nachhaltige Stadtentwicklung. Der Slogan “It all starts at home” – es fängt zuhause an – lud dazu ein, die Stadt unter den diskutierten Gesichtspunkten zu betrachten. Die zahlreichen Baustellen zeigen die hohen Ambitionen der ägyptischen Hauptstadt und Abdel Farrah el-Sisi, Präsident des Landes, versprach grüne, intelligente Infrastruktur während der Eröffnungszeremonie. Zugleich muss die Stadt, die mit 23 Millionen Einwohner*innen in etwa so groß ist wie Mexiko City, mit raschem Bevölkerungswachstum, Wohnungsknappheit und Landkonflikten umgehen.
Einer der Ansätze der Regierung besteht darin, die informellen Siedlungen in der Altstadt zu demolieren und die Bewohner*innen in Sozialbauprojekte umzusiedeln. Reichere Menschen werden in der neuen Hauptstadt, die derzeit in rasantem Tempo in der Wüste entsteht, wohnen. Bisher leben allerdings nur 2.000 Menschen in dieser Stadt vom Reißbrett mit ihren 12-spurigen Straßen, monotonen Wohnsiedlungen, einem Central Business District und keinerlei Grünflächen oder gemischter Nutzung. Ein einziger Zug soll öffentlichen Nahverkehr für bis zu 8 Millionen Menschen bieten.
In der Altstadt hingegen geht es sehr lebhaft zu. Zwischen brausendem Verkehr und großen touristischen Projekten sind wertvolle Zeugnisse der vielen Versionen von Kairo zu finden – koptisch, islamisch, französisch. Aber es scheint, als wären die Menschen nicht zentral für die Stadtentwicklungsstrategie.
Nächstes Treffen im Mai 2026
Die zwölfte Ausgabe des World Urban Forum war die bisher größte Konferenz dieser Art. Da über die Hälfte der Weltbevölkerung inzwischen in Städten lebt und dort oft den Folgen des Klimawandels ausgesetzt ist, ist es wichtiger denn je, eine nachhaltige Stadtentwicklung zu diskutieren. Die Konferenz zeigte, wie wichtig lokale Handlungs- und Lösungsansätze sind, aber auch, dass wesentliche Finanzierungsengpässe bestehen.
Anacláudia Rossbach, Direktorin von UN Habitat, beschrieb die vier wichtigsten Prioritäten, die sich aus der Konferenz ergeben haben, wie folgt: „die dringliche Lösung der Wohnungskrise, die eng mit anderen Krisen verknüpft ist; gerechte und nachhaltige Finanzierung für Stadtentwicklung; existierende Lösungen dokumentieren, teilen und von ihnen lernen, um schneller zu handeln; und das Potenzial von Koalitionen und Partnerschaften nutzen.“
Die Delegierten sind nun auf dem Rückweg oder direkt bei der nächsten Konferenz, der COP29 in Baku, und erinnern sich dabei hoffentlich an den Cairo Call to Action. Dieses Dokument fasst alle Ergebnisse des WUF12 zusammen. Beim nächsten World Urban Forum, geplant für Mai 2026, ebenfalls in Baku, Aserbaidschan, werden Städte dann ihren Fortschritt sichten.
Weiterlesen: Das letzte World Urban Forum fand 2022 in Katowice, Polen, statt.