Im Jahr 2022 setzte The Economist Zürich auf den dritten Platz der lebenswertesten Städte der Welt. Auch in Architektur und Landschaftsarchitektur macht die Schweizer Metropole immer wieder von sich reden. Jüngst durch ihren beispielhaften Umgang mit dem Thema Hitze. Was die Maßnahmen und Projekte in Kanton und Stadt ausmachen und warum sie dennoch auch kritisch beäugt werden – eine Übersicht.
Zürichs Klimaanpassungsprogramm zur Hitzeminderung 2020-2023: Strategien und Maßnahmen
Die Stadt Zürich hat mit der Umsetzungsagenda 2020-2023 ein umfassendes Klimaanpassungsprogramm zur Hitzeminderung entwickelt. Das Ziel dieses Programms ist es, Lösungen gegen die Überhitzung der Stadt zu finden, um die Lebensqualität zu erhalten und die Gesundheit der Bewohner*innen zu schützen. Hierfür arbeiteten mehrere städtische Abteilungen gemeinsam an diesem Programm, das drei Hauptziele verfolgt: Überwärmung im gesamten Stadtgebiet zu vermeiden, vulnerable Stadtgebiete gezielt zu entlasten und das bestehende Kaltluftsystem der Stadt zu erhalten.
Leitfaden
Die Agenda dient dabei als Leitfaden für die Umsetzung verschiedener stadt- und freiraumplanerischer Projekte. Sie klärt die Verbindlichkeiten und gibt einen umfassenden Überblick über die Ziele, Grundlagen, Kosten und Finanzierung. Ein Maßnahmenkatalog steht Verwaltung, Planenden und Bauenden zur Verfügung und zeigt durch Handlungsfelder, Handlungsansätze und Modellierungsgebiete auf, wie Klimaanpassung konkret aussehen kann und welche Effekte sie hat.
Teilpläne zur Hitzeminderung
- Hitzeminderung: Klimakarten und Analysen zeigen die Wärmebelastung in den Stadtgebieten. Je nach Stadtstruktur wird die richtige Mischung an Maßnahmen gefunden, die Ansätze für Tag und Nacht unterscheiden.
- Entlastungssysteme: Dieser Teilplan unterscheidet dichte Bereiche und Gebiete mit sensiblen Nutzungen, wie Schulen oder Alterszentren. Neue Grünflächen werden geschaffen und bestehende aufgewertet. Ein klimaoptimiertes Wegenetz verbindet die Grünräume.
- Kaltluftsystem: Der dritte Teilplan sichert die Nachtabkühlung durch Erhalt und Optimierung der Kaltluftströme.
Analog meets digital
Basierend auf Klimaanalysekarten hat die Abteilung Luft, Klima und Strahlung des Amtes für Abfall, Wasser, Energie und Luft ein zusätzliches Planungstool entwickelt. Bauträgerschaften, Entwickler*innen und Fachplaner*innen können sich hierüber Informationen zu Maßnahmen einsehen und in ihre Planungen integrieren. Das Tool „Hitze im Siedlungsraum“ schlägt Maßnahmen wie Dach- und Fassadenbegrünung, Beschattung von Straßen und Flächen, Regenwasserrückhalt und -speicherung sowie die Umsetzung von Wasserflächen oder Entsiegelung vor.
Das Webangebot „Hitze im Siedlungsraum“ ergänzt dieses Planungstool. Hier finden Planende umfassende Informationen und Beispiele aus dem Kanton Zürich, die die Vorteile der Maßnahmen verdeutlichen. Die Website schlägt Maßnahmen für Städtebau, Gebäude und Freiraum vor, um die klimatischen Bedingungen in Siedlungsräumen nachhaltig zu verbessern.
Zwhatt: Ein Leuchtturmprojekt
Im Entwicklungsgebiet „Bahnhof Nord“ transformiert das Pionierprojekt Zwhatt das Areal im Rahmen des Pilotprogramms „Anpassung an den Klimawandel“. Zwhatt strebt eine autoarme Zone an, setzt auf ÖPNV und Fahrradstellplätze und nutzt erneuerbare Energien durch Photovoltaikanlagen und Grundwasser. Eine zentrale Promenade sorgt für die Kaltluftzirkulation, und Baumreihen bieten notwendige Beschattung. Das Projekt erfordert eine hohe Koordination und einen regelmäßigen Austausch aller Beteiligten. Konflikte wie Lärmschutz versus Durchlüftung werden kritisch reflektiert.
Turbinenplatz: Innovative Kühlmaßnahmen
Auf dem Turbinenplatz im Escher-Wyss-Areal hat die Stadt 2021 zusätzliche Bäume gepflanzt, um die Sommerhitze zu mindern. Kurzfristig hilft seit 2022 ein Aluminiumring mit Nebeldüsen, der bei Temperaturen über 30 Grad feinen Nebel versprüht und den Platz bis zu zehn Grad kühler macht. Das Pilotprojekt „Alto Zürrus“ läuft bis Herbst 2024 und sammelt Daten zur Luftqualität und Temperatur.
Cool down Zurich – Wir kühlen die Stadt
Eine Ausstellung in der Stadtgärtnerei zeigte, wie Pflanzen, Wasser, Schatten und helle Oberflächen für kühlere Temperaturen sorgen. Die hohe Bedeutung von Grünflächen, Bäumen und Kaltluftströmen wurde eindrucksvoll verdeutlicht. Besucher*innen konnten an verschiedenen Stationen Lösungen gegen die Erwärmung entdecken.
Zürich geht mit neuen Strategien und Maßnahmen aktiv gegen die Sommerhitze vor. Trotz Kritik an verzögertem Handeln setzt die Stadt auf innovative Lösungen und bleibt eine führende Metropole in der Hitzeminderung. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie effektiv die Maßnahmen sind und welche Erkenntnisse sich daraus ableiten lassen.
Fazit
Die Stadt Zürich hat mit ihrem Klimaanpassungsprogramm zur Hitzeminderung eine umfassende Strategie entwickelt, um die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen. Die verschiedenen Maßnahmen und Projekte sollen die Lebensqualität der Bewohner*innen sichern und die Stadt widerstandsfähiger gegen Hitze machen. Der Erfolg dieser Maßnahmen wird sich in den kommenden Jahren zeigen und dient als Vorbild für andere Städte.