Wird gegenwärtig der gute alte Volkspark, das Vorbild aus dem frühen 20. Jahrhundert, als „Smart Park“ neu erfunden? Multifunktionale Parks nämlich, die vor 20 bis 30 Jahren entstanden und den Bedürfnissen aller gerecht werden wollten, lassen jegliche Intensität vermissen und sind langweilig, so eine der Ausgangsthesen beim Auftaktpanel des Berliner Architekturfestivals Make City. Dort ging es zwei Wochen lang, in einer Art stadtumfassenden Ausstellung um Orte, Plätze, Gebäude und Ideen zum Thema „urbane Ressourcen, neu aufgelegt“. Der Traum: eine Stadt, die von unten umgekrempelt wird, vorbei an trägen Politikern, Stadtentwicklern und bedrohlichen Investoren. In Berlin wurde er schon oft verwirklicht, auch während des Festivals wurden zahlreiche Projekte mit Gemeinsinn, sogenannte „common grounds“, näher untersucht.
Gleich am ersten Tag stellten vier Berliner Landschaftsarchitekten, initiiert von Steffan Robel, A24 Landschaft, ihren Park der Zukunft vor, befragt von Kuratorin Francesca Fergusson, wie man diese neuen Räume verstehen könne, wie man sich in ihnen verhalten wird und wie sie zu entwerfen sind. Das lockte sehr viele junge Zuhörer an und, wen wundert’s, es standen mal wieder genau die Parks im Rampenlicht, die gerade everybodies darling sind, Superkilen in Kopenhagen und der Park am Gleisdreieck in Berlin, beide auf ihre Art einfach herausragend gut. Aber warum?
Im Superkilen ersetzten die Planer von Superflex, Bjarke Ingels Group und Topotek1 Pflanzen und Bäume weitgehend durch grafische Bodenfigurinen und Farbeffekte, ergänzt um eine Open-Air-Sammlung symbolhafter Objekte. Dass der Park im gleichnamigen, von Migranten bewohnten Stadtteil, diesen Siegeszug um die Welt antritt, mag auch am iPhone liegen. Apple hatte, um für die herausragende Fotoqualität seiner neusten Handy-Serie zu werben, einen Platzausschnitt in Magazinen und haushohen digitalen Plakaten annonciert. Die weißen geschwungenen Linien auf grauem Grund wurden zu einem rund um den Globus wiedererkanntem Signet. Wie Martin Rein-Cano, Topotek 1, erzählte, meldeten Freunde oder andere Planer per E-Mail, wo überall, von Südamerika bis Asien, ihnen Superkilen als Bild begegnet war. „Wir mischen und schaffen neue Identitäten für verschiedene Kulturen in einer Gesellschaft, die durch permanente Immigration dynamisch ist“, erklärt Rein-Cano. Die Landschaftarchitekten rannten buchstäblich von Tür zu Tür, um die Anwohner zur Partizipation zu bewegen – die wollten nämlich erst gar nicht mitmachen – und erhielten Ideen für individuelle Stadtmöbel: Bank, Brunnen oder Leuchte, alle zitieren nun die Heimatländer der Neu-Kopenhagener.
Seinen Park am Gleisdreieck betrachtet Leonard Grosch, Atelier Loidl, als „Performative Park“ und liefert einen 6 Punkte-Katalog, sozusagen das kleine Einmaleins seiner Planung. Grundlage bilden die Strukturen des Parks als Hardware. Dazu addiert sich im nächsten Schritt ein Programm, das sämtliche Alters- und Bevölkerungsgruppen abholt. Drittens ist alles, was an Aneignung vor Ort vor Beginn der Planung gelaufen ist, zu berücksichtigen. Das fällt ihm inzwischen leichter. „In den letzten fünf Jahren habe ich mich wirklich geändert und begonnen, den ‚eco-stuff‘ zu lieben“, betont Grosch rückblickend auf die Bürgerbeteiligung zur einstigen Bahnbrache. Punkt Vier: Ein wirklich gutes Design stimuliert die Parkbesucher so wie es fünftens Kommunikation fördert. Ihn werde es wohl sein Leben lang interessieren, wie man Menschen zusammenbringt, meint Grosch. Und schließlich, nicht zu vergessen, die Natur: Gestaltete Landschaft und Wildnis finden zueinander.
Mit Design, das „Freiräume natürlich denken lässt und ihnen trotzdem Atmosphäre gibt“ experimentiert auch A24. Erfolgreich, wie der Mangfallpark in Rosenheim an den Ufern von Isar und Mangfall zeigt, indem sie Wassermanagement, Wasserreinigung und Resilienz durch kunstvolle Brückenarchitektur ergänzten. Für Steffan Robel machen ingenieurbiologische Verfahren das Update des Volksparks zum Smart Park aus, nur möchte er weg vom ingenieur-technokratischen Ansatz. Besonders spannend wird das dort, wo für Investoren wie im Fall des Bürgerparks Weinstadt, im idyllischen Weinbaugebiet an der Rems, auf früheren Streuobstwiesen und Ackerflächen gebaut wird. Überwiegend nicht aus öffentlichen Flächen bestehend, soll der neue Park dennoch eine Verbindung für fünf andere Ortsteile schaffen, die Rems wird renaturiert und die Landschaftsarchitekten hoffen, zu Urban Gardening motivieren zu können. Der Volkspark 2.0 also ein Modell nicht nur für Städte, sondern auch für ländliche Regionen? Warum nicht? Das Geheimnis eines guten Parks besteht allein darin, um in Leonard Groschs Worten zu sprechen, „die Menschen ernst zu nehmen“.