Platz statt Straße
Den Individualverkehr aus der Innenstadt zu verbannen und dafür vielfältige Stadtplätze zu schaffen, ist das ambitionierte Ziel eines aktuellen Stadtentwicklungskonzepts Barcelonas. Noch befindet es sich in der Erprobung, hat aber großes Potenzial, Vorbild auch für andere Großstädte zu sein.
Barcelona gilt bereits als Mekka für moderne Architektur und Städtebau. Jetzt bringt die Stadt wieder ein vielversprechendes Konzept auf den Weg: den Superblock, Superilla auf Katalanisch. „Jeder Superblock ist eine kleine Stadt mit eigenem Charakter“, wirbt die Stadtverwaltung auf ihrer Homepage. Der Superblock ist Teil eines radikalen und ambitionierten Stadterneuerungskonzepts, das durch die Abwendung von der autofreundlichen Stadt nicht nur neue Grünflächen und Plätze schafft, sondern eine neue Form der Stadt an sich darstellt. Der Name Superblock bezieht sich auf die Wohnblocks (illa) des rasterförmig aufgebauten Eixample, der Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts. Das bahnbrechende Planwerk des Ingenieurs Ildefons Cerdà basierte ursprünglich auf der Idee der luft- und lichtdurchlässigen grünen Stadt. Spekulation und wachsender Wohnungsdruck ließen den Grünflächenanteil jedoch schwinden – von über einem Drittel auf heute 0,6 Prozent. Schlechte Luft und hohe Feinstaubwerte beeinträchtigen nicht zuletzt deshalb die Lebensqualität in der Stadt. Besonders im Zentrum kann die Hitze im Sommer unerträglich werden. Vom Verkehr ganz zu schweigen.
Der Superblock nimmt daher im Mobilitätsplan der Stadt eine zentrale Rolle ein. Er besteht aus drei mal drei Wohnblocks des Cerdà-Rasters und ist etwa 400 mal 400 Meter groß. Indem man die Autos teilweise verbannt, sollen sich Fußgänger und Radfahrer die Straßen, Parkplätze und Kreuzungen erobern. Im Katalanischen heißt das pacificar el carrer, was wörtlich „die Straße befrieden“ oder „aussöhnen“ bedeutet. Die Rückeroberung des Straßenraums manifestiert das Recht für alle auf zugänglichen öffentlichen Raum – auf Kommunikation und Partizipation, Austausch, Kultur und Wissen, Spiel und Erholung. Es ist auch eine Rückkehr zu mediterranen Traditionen, in denen sich das Alltagsleben schon immer zum Großteil im Freien abspielte. Geplant sind insgesamt 503 Superblocks mit einer Gesamtgröße von 700 Fußballfeldern. Das entspricht fast der Hälfte der derzeitigen Straßenfläche Barcelonas. Der öffentliche Nahverkehr, insbesondere die Buslinien, und das Radwegenetz sollen massiv ausgebaut und dem System der Superblocks angepasst werden. So soll sich der Autoverkehr dort künftig um 21 Prozent verringern.
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