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Bellevue di Monaco oder Das Märchen von Goldgrund

von Vera Baeriswyl
04.03.202115.03.2021
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Das Bellevue di Monaco ist eine Institution in München: Die Sozialgenossenschaft unterhält drei Gebäude an der Müllerstraße 2-6 im Glockenbachviertel und setzt sich für Geflüchtete ein. Wie es dazu kam? Alles begann mit einem sehr elaborierten Scherz …

Die Müllerstraße 6 mit dem Café und dem Dachsportplatz ist das Aushängeschild des Bellevue di Monaco eG. (Foto: hirner & riehl)

 

Es waren einmal drei Freunde, die genug hatten vom Münchner Immobilienwahn. Sie packten Satire, Witz und Makler-Sprech und zogen aus in die Stadt, um den Münchner*innen den Spiegel vorzuhalten – so beginnt das Märchen von Goldgrund, das von sozialem Engagement handelt, und den Ergebnissen, die man damit erzielen kann. Enden tut es (vorerst) mit einem Dachsportplatz, dem Bolzplatz, der das Wohnhaus des sogenannten „Bellevue di Monaco“ an der Müllerstraße 6 in München seit September 2020 schmückt.

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Aber zurück zum Anfang. Es war 2012 als die drei Freunde Till Hoffmann, Christian Ganzer und Alex Rühle mit Blick auf die stetig steigenden Immobilienpreise in München echt. Keinen. Bock mehr hatten auf die zunehmende Gentrifizierung der Stadt. Kurzerhand entschieden sich die drei für eine humorvolle Art des Protests: Sie schufen eine fiktive Immobilienfirma, funktionierten eine Galerie in ein Maklerbüro um und besorgten Visualisierungen und Pläne, mit denen sie einen Flyer druckten, der in Schwabings Briefkästen landete. Sie nannten sich übrigens „Goldgrund Immobilien Organisation“ – merken Sie sich das, es wird später noch wichtig werden.

Scharade führt Immobilienwahn ad absurdum

Auf diesen Flyern priesen sie eine neue Immobilie an, die bald die Münchner Freiheit aufwerten sollte – die Arche de Munich. In schönstem Makler-Sprech priesen sie die Vorzüge der Immobilie an: „Unsere Architekten zaubern eine lichtdurchflutete Fassade auf die bislang ungenutzte Brache der Münchner Freiheit, die die Leichtigkeit des Steins zum Strahlen bringt und sich nahtlos in die urbane Umgebung schmiegt. Vor allem aber bieten wir Ihnen mit dem Arche de Munich in Zeiten sozialer Kälte ein behagliches und sicheres Refugium: Doorman-Service, Double-Carport, Airport-Shuttle-Service und eigenes U-Bahn-Entrée – damit Sie Ihre ganz eigene Münchner Freiheit genießen können.“ (Die gesamte Projektbeschreibung und die Visualisierungen finden Sie hier.)

Es dauerte nicht lang bis die Kunstaktion von Hoffmann, Ganzer und Rühle in der Stadt für Furore sorgte. Sie wurde ernst genommen, wie ein Brief der Münchner Stadtbaurätin Elisabeth Merk aus dem gleichen Jahr zeigt, in dem sie die Immobilienfirma darauf aufmerksam macht, dass ein Projekt dieser Größenordnung Partizipation, einen Planungs-Wettbewerb und mindestens 30 Prozent sozialen Wohnungsbau erfordert.

Heute erinnert noch der Internetauftritt von Goldgrund an die Kunstaktion. (Quelle: www.goldgrund.org)

Die Immobilienfirma löste die Scharade erst auf, als empörte Münchner*innen im Maklerbüro statt einer Verkaufsveranstaltung für die Luxuswohnungen ein Symposium zum Thema „Wem gehört die Stadt? Den Investoren oder uns?“ vorfanden. Mit der Aktion führten die drei Freunde die Immobilien-Situation in München ad absurdum – und fanden Geschmack daran. Es erstaunt daher nicht, dass es nicht allein bei dieser einen Aktion blieb .

Zentrum für Unterbringung und Kulturarbeit

Im Herbst 2012 setzten Hoffmann, Ganzer und Rühle allerdings nicht auf Satire, sondern agierten ernsthaft. Es sollte der Beginn des Bellevue di Monacos werden. Alles startete damit, den Bolzplatz neben der Glockenbachwerkstatt zu erhalten dessen Überbauung zur Diskussion stand. Die Glockenbachwerkstatt ist ein Bürgerhaus in München und zugleich ein Verein, der sich auf Kinder- und Jugendarbeit spezialisiert und der angrenzende Bolzplatz ein wichtiger Freiraum im Viertel, für den sich viele Münchner*innen erfolgreich einsetzten: Er konnte vor der drohenden Bebauung gerettet werden.

Die darauffolgende Aktion der Goldgrund-Gründer lag nicht nur geografisch nahe am Bolzplatz, sondern auch ideologisch: Es ging um die an den Bolzplatz angrenzenden städtischen Häuser der Müllerstraße 2-6, die von der Stadt abgerissen werden sollten. Mithilfe einer Guerilla-Renovierungsaktion im Jahr 2013 sowie Energiegutachten und Stellungnahmen von Statiker*innen sorgten sie gemeinsam mit vielen weiteren engagierten Münchner*innen dafür, dass die Stadt die Häuser renoviert, statt sie abzureißen.

Im Zuge der damals gerade aufkommenden Flüchtlingskrise vernetzten sich die engagierten Münchner*innen mit Menschen aus dem Kultur- und Sozialbereich und stellten der Stadt 2014 ihr Konzept „Bellevue di Monaco“ vor: Die Müllerstraße 2-6 sollte zu einem Zentrum für Unterbringung und Kulturarbeit werden. Der Gedanke dahinter: Anstatt die Themen Flucht und Migration an die Ränder der Stadt und somit aus den Augen und dem Sinn ihrer Bewohner*innen zu verbannen, sollte mit dem Bellevue di Monaco ein Begegnungsort in der Stadt entstehen, der Verständnis, Toleranz und Respekt in der Stadtgesellschaft fördert. Mit dem Konzept konnte die Bürger*innenbewegung die Stadt München überzeugen, die die drei Gebäude der Müllerstraße 2-6 erhielt.

Graue Energie sparen

2015 nahm der Münchner Stadtrat erst den Abrissbeschluss für die Häuser der Müllerstraße 2-6 zurück. Danach formte sich aus dem Aktionsbündnis offiziell die gemeinnützige Sozialgenossenschaft Bellevue di Monaco eG, die im EU-weiten Ausschreibungsverfahren der Landeshauptstadt München den Zuschlag für den Betrieb der Gebäude und die Durchführung des Kulturprogramms erhielt.

2016 durfte die Sozialgenossenschaft einen 40-jährigen Pachtvertrag unterzeichnen. Daraufhin schrieb die Bellevue di Monaco eG einen Wettbewerb für die Sanierung der drei städtischen Häuser aus, wobei sich hirner & riehl architekten und stadtplaner gegen die anderen fünf geladenen Teilnehmer*innen durchsetzten.

hirner & riehl entwickelten daraufhin mit der Genossenschaft das Nutzungskonzept für die Gebäude und planten die Sanierung. Ziel dabei: so viel Bestand wie möglich sichern. Die Planer*innen setzten auf Ressourcenschonung, was das Projekt aber nicht kostengünstiger machte: „Wir prüften sämtliche Standards der Gebäude und entschieden, was erhaltenswert war“, erläutert Matthias Marschner, der Partner bei hirner & riehl ist und an der Rettungsaktion für die Gebäude beteiligt war.

„Das hieß, dass wir etwa die Fenster von 1958 sanierten, statt neue zu kaufen. Die alten Fenster sind jetzt vergleichbar mit neuen, aber gekostet hat uns das nicht weniger, als wenn wir sie ersetzt hätten.“ Trotzdem glauben Marschner und seine Kolleg*innen bei hirner & riehl daran, auf den Erhalt von Bestand zu setzen: „In jedem alten Gebäude ist graue Energie gespeichert, die verloren geht, wenn man es abreißt.“

Bellevue di Monaco zollt Goldenes Tribut

Die drei Häuser der Müllerstraße sind heute längst fertig saniert: In der Müllerstraße 2 befindet sich die Verwaltung der Bellevue di Monaco eG, in der sich die Genossenschaft organisiert, in der Kulturveranstaltungen und diverse Kursangebote für Geflüchtete stattfinden. Ein Haus weiter, in der Nummer 4 finden sich Wohnräume für Familien mit Fluchthintergrund und das Wohnhaus an der Müllerstraße 6 schließt das Ensemble mit Wohnangeboten für junge Geflüchtete ab.

Außen hui – innen auch. Das Café ist mit schicken Möbeln ausgestattet, die gemeinsam mit Geflüchteten entwickelt wurden. (Foto: Regina Recht)
Auch die Möbel nehmen den goldenen Faden auf, der seit der Goldgrund Immobilien Organisation alles verbindet. (Foto: Goin)

Die Nummer 6 sticht heraus – nicht nur durch das Infocafé, das sich in seinem Erdgeschoss befindet und Begegnungsort für Münchner*innen und Geflüchtete ist. Übrigens: Die Möbelkollektion „Stück für Stück“, die das Café mit den schicken Bars und Kaffeehäusern im umliegenden Szene-Viertel Glockenbach mithalten lässt, entsteht ebenfalls in Zusammenarbeit mit Geflüchteten. Entwickelt hat sie Marschner gemeinsam mit dem Designer Michael Geldmacher, Geflüchteten, Studierenden und interessierten Freiwilligen. Hier erfahren Sie mehr über das Projekt.

Besonders einzigartig macht die Nummer 6 aber der Bolzplatz, der sich seit September 2020 auf ihrem Dach befindet. Er ist der erste seiner Art in München und erregt bereits großes Aufsehen – solange er bespielt werden konnte, war er ausgebucht. Gerade befindet er sich aber im coronabedingten Winterschlaf. Wie es zu dem Projekt kam und welche Herausforderungen ein Dachsportplatz mit sich bringt, lesen Sie in der Garten+Landschaft 03/21 mit dem Themenfokus Spielräume.

Eine letzte Sache: Erinnern Sie sich an den Namen „Goldgrund Immobilien Organisation“? Die Kunstaktion, der die Gründung des Bellevue di Monacos eigentlich zugrunde liegt, blieb allen Beteiligten in bester Erinnerung. Über die Jahre hat die Farbe Gold sie alle stets begleitet – heute zollen die goldenen Elemente der Müllerstraße 2-6, wie etwa die Balkonbrüstungen, die Möbel des Cafés oder der goldene Ballfangzaun des Dachsportplatzes, den drei Freunden Till Hoffmann, Christian Ganzer und Alex Rühle Tribut.

Lesen Sie hier das Interview mit Rüdiger Heid zum Thema Sport und Integration und die Rolle der gemeinnützigen GmbH buntkicktgut beim Dachsportplatz.

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