buntkicktgut unterstützt die Bellevue di Monaco eG mit seiner Expertise, was Sport und Integration angeht. Wie profitiert buntkicktgut von der Zusammenarbeit?
Durch das Projekt erhalten wir mehr Reichweite und werden nochmal anders wahrgenommen – auch von Münchner*innen, die uns bisher nicht kannten. Wir sind im Sportgeschehen der Stadt München seit über 20 Jahren fest verankert, vielfach ausgezeichnet und medial präsent, als Münchner Exportschlager der spielerischen Integration und wirkungsvollen Quartiers- und Jugendarbeit gefeiert. Die große Aufmerksamkeit für die innovative Geschichte des Dachsportplatzes lenkt auch neue Blicke auf uns. Die aufwändige Logistik und Organisation der Platzbelegung bringt ganz neue und verschiedene Nutzer*innengruppen mit uns in Verbindung, von denen sich einige überrascht zeigen, von buntkicktgut noch nichts gehört zu haben, die sich interessieren für unsere konzeptionelle Besonderheit und ihre direkte Unterstützung anbieten.
Welche Reaktionen haben Sie bisher auf den Dachbolzplatz erhalten?
Leider konnten wir den Dachsportplatz nach seiner Eröffnung am 15. Oktober nur etwa drei bis vier Wochen für interessierte Nutzer*innengruppen oder Einzelpersonen geöffnet halten. Danach kam der Lockdown und wir ließen ihn über den Winter bisher geschlossen. Dennoch gab es eine unbeschreibliche Resonanz: von Sportler*innen, von Medien, von Filmemacher*innen, Fotograf*innen, von Nachbar*innen, von Firmen, Schulen, unseren Kids und Jugendlichen. Die Vielfalt der Anfragen zeigte, wie groß die Wahrnehmung und vor allem die Neugier auf den Platz ist.
Es gab keine einzige negative oder kritische Reaktion, nur durchweg positive. Die Grundaussage war meistens: „Endlich tut sich etwas in der Stadt: etwas Innovatives, etwas für alle, etwas, das Mut macht für Neues.“ Der öffentliche Raum wird dabei gerne allgemein thematisiert, die vielen ungenutzten Dächer in der Stadt, von postmodernen Bürogebäuden bis zu funktionalen Lagerhallen, vom Innenstadtgürtel bis ins Umland.
Warum ist der öffentliche Raum für Jugendarbeit so wichtig?
Gerade für Jugendliche, die in beengten Wohnverhältnissen und großen Familien aufwachsen, sind die Bolzplätze und öffentlichen Anlagen das verlängerte Wohnzimmer, ein sozialer Aufenthaltsort, an dem sie sich zeigen können und sowohl ihre Persönlichkeit als auch Identifikationen mit dem Quartier und mit Vorbildern vor Ort entwickeln können.
“buntkicktgut nutzt Sport um aktive Partizipation in der Stadtgesellschaft zu forcieren.”
Welchen Stellenwert haben Sport und Jugendarbeit in Münchens Umgang mit öffentlichem Raum?
Viele Flächen im öffentlichen Raum lassen noch Gestaltungmöglichkeiten zu und müssten dazu umgewidmet werden. Aber das politische Bemühen in den letzten 20 Jahren zeigt in die richtige Richtung. Die Berücksichtigung von Jugend und Sport in der Stadtplanung und in der Gestaltung des öffentlichen Raums wurde deutlich verstärkt – das ist gerade bei Nutzungs- und Interessenskonflikten besonders deutlich erkennbar. Das beste Beispiel hierfür zeigt sich gerade im Bellevue di Monaco, wo ein Investor*innen- und Rendite-Interesse dem öffentlichen Interesse weichen musste. Einst extensiv geschaffene Räume für den motorisierten Individualverkehr werden behutsam umgewandelt in autofreie Zonen, Fußgänger*innenbereiche, Plätze mit Aufenthaltsqualität. Auch bestehende Grünanlagen werden neu gestaltet, gute Bolzplätze und attraktive Infrastruktur für Outdoor- und Trendsportarten gehören inzwischen zum Planungsstandard bei Neubaugebieten und bei neu für Öffentlichkeit gewonnenen Räumen.
Zum Schluss: Was hat Straßenfußball eigentlich mit Stadtplanung zu tun?
Initiativen wie buntkicktgut nutzen den Katalysator „Sport“ um aktive Partizipation in der Stadtgesellschaft zu forcieren und zu strukturieren. Als Geograph wurde mir schon im ersten erfolgreichen Jahr von buntkicktgut in der Flüchtlingsarbeit klar, dass sich diese Wirkung des Straßenfußballs mit seinem Fokus auf Identifikation und Partizipation auf die Stadtteilarbeit übertragen und in der Stadtplanung einsetzen lässt. Ganz unbescheiden lässt sich daher sicher der Rolle von buntkicktgut bei der Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung bezüglich der Nutzung des öffentlichen Raums einiges zuschreiben.
Alles über den Bolzplatz auf dem Bellevue di Monaco erfahren Sie in der G+L 03/21: Spielräume.