05.04.2020

Gesellschaft

Die Stadt als Prozessor


“Die Medienstadt Hamburg wurde sehr früh damit konfrontiert, dass sich die großen Verlagshäuser neu erfinden mussten.”

Hamburg surft auf einer digitalen Erfolgswelle: Bitkom zeichnet die Stadt als smarteste Stadt Deutschlands aus, und die Hansestadt selber trumpft Anfang 2020 mit einer umfassenden Digitalstrategie auf. Wir haben uns das 60-Seiten-Papier genauer angeschaut, mit den verantwortlichen Personen gesprochen und untersucht, wie viel digitalen Fortschritt das „Tor zur Welt“ tatsächlich bereits bietet.

Was macht eine digitale Stadt aus? Diese Frage ging wohl auch Olaf Scholz durch den Kopf. Im Jahr 2015 rief er als amtierender Bürgermeister von Hamburg die „Strategie Digitale Stadt“ ins Leben. Die in Rekordzeit von dreieinhalb Monaten erarbeitete „Digitalstrategie für Hamburg“ stellt eine Weiterentwicklung der damaligen Überlegungen dar, die einen breiten strategischen Ansatz verfolgt.

Ordnungsrahmen dieses 60 Seiten langen, im Januar 2020 veröffentlichten Senatsbeschlusses sind sogenannte Digitale Räume, für die ressortübergreifend Konzepte für die digitale Zukunft erarbeitet wurden. Sie unterteilen sich in „Urbanes Leben“, „Mobilität und Energie“, „Wirtschaft und Arbeitswelten“ und „Sicherheit und Rechtswesen“. Daneben wurden „Wissen und Bildung“, „Kultur, Sport und Freizeit“ sowie „Gesundheit und Soziales“ untersucht. Ziel ist das Voranbringen der Digitalisierung in der gesamten Stadt – smart werden, um weiterhin zukunftsfähig, lebenswert, wettbewerbsfähig und handlungsfähig zu bleiben.

Der damalige Chef der Senatskanzlei Christoph Krupp schuf die Grundstrukturen dazu. „Hamburg hat vielleicht früher als andere Städte erlebt, wie die Digitalisierung ganze Wirtschaftszweige dazu zwingt, sich von Grund auf neu aufzustellen“, sagt er. „Die Medienstadt Hamburg wurde sehr früh damit konfrontiert, dass sich die großen Verlagshäuser neu erfinden mussten. Die großen Handelskonzerne waren gezwungen, die Herausforderungen des E-Commerce anzunehmen. Zur gleichen Zeit konnte man viele Digitalisierungsinitiativen in der Stadt beobachten.“

Was aus den ersten Gedanken entstand, ist keine eingleisige Weiterentwicklung, sondern ein sehr breit gedachter Digitalansatz, in den neben allen elf Behörden der Hansestadt auch Projekte der öffentlichen Unternehmen, zum Beispiel des Nahverkehrs, eingebunden wurden. „Die Digitalen Räume orientieren sich am Blickwinkel der Bürgerinnen und Bürger“, sagt Jörg Schmoll, Leiter der Abteilung Digitalstrategie und Kommunikation des 2018 gegründeten Amtes für IT und Digitalisierung der Hamburger Senatskanzlei. „Wie bewegen sie sich durch die Stadt? Wo liegen die Berührungspunkte, die sie mit Digitalisierungsprojekten haben?“ Auch die Frage nach dem Umgang von Daten in Bezug auf Verfügbarkeit, Vereinheitlichung und Data Governance wurde gestellt.

Woran merken Hamburger, dass sie in einer digitalen Stadt wohnen?

Kann man jetzt beispielsweise sein Baby per Mausklick beim Standesamt anmelden? „Ja, das geht“, lächelt Jörg Schmoll. „Mit dem Service ‚Kinderleicht zum Kindergeld‘ lässt sich nicht nur die Geburtsurkunde, sondern auch gleich das Kindergeld beantragen. Für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen haben wir ein Service-Portal mit mehr als 80 Online-Dienstleistungen, die viele Wege zum Amt überflüssig machen. Um Vorhaben schneller realisieren zu können, gehen heutzutage auch Dienste online, die noch nicht im ersten Schritt 100 Prozent aller möglichen Vorgänge eines Verfahrens abdecken. Dennoch ist auch mit der zunächst kleinen digitalen Lösung schon ein erheblicher Mehrwert für Bürger und Verwaltungsmitarbeiter verbunden.“

Für die rund 60 000 Verwaltungsmitarbeiter der Hansestadt bedeutet die Zunahme des elektronischen Workflows, dass immer weniger Wagen mit roten und grünen Mappen über die Flure der Behörden rollen.

Den vollständigen Text lesen Sie in G+L 4/2020. 

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