„Swantje Kühn wurde nicht zur Rechenschaft gezogen“
Die Februarausgabe der Garten und Landschaft zum Thema „Frauen in der Planung“, die unter anderem die Diskriminierung von Frauen in der Planung sichtbar macht, hat die Aufmerksamkeit von Kamel Louafi erregt und den Landschaftsarchitekten dazu bewogen sich zum jüngsten Diskriminierungsfall aus unserer Branche zu äußern.
Sie haben es vermutlich mitbekommen, aber hier nochmal der jüngste Diskriminierungsfall aus unserer Branche zusammengefasst: Ein junger Ägypter bewirbt sich im Januar 2020 auf ein Praktikum in einem Berliner Büro: GKK Architekten in Berlin. Swantje Kühn, Eigentümerin bei GKK, die auch als Professorin tätig ist, schreibt an ihre Sekretärin als Antwort auf seine Bewerbung: „Bitte keine Araber.“ Die E-Mail wird versehentlich an den Studenten gesendet, der sie auf Twitter veröffentlicht. In den sozialen Netzwerken verbreitet sich sein Tweet rasend schnell. Swantje Kühn sagte, es sei ein Versehen und sie will „den Araber“ zu einem Gespräch einladen. Das Büro schreibt in einer Stellungnahme, die Bewerbung wäre versehentlich einer laufenden Stellenanzeige für Projekte in China zugeordnet worden. Sie suchten einen Mitarbeiter für China und der Praktikant spreche auch kein Chinesisch.
Für mich ist die Stellungnahme eine klare Ausrede. Dennoch hatte ich gehofft, dass nach dem rassistischen Patzer nun eine Debatte über Diskriminierung allgemein, also aller Minderheiten, Frauen, Menschen mit Behinderung, Ausländern oder auch Berufsanfängern in der Branche hervorgerufen würde. Die Hoffnung war leider sehr, sehr kurz. Es ist nichts passiert. Swantje Kühn wurde weder von Universitäten noch von Architektenvereinen, der Kammer oder in ihrer zweiten Funktion als Aufsichtsratsmitglied des Zoologischen Gartens Berlin zur Rechenschaft gezogen. Und das, obwohl das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt – die Nichtbeachtung der Gleichbehandlung verbietet.
„Der anonyme Wettbewerb war und ist die beste Möglichkeit im Beruf zu bestehen“
Was ist das für ein Signal für all jene Menschen, die hierherkommen, um Wissen zu erlangen? Was mich angeht – ich werde über Ausgrenzung immer berichten und jeder von uns sollte solche Themen in unserer Branche bei jeder Gelegenheit, wie bei Vorträgen und Diskussionen, in Foren, auf Messen und Konferenzen thematisieren. Und sie nicht einfach, wie es meistens in unserer Branche passiert, zu den Akten legen.
Ich bin froh 90 Prozent meiner Projekte über anonyme Wettbewerbe realisiert zu haben. Eine Jurorin wie Swantje Kühn hätte ja nicht erraten können, welcher Mensch – also in meinem Fall ein Araber –hinter der Arbeit steckt. Diese Form des Wettbewerbs war und ist für alle Menschen und vor allem für jene, die eventuell diskriminiert würden, die beste Möglichkeit im Beruf zu bestehen.
„In Sachen Diskriminierung ist keine öffentliche Solidarität von Kolleginnen und Kollegen zu erwarten“
Ich glaube nicht, dass die Politik in irgendeiner Weise die Diskriminierung und Benachteiligung von Minderheiten oder die Nichtbeachtung der Gleichbehandlung erfolgreich bekämpfen kann, auch nicht mit Quotenregelung. Von Kolleginnen und Kollegen unserer Branche ist ebenso keine Solidarität in Sachen Diskriminierung oder Gleichbehandlung zu erwarten – ebensowenig wie von den Verbänden. Ich hoffe eher auf eine Generation der Globalisierung, deren Herzen nicht die Makel der Ausgrenzung in sich tragen. Aber die Gesellschaft, insbesondere in unserer Branche, zu sensibilisieren ist zurzeit allemal wichtig und notwendig.