Die Wissenschaft lebt davon, wenn die im Semesterbetrieb von der Lehre beanspruchten Professoren im verdienten Forschungssemester die Welt erkunden. Ihre Erkenntnisse und Berichte münden in Publikationen, die ich selten zu Gesicht bekomme. Hier geht es um eine Ausnahme. Catrin Schmidt lehrt an der TU Dresden Landschaftsplanung. Sie bereiste im Jahre 2011 Ostafrika, Polynesien und Australien und studierte dort Kulturlandschaften und Tendenzen des Landschaftswandels. Dabei schaute sie unter die Oberfläche und suchte Antworten auf die Frage: Was macht Landschaften heute zu dem, was sie sind? Sie interessierte sich weniger für die klassisch wissenschaftliche Kategorisierung der Landschaftsanalyse als für die Akteure und anthropogenen Prozesse der Landschaftsentwicklung und Transformation.
Niedergeschlagen haben sich die Geschichten in Essays zur Transformation von Landschaften, die man der Rubrik wissenschaftliche Reiseliteratur zuordnen könnte. In dieser Kategorie gibt es namhafte Vertreter, Menschen, die neugierig reisten. Man hängt die Messlatte hoch, wenn man da Carl von Linné nennt oder Georg Forster, der mit James Cook die Welt bereiste. Aber die Neugier und das Gespür für Zusammenhänge liegt Catrin Schmidts Buch ebenso zugrunde. Schon die Titel der Geschichten locken zum Lesen: James Cook und die Hühner von Kauai. Hier geht es um den Austausch von Landschaftsinventar, primär Tiere und Pflanzen, Postkartenidyll und wilde Hühner. Besonders spannend ist die Geschichte über die Tsetsefliege und deren Einfluss auf Landnahme wie Landbewirtschaftung, auf die Entstehung der ostafrikanischen Savanne – und auch, warum Zebras von der Fliege unbehelligt bleiben. Das Buch bietet viele Fakten und Fußnoten, was aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch tut.
Catrin Schmidt: Eine Fliege macht Landschaft und andere Essays.
168 Seiten, Paperback, Aufland Lesebuch, Aufland Verlag 2013.
ISBN 978-3-944249-00-1, 18 Euro