17.04.2015

Gesellschaft

Garten Leben in der Alten Gärtnerei

 

„GartenLeben“, unter diesem Titel haben die Autoren Gesa Klaffke-Lobsien und Kaspar Klaffke ein sehr bemerkenswertes Buch geschrieben. Es unterscheidet sich von vielen Gartenbüchern, mit schönen Bildern, die aber oft die „gärtnerische Seele“, die enge Verbindung zwischen Mensch und Pflanze vermissen lassen. Davon, vom gemeinschaftlichen Zusammenleben mit der Pflanzenwelt, berichtet das Ehepaar Klaffke in vielfältiger, sehr unterhaltsamer Form.

Das Gartenexperiment begann vor 15 Jahren, ein im Anfang nicht überschaubares Experiment. Die Autoren beschreiben den Start, die Planungsschritte und schließlich das Resultat. Im Jahr 1999 kauften sie eine seit 1994 stillgelegte Stadtgärtnerei in Hannover-Oberricklingen, bestehend aus verfallenen Gewächshäusern, einem Arbeits-Verbindungshaus und diversen Frühbeet- Kästen, insgesamt eine Fläche von 900 qm. Hier sollte nun ihr Alterssitz entstehen, in möglichst enger Verzahnung von Wohnen und Garten, denn sie wollten vor allem gärtnern. Normale Bauherren hätten den Glasschrott abgerissen, dann ein Haus mit üblichem Hausgarten angelegt. Doch das war nicht ihr Ding, sie ersannen ungewöhnliches, sie wollten, dies auch im Sinne erhaltender Denkmalpflege, möglichst viel der vorhandenen Strukturen erhalten. Eine verrückte Idee, so dachten viele Zeitgenossen.

In langer mühsamer Arbeit, den Abriss führte die Familie weitgehend in Eigenleistung durch und einfühlsamer Planungsleistung des Architekten Peter Hübotter, der, an Eigenwilligkeit von Gärtnern gewöhnt, die Bauherren zum Durchhalten ermutigte. So entstand eine Kombination von altem und neuen, eine Integration von Wohnen und Garten. Das einzige steinerne Bauwerk, der 20 m lange Verbinder, wurde zum Wohnraum ausgebaut, mit Bibliothek, Küche und Essplatz, der vorhandene Dachraum zum Gästezimmer. Ein altes Gewächshaus blieb erhalten, es verbindet nun den Wohnraum mit einem daran gebauten Schlaftrakt. Und der Garten ? – es ist kein Garten im üblichen Sinne, er besteht aus parallel verlaufenden „Gartenbändern“, entsprechend der vorgegebenen Strukturen der einstigen Frühbeet-Kästen, deren hochgemauerte Wände erhalten blieben. So entstanden Bankbeete, die mit Stauden, Sommerblumen, Sträuchern und Rankpflanzen bepflanzt wurden. Ergänzt wurde der Blumengarten mit einem an das Grundstück grenzenden 400 qm großen Stück gepachteten Grabeland für Obst- und Gemüsekulturen.

Gärtnern ist für Klaffkes mehr als nur ein Hobby, sie empfinden ihr Gartensein, ihr tägliches Gartenerleben als ein Lebensmodell, das hilft, die kulturellen und auch sozialen Beziehungen zur natürlichen und gesellschaftlichen Umwelt zu klären. Der Garten als Modell der Nachhaltigkeit, auch das Prinzip des Kleingartenwesens, den Garten als zusätzliche Ernährungsquelle zu nutzen, spielte eine Rolle. So ist ein Teil ihrer Gartenphilosophie, in den Sommermonaten, so weit wie möglich, aus dem Garten zu leben, mit angebauten Kartoffeln, Gemüsen, Obst in Form von Beeren, Äpfeln, Aprikosen, Pfirsichen bis zu Feigen.

Gegliedert in zwölf Monatsberichten, wird der Leser mit auf eine Gartenreise durch das Jahr genommen. Jeder Monatsbericht bereichert durch eine besondere Facette eigenen Gartenerlebens. Der Text ist reich bebildert. Die sehr schönen und ausdrucksstarken ca. 300 Fotos von Jutta Alms sind als Ergänzung des Textes eine schöne Ergänzung. Man ist erstaunt über die Vielzahl der abwechslungsreichen Fotomotive und glaubt gar nicht, dass sie alle aus dem relativ kleinen Garten stammen.

In den Wintermonaten beginnt das Gärtnern im „Gartenhaus“, im Gewächshaus. Hier wird ausgesät, pikiert, ein- und umgetopft, das kommende Gartenjahr gedanklich vorbereitet. Es ist noch eng im Gewächshaus, viele Kübelpflanzen überwintern hier, zusätzlich zu den ständigen Dauergäste, wie eine prächtige nicht ganz winterharte Strauchrose, eine Maréchal Niel, die jedes Jahre mit hundertfacher Blüte überrascht, eine Buddleia asiatica, eine Bougainvillee, ein Eibisch, Kamelien, Passionsblume, eine Winde, Zierspargel, Farne, exotische Salvien und manches mehr und als Fruchtspender Tafeltrauben, Feigen, Salatgurken, Tomaten und Melonen.

Mit Interesse und Gewinn liest man die lyrischen, gartenphilosophischen Texte, sie spiegeln das intensive Gartendenken und Gartenhandeln der Autoren wider, ein Text, mit viel Seele und Gartenverstehen geschrieben. Beschrieben wird die ästhetische Wirkung einzelner Pflanzen, ihr Blühverhalten, ihr Zusammenleben mit anderen Pflanzengesellschaften, ihre Wirkung auf den Betrachter. Es ist eine erstaunlich reichhaltige Flora von Nutz- und Zierpflanzen in dem relativ kleinen Garten zu finden, von Zwiebelgewächsen über Stauden und Sommerblumen bis zu Zier- und Obstgehölze. Vielerlei Hinweise, Ratschläge und Standortbeschreibungen regen den Leser zu eigenen Gartenschöpfungen an.

Schließlich der Klaffke-Garten als sozialer Ort, als beliebter Treffpunkt. Mehrfach im Jahr besucht ein benachbarter Kinderhort den Garten, die Kinder erleben das Wachsen und Blühen. Freunde sind oft zu Gast, vor allem dann, wenn im September die „Offene Gartenpforte“ in Hannover Saison hat. Gesa und Kaspar Klaffke waren es, die gemeinsam mit anderen Gartenfreunden im Jahr 1991 die aus England eingeführte „Garten-Nachbarschaftsidee“ in die Region Hannover einführten, eine Idee, die sich sehr bald auch in anderen Bundesländern ausbreitete. Der Garten Klaffke war von Anfang an dabei, ein Ort des Gedankenaustausches, angereichert mit Lesungen und Konzerten.

„Gartenpflege belohnt den Besitzer“, so hat es der Gartenfreund Goethe einmal ausgedrückt. Hinzufügen möchte man, gleichermaßen den Besucher, der Sinn für Gartenkultur hat. Bleibt dem Ehepaar nur zu wünschen, dass sie noch möglichst lange ihr Paradies sich und anderen erhalten mögen. Und, auch dies sei angemerkt, dass zur gegebenen Zeit ein Nachfolger gefunden wird, dieses in dieser Art wohl einmalige Kulturwerk fortzusetzen.

 

 

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