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Hacking Urban Furniture ist ein Projekt des Berliner Zentrums für Kunst und Urbanistik. Künstler*innen, Architekt*innen und Stadtgestalter*innen analysieren Stadtmöblierung und Außenwerbung und versuchen bestehende Strukturen aufzubrechen. Aus dem Projekt ist eine Publikation entstanden: Wir stellen sie vor und sagen Ihnen, warum es sich lohnt, mit alten Denkmustern zu brechen.

KUNSTrePUBLIK: Café Achteck, 2018 (Entwurf © KUNSTrePUBLIK / ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik, 2018)

Nutzer*innen profitieren von flexiblen Strukturen

Bushäuschen, Toilettenhäuschen und Werbetafeln – es gibt sie in jeder Stadt, in Deutschland, Europa, ja auf der ganzen Welt. Sie prägen das Bild nahezu jeder Innenstadt. Da das Design und die Produktion dieses Mobiliars in der Hand einiger weniger Firmen liegt, tritt der H&M-Effekt ein: Egal, ob es die Innenstadt von Berlin, Rom oder Istanbul ist, alles ähnelt sich. Zumindest tragen weder H&M, noch die Public-Private-Partnership-Verträge mit JC Decaux, Wall und Co. dazu bei, ihre Identität herauszuarbeiten oder gar zu stärken.

Hier kommt Hacking Urban Furniture ins Spiel, ein Projekt des Berliner Zentrums für Kunst und Urbanistik: ein Modellprojekt mit Künstler*innen, Architekt*innen und Stadtgestalter*innen, die in enger Zusammenarbeit mit einem Expert*innenbeirat die Parameter von Stadtmöblierung und Außenwerbung analysieren und auf neue Beine stellen. Hacking Urban Furniture stellt – durchaus unbequeme – Fragen, um statische Strukturen aufzubrechen: Zum Beispiel ob es möglich ist, das Thema weniger profitorientiert anzugehen; ob es klappen könnte, PPP in CCC (Communal-Collective-Cooperations) umzuwandeln; oder danach, wie Stadtmöblierung individueller werden kann, besser an den Ort angepasst, und zugleich finanzierbar bleibt. Ihre Instrumente: ein Wettbewerb, Forschung, Entwicklung von Prototypen und Fallstudien. Das Buch, das ebenfalls mit Hacking Urban Furniture betitelt ist, präsentiert das Ergebnis dieser Arbeit der vergangene drei Jahre.

Mehr zum Thema Stadtmobiliar lesen Sie in der G+L 12/20. 

Wie herausfordernd die Aufgabe ist, beschreibt unter anderem Mary Dellenbaugh: Sie konstatiert, dass Stadtmöblierung letztlich immer „von oben“ bestimmt ist, sei es von Vertragspartner*innen wie eben Wall, von Stadtverwaltungen, oder von Planer*innen. Sie alle geben den Rahmen und Nutzung vor, nicht zuletzt beispielsweise durch die Anordnung von Bänken. So können durchaus auch Gruppen ausgeschlossen werden. Ihre Beobachtung: Bekommen Nutzer*innen die Möglichkeit, selber gestaltend tätig zu werden, weil zum Beispiel Bänke nicht festgeschraubt und damit verschiebbar sind, entstehen wesentlich flexiblere Strukturen, die sowohl Kommunikation als auch Vereinzelung ermöglichen.

Den Park zurückerobern

Dieses simple Beispiel wirft schnell die Frage auf: Warum also Nutzer*innen nicht mehr integrieren? So wie im Projekt „Fix Your Park“ in Berlin-Moabit. Ein kleiner Park in der Nähe des U-Bahnhofs Birkenstraße hatte das klassische Problem einer etwas in die Jahre gekommenen Grünanlage, die nicht im Fokus steht: Tagsüber durchaus belebt durch ein kleines Café und einen Schulgarten, wandelte sich abends das Klientel komplett und der kleine Park wurde zum Drogenumschlagsplatz.

Mehr zum Thema Stadtmobiliar lesen Sie in der G+L 12/20. 

Die Stadt baute daraufhin die Holzlatten von den Bänken ab, damit sich Dealer*innen dort nicht hinsetzen konnten und rodeten Büsche, um Versteckmöglichkeiten zu beseitigen. Damit wurde der Park quasi zum unnutzbaren Unort. Leider auch tagsüber. Hier setzte das Projekt „Fix Your Park“ an und stellte die Frage: Was möchten die Anwohner*innen? Wie wird die Grünanlage wieder zu ihrem ganz persönlichen Park? Wünsche wurden erforscht und gemeinsam realisiert, es wurde gefeiert und der Park wieder in Besitz genommen – er gehörte wieder allen.

Denkmuster durchbrechen und entgegen der Praxis denken

Diese Gedanken – öffentlicher Raum und Stadtmobilar als Gemeingut, gestaltet von Nutzer*innen für Nutzer*innen – ziehen sich durch das gesamte Buch. Zahlreiche Ideen unterstreichen die Vision. So zum Beispiel das Projekt „Superstructures – Hacking the Public Lavatory“: Allein ist Berlin gibt es rund 250 öffentliche Toiletten. Berlin hat 1993 per Vertrag mit der Wall AG keine Unterhaltskosten mehr für diese Toiletten. Im Gegenzug verkauft Wall Werbeflächen an den Häuschen. Die Idee von Hacking Urban Furniture: eine neue Wertschöpfungskette schaffen, die das Toilettenhäuschen und die Werbeeinnahmen zum Allgemeingut machen. Auf dem Dach der Toiletten könnte dann zum Beispiel ein Radiosender oder ein Gewächshaus installiert werden. Die Einnahmen würden so der Zivilgesellschaft zugutekommen. Hacking Urban Furniture hat Prototypen für das Modell entwickelt.

Mehr zum Thema Stadtmobiliar lesen Sie in der G+L 12/20. 

Diese Fragen nach Zusammenarbeit von Stadt und Zivilgesellschaft, nach neuen Strategien für die Möblierung des öffentlichen Raums, die eng mit seiner Nutzung zusammenhängen, sind der Knackpunkt des Buchs. Das so gängige Denkmuster durchbricht und auffordert, entgegen der gewohnten und über Jahrzehnte eingeübten Praxis zu denken. Und damit einen neuen Zugang zum öffentlichen Raum öffnet.

Zentrum für Kunst und Urbanistik: Hacking Urban Furniture. 155 Seiten. ZK/U Press, Berlin 2020

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