Mit ihrem Konzept für den Berta-Kröger-Platz haben Relais Landschaftsarchitekten Hamburg-Wilhelmsburg zu einer neuen Mitte verholfen. Wir sprachen mit Platzmacher Gero Heck über seine Idee und die Frage: Was sollte ein guter Platz eigentlich erzählen?
Garten + Landschaft: Wir stehen hier auf dem Berta-Kröger-Platz. Was empfinden Sie, wenn Sie ein Projekt wiedersehen?
Gero Heck: Wenn ich nach einigen Jahren wieder an den Ort zurückkehre, empfinde ich Respekt und Verantwortung. Ich bin oft erstaunt, wie viel Einfluss planerische Interventionen auf das städtische Leben haben. Zugleich empfinde ich immer wieder die zentrale Notwendigkeit, dass Öffentliche Räume aufgrund ihrer starken Nutzung gut gepflegt und unterhalten werden müssen. Mein Team und ich sind seit über 15 Jahren im Geschäft und haben nun gebaute Projekte, die bereits zehn Jahre auf dem Buckel haben. Der Zahn der Zeit hinterlässt Spuren und damit muss man lernen umzugehen.
Wie beurteilen Sie die neue Mitte von Wilhelmsburg? Sind Sie zufrieden mit
dem Ergebnis?
GH: Mich freut, dass der Berta-Kröger-Platz offensichtlich funktioniert. Die Anwohner eignen ihn sich selbstverständlich an und nutzen die Angebote, die wir geschaffen haben. Die Wegebeziehungen, die Sitzelemente und die Rasentide werden genutzt und der Markt ist Mittelpunkt des Ganzen. Das freut mich sehr.
Welches Gefühl soll der Platz vermitteln?
GH: Schön ist es, wenn die Menschen überhaupt etwas mit diesem Ort verbinden. Es war ein erklärtes Ziel, einen identitätsstiftenden Quartiermittelpunkt mit Aufenthaltsqualität zu schaffen, denn die bestehenden Raumkanten lassen zu wünschen übrig. Die Architektur ist charakterschwach und das Stadtgefüge von Wilhelmsburg kleinteilig. Wir wollten einen Raum generieren, der Wiedererkennungswert besitzt, der alles zusammenhält. Identität ist allerdings ein großes Wort und sehr individuell. Jeder Betrachter hat einen anderen Hintergrund und konnotiert etwas anderes mit dem jeweiligen Ort. Ich fände es schön, wenn unser Entwurf starke Bilder, Emotionen und Atmosphären auslösen würde.
Welche Geschichte erzählt der Stadtraum, in dem wir uns befinden?
GH: Wir stehen hier in Wilhelmsburg, einem südlichen Stadtteil von Hamburg, das eine spannende Entstehungsgeschichte hat. Vor 400 Jahren war das alles hier ein Inselarchipel von Sandbänken und erst durch die Landgewinnung, die Aufschüttung der Hafenanlagen und das Eindeichen konnte Wilhelmsburg besiedelt werden. So hat es seine heutige Gestalt erhalten. Der S-Bahnhofsvorplatz, die Passage und der Marktplatz bilden das Zentrum, aber von der faszinierenden Vergangenheit ist eigentlich überhaupt nichts mehr spürbar. Das wollten wir ändern. Hier entstand der Impuls, die Geschichte wieder erlebbar zu machen. Der ursprüngliche Platzentwurf sah ein Tidespiel, ein flaches Wasserspiel, vor, das sich entsprechend der Gezeiten verändern sollte. Der Tidehub findet in Hamburg zweimal täglich statt, so hätte sich ein ständig änderndes Gesicht der Platzoberfläche ergeben.
Und wieso wurde die ursprüngliche Idee nicht realisiert?
GH: Der Entwurf fand großen Anklang, doch wurde er aus Unterhaltsgründen und Vernunftgründen verworfen. Geblieben sind unsere Elemente wie Sitztide, Rasentide, der strömende Gesamtduktus, der sich aus der ursprünglichen Idee herleitet. Wir wollten gern die spannungsreiche Auseinandersetzung der Menschen, die hier siedelten, mit der Landschaft wiedergeben und mit dem Stadtgefüge verweben.
Welche Rolle der Platz heutzutage in der Stadt spielt lesen Sie in Garten+Landschaft 05/2016 – Der Platz, das Gefühl und wir.