Die IBA Thüringen erstellte in einer Machbarkeitsstudie für Kannawurf im Landkreis Sömmerda ein neues Leitbild für Landschaft und Landwirtschaft, in dem Landschaft und Gestaltung die Regeln vorgeben sollen. Warum es für die Landschaftsarchitektur mehr braucht, als dass die Großdisziplin Architektur die Wichtigkeit von Landschaft erkennt.
Politik zu zögerlich
„Kannawurf, 1 500 Hektar Zukunft“ ist die Machbarkeitsstudie der IBA Thüringen, die auf eben dieser Flächengröße der Gemarkung Kannawurf im Landkreis Sömmerda ein neues Leitbild für Landschaft und Landwirtschaft kreierte. Klimagerecht, kooperativ und zukunftsfähig war das Ziel, um die Region sowohl ökologisch als auch ökonomisch zu stärken und für die nahe und weitere Zukunft zu wappnen. Denn Landschaft und Landwirtschaft sind nicht zu trennen, Natur- und Wirtschaftsraum gehen einher und prägen den Kulturraum und damit die gesamte Raumentwicklung um uns herum.
Das neu entstandene Landschaftsbild mit dem sperrigen Namen „Klimalandschaftstypologien mit überbetrieblichem Fruchtfolgemanagement“ hebt sich optisch durch sein „Keyline Design“ hervor – regelmäßige Zäsuren, die zum Beispiel als Erdrinnen oder Pflanzstreifen Höhenlinien schneiden, um Erosion vorzubeugen – inhaltlich stützt es sich auf eine betriebsübergreifende Felderwirtschaft, die sich durch Bildung von Kooperationen von den Abnahmeerwartungen der Industrie emanzipiert. Landschaft und Gestaltung sollen in Zukunft die Regeln vorgeben, nicht die Industrie, so ein Kernziel der Studie.
Lauter werden!
Letzteres klingt erschreckend vertraut: Bereits Walter Rossow plädierte in seinem 1991 veröffentlichten Werk „Die Landschaft muss das Gesetz werden“ für eine offensive Stadt- und Landesplanung, die unsere Ressourcen umsichtig nutzt. Ein Standardwerk, aber trotzdem sind wir, was die Akzeptanz der Forderung betrifft, 30 Jahre später erst ein Stück weiter; der politische Gestaltungswille bleibt zu zögerlich.
Gut und richtig, dass die Großdisziplin Architektur die Wichtigkeit von Landschaft erkannt hat und das komplexe Projekt durch die IBA adelt. Das reicht aber noch nicht, um die Synergie von Landwirtschaft und Landschaft ins zentrale Handlungsbewusstsein aller zu rücken. Selbst die besten Zukunftsansätze verschwinden dann wieder in der Schublade und bleiben Theorie. Unsere Disziplin muss lauter werden, um gehört zu werden – hier sehe ich zuvorderst unsere Berufsverbände in der Pflicht.