Lieber Fabian, Hand aufs Herz: Wie stehen Architekt*innen deiner Meinung nach zum Thema „Nachhaltigkeit“?
Tatsächlich habe ich in den letzten Jahren keine Architektin und keinen Architekten getroffen, die respektive der das Thema Nachhaltigkeit als Unsinn abgetan hätte. Andererseits ziehen sich auch viele Architekturschaffende auf den bequemen Standpunkt zurück, dass es ja das Nachhaltigste überhaupt ist, wenn ein Gebäude dank seiner guten Qualität lange genutzt wird. Doch so einfach ist es nicht: Denn oft genug sehen wir, das gute und intakte Architektur abgerissen wird, weil wirtschaftliche Interessen dem Erhalt im Wege stehen. Mit einer guten Energiebilanz wird es also zukünftig nicht getan sein. Jeder Architekt muss ab jetzt immer die spätere Umnutzbarkeit seiner Bauten und die Kreislauffähigkeit der verwendeten Materialien mitplanen.
Nachhaltigkeit im Baumeister: von hochinnovativen Behnisch-Holzbauten
Mit der Mini-Serie zur Nachhaltigkeit im Baumeister macht ihr im Winter 2021 gleich drei Hefte zum Thema „Nachhaltigkeit“. Wieso?
Wir alle machen gerade die Erfahrung, dass Nachhaltigkeit zum omnipräsenten Modewort geworden ist. Alles ist jetzt irgendwie grün – vom Nagel bis zum Atomkraftwerk. Dementsprechend groß ist die Verwirrung. Uns war es besonders wichtig herauszustellen, dass Umnutzen, Renovieren und Restaurieren ein zentraler Punkt der vielbeschworenen Bauwende sein muss. Deswegen widmen wir zwei von drei Heften den Bestandsbauten.
Was ist bislang dein persönlicher Lieblingsbeitrag?
Es gibt natürlich viele Beiträge, die ich extrem spannend finde. Gerade habe ich zum Beispiel einen Artikel für das Januarheft verfasst, der von der Restaurierung eines hochinnovativen Holzbaus von Günter Behnisch, dem Architekten des Münchner Olympiastadions, handelt. Behnisch hat für die Bundesgartenschau 1969 in Dortmund einen fast vergessenen und lange nicht zugänglichen Pavillon entworfen, der technisch noch heute Maßstäbe setzt. Seit kurzem kann er wieder genutzt werden.
Auch dabei: Architects for Future
Was war bislang der kniffligste Artikel?
Unsere Autorin Adeline Seidel hat sich für uns mit dem „New European Bauhaus“ beschäftigt und im Zuge der Recherche immer wieder versucht, mit der Europäischen Kommission in Brüssel Kontakt aufzunehmen. Vergeblich. So musste sie schließlich mit dem öffentlich verfügbaren Material vorlieb nehmen und dabei feststellen, wie schwer zu greifen dieses Multimillionen-Projekt der EU in vielen Punkten ist. Ganz konkret sind dagegen übrigens die Ziele der „Architects for Future“, um die es in ihrem Artikel auch geht.
Baumeister-Themen 2022
Die Dezemberausgabe 2021 ist ziemlich städtebaulich. Dürfen wir ab sofort mit mehr städtebaulichen Themen im BAUMEISTER rechnen? Was ist für 2022 bei euch geplant?
Der Baumeister ist und bleibt natürlich in erster Linie eine Architekturzeitschrift. Aber fraglos sind die Grenzen zu städtebaulichen Themen oftmals durchlässig. So werden wir uns beispielsweise in unserer Februarausgabe mit der Frage beschäftigen, wie die Zukunft des stationären Einzelhandels in den Innenstädten aussehen kann. Dabei spielen urbanistische Ansätze ebenso eine Rolle, wie architektonische. Überhaupt wird der Jahrgang 2022 ausgesprochen abwechslungsreich. Wir schauen etwa im April auf Design und Innenarchitektur, klopfen im Mai die Fassade nach gestalterischen Möglichkeiten ab oder fragen im September danach, wie Architektur entstehen kann, die wirklich für alle zugänglich ist.
Danke dir, Fabian, für deine Zeit.
Auch interessant: 2022 prämiert der Deutsche Nachhaltigkeitspreis wieder außergewöhnliche Leistungen der Architektur. 2019 gewann das im Rahmen der BUGA Heilbronn entstandene SKAIO-Gebäude. Mehr dazu hier: Nachhaltigkeitspreis Architektur 2022.