Umsonst ist nur der Tod, und der kostet’s Leben – und den Hinterbliebenen eine Stange Geld. Bestatter, Friedhofsgärtner, Kommunen und Steinmetze bieten Dienstleistungen in einem Bereich, der gerne aus dem Alltag ausgeblendet wird und doch untrennbar mit dem Leben verbunden ist. Doch seit eine Erd- oder Feuerbestattung auf einem kommunalen Friedhof nicht mehr den Wünschen eines jeden entspricht, bangen etliche Berufsgruppen um ihr Auskommen. Allen voran die Steinmetze, die lange am Verkauf vorgefertigter Massenware aus China und Indien gut verdienten.
Nun lud der Bayerische Landesverband der Steinmetze am 11. November zur bereits 3. Friedhofskulturtagung nach München. Während manche sich noch ereifern ob der Konkurrenz zwischen Steinmetz und Friedhofsgärtner im geschäftlichen Bereich des Todes, den schwindenden Einfluss der Kirche beklagen oder die Grabbelegungsgebühren abschaffen wollen, gilt es zu verstehen, dass ein gesellschaftlicher Wandel längst im Gang ist, der auch die Bestattungskultur ändert.
Reiner Sörries, seit 1992 Direktor des Museums für Sepulkralkultur und Autor des 2009 erschienenen Buches “Ruhe sanft. Kulturgeschichte des Friedhofs“ sieht die Hinwendung zu einem individuell geprägten Umgang mit den Toten. Das bedeutet eine Abkehr von der 2000-jährigen Geschichte der christlichen Auffassung vom kollektiven Begräbnisplatz und eine Rückkehr zu neoheidnischen Bestattungsformen, die den von den Steinmetzen naturgemäß verhassten Friedwald bis zur privaten Urnen- oder Seebestattung umfasst. Dass Friedhöfe, die ja einst, nicht zuletzt aus hygienischen Gründen, an den Stadtrand verlegt wurden, als die Kirchhöfe überbelegt waren, nun wieder mitten in der Stadt liegen und zum Beispiel in einer Stadt wie München, die ja einen sehr geringen Freiflächenanteil aufweist, zunehmend als wertvolle Grünflächen angesehen werden, lädt förmlich dazu ein, sich über neue Gestaltungen für Friedhöfe Gedanken zu machen. Die Orte der individuellen und auch gemeinschaftlichen Trauer sollten zwar nicht zum Rummelplatz werden, aber über eine zeitgemäße Gestaltung und Nutzungsmischung ließe sich schon nachdenken. Als Schirmherr der Veranstaltung ließ es sich der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude nicht nehmen, ausgiebig und unterhaltsam aus dem Nähkästchen kommunaler Aufgaben im Bereich des Bestattungswesens zu plaudern. Er erinnerte an den Pomp früherer Zeiten, als schwarzlackierte Leichenwagen von Pferden gezogen wurden, im Gegensatz zu heute, wo die Autos dezent grau daherkommen, um ja nicht ihre Funktion zu signalisieren. Das anonyme Entsorgen von Verstorbenen, die man somit auch rasch aus dem Gedächtnis löscht, zumindest vordergründig – Traumatherapeuten dürften sich auf wachsende Kundschaft einstellen – hat natürlich auch einen Gegenpol. In der Antike, aber auch in der Gründerzeit entstanden pompöse Grabmale, die wie die Pyramiden für die Ewigkeit gedacht wurden oder zumindest für einige Generationen von Nachfahren den gesellschaftlichen Status bezeugten.
Christian Ude berichtete anschaulich über das Hauen und Stechen, wenn Hinterbliebene versuchen, für den verstorbenen Bürger des vornehmen Münchner Stadtteils Bogenhausen einen Platz auf dem begehrten Kirchhof St. Georg zu ergattern. Denkt man dann noch an die im Fernsehen übertragene Beerdigung des legendären Schickeriamitglieds Rudolph Moshammer, dann wird mehr als deutlich, dass der Tod zum Leben gehört. Repräsentative Grablegungen werden der kommunalen Wirklichkeit erhalten bleiben. So wie der Formel 1-Rennstreckenplaner Hermann Tilke in der Süddeutschen Zeitung vom 12./13. November behauptet, „das letzte Auto das einst noch fahren wird, wird ein Rennauto sein“, weil man eben bis zuletzt ums Goldene Kalb tanzt. Vielleicht sogar noch danach, aber wer weiß das schon?