09.02.2017

Porträt

Victory for Viktoria!

In der Januarausgabe 2017 der Garten + Landschaft stellten wir euch Zebralog vor: Das Büro mit Sitz in Berlin und Bonn bezieht sich mit seinem Namen auf ein Tier mit besonderen Eigenschaften: wild, eigensinnig und dennoch soziales Herdentier. 2017 erwartet das Bonner Büro ein besonders spannendes Projekt: Von Februar bis Herbst führt es im Viktoriakarree in Bonn eine Bürgerwerkstatt durch. Wir haben uns mit Dr. Oliver Märker, einem der drei Geschäftsführer von Zebralog, unterhalten.

In Kooperation mit dem Planungsbüro neubighubacher und dem Künstlerbüro CommunityArtWorks leitet das Bonner Büro von Zebralog den Prozess (Bild: Jörg Farys, Zebralog GmbH & Co. KG)
Impressionen aus dem Viktoriakarree (Bild: Zebralog GmbH & Co. KG)

Herr Märker, am Samstag, 11. Februar 2017 startet die Bürgerwerkstatt im Bonner Viktoriakarree. Worum geht’s?
Im Prinzip geht es um die grundsätzliche Frage: Wie soll die Stadtentwicklung der Zukunft aussehen? Das Viktoriakarree ist ein innerstädtisches Filetstück der Stadt Bonn. In Blockrandbebauung stehen hier zwei- bis dreistöckige Häuschen der 1960er und 1970er Jahre direkt hinter dem Alten Rathaus. Mit der Idee, die Innenstadt zu stärken, beschloss die Stadt Bonn im Jahr 2015, die Flächen an die Viktoria-Karree Immobilien GmbH, eine Tochtergesellschaft der SIGNA, zu veräußern um hier den Bau einer Einkaufsmall zu ermöglichen. Der Verkauf der städtischen Grundstücke wurde durch den Beitritt des Stadtrates zu einem Bürgerbegehren noch im gleichen Jahr gestoppt. In der Bürgerwerkstatt, die nun startet, sollen die künftige Entwicklung und Nutzung des Karrees partizipativ besprochen werden.

Wie und warum wurde der Verkauf gestoppt?
Die Anwohner und Akteure haben sich Sorgen gemacht, dass unter anderem der vielfältige Einzelhandel im Quartier verloren gehen könnte und gründeten die Initiative „Viva Viktoria!“. Mit Unterschriften versuchten sie den Verkaufsstopp durchzusetzen und hatten Erfolg: Der Stadtrat schloss sich dem durch die Initiative initiierten Bürgerbegehren an.

Wem gehören aktuell die Flächen des Viktoriakarrees?
Der größte Teil der Flächen sind immer noch im Besitz der Stadt Bonn. Dazu zählt auch das stillgelegte Viktoriabad. Die SIGNA ist ebenfalls im Besitz einiger Flächen und Ladenlokale, die nun leer stehen. Darunter auch Schlüsselflächen, wo der Eingangsbereich für die Einkaufsmall geplant war. Der Investor hatte nach dem Kauf die Mietverträge nicht verlängert, er wollte sie abreißen. Darüber hinaus gibt es noch einen nicht unerheblichen Anteil von Flächen die im privaten Besitz unterschiedlicher Eigentümer sind.

In Kooperation mit dem Planungsbüro neubighubacher und dem Künstlerbüro CommunityArtWorks leitet das Bonner Büro von Zebralog den Prozess (Bild: Jörg Farys, Zebralog GmbH & Co. KG)
Impressionen aus dem Viktoriakarree (Bild: Zebralog GmbH & Co. KG)

Wie kam Ihr Büro, Zebralog ins Spiel?
Nach dem Verkaufsstopp schrieb die Stadt Bonn die Bürgerwerkstatt in einem mehrstufigen Verfahren aus. Zebralog hat sich in Kooperation mit dem Kölner Planungsbüro neubighubacher und dem Künstlerbüro CommunityArtWorks – diese übernehmen die künstlerische Begleitung des Prozesses – beworben und den Auftrag erhalten. 

Was ist Ihr Ziel für die Bürgerwerkstatt?
Die Stimmung ist recht aufgeheizt. Unser Ziel ist es nun, die vielfältigen Interessen auf den Tisch zu bringen. Wir wollen mit Akteuren, Bürgern und Fachplanern zusammenarbeiten und ein Nutzungskonzept für das Viktoriakarree erarbeiten, das wirtschaftlich tragfähig ist und auf planerisch hohem Niveau die verschiedenen Nutzungsansprüche in sich vereint.

Und wie stellen Sie das an?
Die Bürgerwerkstatt läuft in drei Phasen von Mitte Februar bis Herbst 2017. In die Phase 1 starten wir offiziell am 11. Februar mit dem „Markt der Interessen“. Unter dem Motto „Alle Interessen auf den Tisch!“ fragen wir die Bedürfnissee aller relevanten Akteure an das Karree mit fachbegleiteten Spaziergängen und Postern ab. Die Plakate, die Bürger wie auch Stakeholder gestalten können, liegen derzeit an vielen Stellen aus, etwa im Rathaus Bonn oder dem durch CommunityArtWorks in einem ehemaligen Ladenlokal im Viktoriakarree eingerichteten ViktoriaAtelier, wo Bügerinnen und Bürger die Plakate auch mit unserer Unterstützung gestalten können.

Wie geht es dann weiter?
Mit dem 11. Februar startet auch ein Online-Dialog, der den „Markt der Interessen“ online weiterführt. Ebenfalls ist eine Beteiligung über WhatsApp möglich. In dem ViktoriaAtelier können Bürger weiterhin Plakate mit Nutzungsideen gestalten. Wir von Zebralog nehmen alles auf, werten zusammen mit neubighubacher aus und starten dann in Phase 2 mit dem „Markt der Ideen“.

Markt der Ideen?
Ja, im April/Mai 2017 stellen wir die partizipativ erarbeiteten Poster aus und beraten in Workshops darüber, wie wir die vielfältigen Ideen bündeln und umsetzen. Hier erarbeiten wir mit den Akteuren und Bürgern erste Nutzungskonzepte, die in Phase 3 – der dann folgenden dreitägigen Planerwerkstatt – von vier unterschiedlichen Planungsbüros weiterentwickelt werden.

Die Planungsbüros arbeiten die Pläne also gemeinsam mit Bürgern und Akteuren aus?
Ja, unser Ziel ist es, am Ende der öffentlichen Planerwerkstatt Konzeptentwürfe zu haben, die fachlich schon auf hohem Niveau sind. Die Bürger sollen nicht am Ende des Prozesses mit ihren gesammelten Ideen stehen, sondern mit den Planern in der öffentlichen Werkstatt zusammenarbeiten. Wir verweben die Fachplanung direkt mit der Bürgerbeteiligung. Am Ende werden die Pläne durch die Planerteams vor Ort und im Internet präsentiert und die Öffentlichkeit um Rückmeldung gebeten. Diese Rückmeldungen werden in den folgenden Wochen überarbeitet, dann erneut der Öffentlichkeit präsentiert und in einer öffentlichen Jurysitzung beraten und gekürt.

Wie werden die Planungsbüros ausgesucht?
Unser Kooperationspartner, das Planungsbüro neubighubacher schlägt sie vor. Die Kriterien zur Auswahl sind beispielsweise sehr gute Kenntnisse über die Stadt Bonn, Erfahrungen in Partizipationsprozessen oder die Kompetenz des „Querdenkens“. Unsere Vorschläge beraten wir mit einem eigens eingerichteten Begleitgremium, das uns, die Büros, Feedback hierzu, aber auch zur gesamten Prozessgestaltung in insgesamt drei Sitzungen gibt.

Und der finale Plan wird dann eins zu eins umgesetzt?
Wir versuchen es auf Schweizer Art: Für den Umsetzungsplan streben wir eine Konsensentscheidung in der Jury an. Das heiß wir wünschen uns einen „Konsensplan“, der auf breite Zustimmung bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern stößt und es auch der Politik leichtmachen sollte, diesem am Ende des Prozesses zu zustimmen. Allerdings gilt hier: Die finale Entscheidung trifft die Politik. Sie könnte sich daher auch für einen anderen Plan entscheiden. Diesen Punkt verschweigen wir nicht, sondern kommunizieren wir von Anfang an mit.

Mehr zum Projekt gibt es hier!

Den vollen Artikel zu Zebralog in der Garten + Landschaft finden Sie hier!

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