Wolfgang Schück bewies bei dem Park des Hambacher Schlosses einen langen Atem. Nach 15 Jahren wird das Projekt voraussichtlich 2017 fertig gestellt. Wie man mit einem so bedeutenden historischen Ort umgeht und welche Rolle die Landschaftsarchitektur jetzt einnehmen sollte, beantwortete er im Interview.
Garten+Landschaft: Herr Schück, was braucht es zum Entwurf guter Landschaftsarchitektur?
Wolfgang Schück: Komme ich an einen Ort, versuche ich unbefangen zu sein, misstraue meinen Standards und vorgefertigten Haltungen, und lasse mich vor Ort inspirieren von dem, was bereits vorhanden ist, und dem, was der Ort mir zu erzählen bereit ist.
LOMA arbeitet seit der Gründung interdisziplinär und über Berufsgrenzen hinweg. Sind Sie ein Visionär?
Da die Spezialisierung immer weiter voranschreitet, sehe ich mich eher als Anachronist, denn unser Büro ist ja sozusagen ein Spin-Off der Kasseler Schule. Das war ein universitärer Versuch, Landschaftsarchitektur, Städtebau und Architektur in einem Fach zu vermitteln. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde ja bereits so gearbeitet, dass Wissenschaft und Kunst nicht voneinander zu trennen waren. Sie gingen Hand in Hand und schufen so Innovation. Als im 19. Jahrhundert die Datenmenge größer wurde, drifteten die Sparten auseinander. Ich denke, das 21. Jahrhundert muss leisten, die Disziplinen über ihre Ränder wieder zusammen zu bringen. Für die Landschaftsarchitektur wünsche ich mir, dass es die Leitdisziplin wird, sich wie eine durchlässige Hülle ausbreitet und ihre Schwestern, Städtebau und Architektur, immer wieder einfängt und verbindet. Ähnlich wie es in den Geisteswissenschaften mit dem Aufschwung der Kulturwissenschaft passiert ist.
Sie arbeiten seit 1994 mit den gleichen Partnern zusammen. Was ist das Geheimnis Ihrer Geschäftspartnerschaft?
Wir kommen aus verschiedenen Disziplinen und es herrscht ständig ein reger Austausch. Heute morgen komme ich ins Büro, das sich auf dem Dach eines Bunkers befindet, und es geht zu wie im Taubenschlag. Wir können uns gegenseitig weiterhelfen indem wir eine neue Perspektive ins Spiel bringen. Ich war kaum zur Tür rein da möchte einer meiner Partner sich über digitale Entwurfsmethoden unterhalten, dann kommt ein anderer hinzu und wir diskutieren über sein Hochbauprojekt. Am Ende des Tages verlassen wir das Büro mit dem Wissen gemeinsam eine Lösung gefunden zu haben – und zwar auf Augenhöhe.
Sie haben Landschaftsarchitektur und Stadtplanung studiert. Fühlen Sie sich mehr als Stadtplaner oder mehr als Landschaftsarchitekt?
Ehrlich gesagt, fühle ich da keinen Unterschied mehr.
Fühlen Sie sich wohler, wenn Sie an historischen Orten wie dem Hambacher Schloss arbeiten oder wenn sie völlig freie Hand haben?
Geschichte, Geographie und Archäologie sind verschwisterte Disziplinen, wenn Sie miteinander reden ist es schön Ihnen zuzuhören. Ich setze mich gewissermaßen gedanklich vor das Schloss, höre diesen Stimmen zu und lasse mich inspirieren. Das erfüllt mich sehr. Wenn ich darüber nachdenke, habe ich in diesem Sinne noch bei keinem Projekt „freie Hand“ gehabt.
Kurz und knapp: Was würden Sie heute Studenten mit auf den Weg geben wollen?
Ein Berufsbild ist wie ein Kleid, das nicht passt, man steht vor dem Spiegel und es ist immer eng und unvorteilhaft. Ich wünsche daher allen Studenten, dass sie sich mehrere Berufs-„Kleider“ schneidern und über die Grenzen hinaus denken.
Steckbrief
Name: Wolfgang Schück
Jahrgang: 1965
Studium: Landschaftsarchitektur und Stadtplanung
Beruf: Landschaftsarchitekt, Städteplaner und Partner bei LOMA architecture.landscape.urbanism, Kassel
Aktuelles Projekt: Hambacher Schlossgarten, Neustadt an der Weinstraße