25.08.2023

Gesellschaft

Anthos. Essen/Nourriture – Buchrezension

Buchrezensionen
Was bedeutet Essen für die Landschaft? Dieser Frage geht die dritte Ausgabe des Jahrbuchs ‹anthos› nach. Cover © BSLA
Was bedeutet Essen für die Landschaft? Dieser Frage geht die dritte Ausgabe des Jahrbuchs ‹anthos› nach. Cover © BSLA

Was bedeutet Essen für die Landschaft? Dieser Frage geht die dritte Ausgabe des Jahrbuchs ‹anthos› nach. Der Interview- und Essayband des Bundes der Schweizer Landschaftsarchitekten und Landschaftsarchitektinnen BSLA vereint Stimmen von Expert*innen und Projektvorstellungen. Er zeigt, wie sich die Landwirtschaft in der Schweiz im Laufe der Geschichte veränderte – und sich angesichts des Klimawandels auch zukünftig ändern muss. 


Worum es geht:

Das Jahrbuch beleuchtet die Thematik der Nahrungsmittelproduktion unter verschiedenen Gesichtspunkten. Im ersten Teil finden sich neben einer Abhandlung zur Landwirtschaft im Schweizer Mittelland, ein Essay zur Geschichte der essbaren Stadt und eine Analyse der typischen Schweizer Agglomerationsräume. Portraits von Menschen, die an besonderen Projekte zur Nahrungsmittelproduktion arbeiten, ergänzen die raumplanerischen Texte. Darüberhinaus legt ein Interview mit Akteur*innen vom Fonds Landschaft Schweiz, dem Bauernverband und aus der Landschaftsarchitektur die Wechselwirkungen von Ökologie, Ökonomie und Ästhetik offen. Neben dem schweizinternen Blick werden außerdem auch Ansätze aus dem Ausland – insbesondere aus den Niederlanden –  beleuchtet. Das Buch schließt mit 15 ausgewählten, wegweisenden Landschaftsarchitekturprojekten der letzten Jahre.


Was den Autor, die Autorin auszeichnet:

Der BASL hat für die diesjährige Ausgabe des anthos Magazins insgesamt 15 Autor*innen versammelt. Darunter vorrangig (Landschafts-)Architekt*innen, Raum- und Umweltplaner*innen und Journalisti*innen, unter anderem jedoch auch eine Archäologin und eine Politikwissenschaftlerin.


Das ist eine wichtige Aussage:

„Landschaft muss wieder ein gesundes, öffentliches Gut werden, das verschiedene gesellschaftliche Werte widerspiegelt“ S. 47


Eine Aussage, die zum Nachdenken anregt:

„[…] Subventionen haben weitreichende Folgen für unsere Ernährungsgewohnheiten und die Landschaft. […] Die Subvention sollte nicht 1:1 in der Landschaft erkennbar sein. Viel wichtiger ist der Blick auf das Ganze, die Eigenart, die regionale Identität.“ S. 58


Mit diesem Wissen aus dem Buch kann man angeben:

Interessant ist zum Beispiel, wie sich der traditionelle Obstanbau im Schweizer Mittelland wandelte. Einst bestimmten hochstämmige Obstbäume, unter denen Ackerfrüchte und Gras kultiviert wurden, die Landschaft.  In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stuften Autoritäten Alkoholismus als gesellschaftliches Problem und den aus den Früchten gewonnenen Schnaps als Gefahr ein. 1955 setzte ein Bundesbeschluss Prämien zur Abholzung von Obstbäumen aus. Dies führte zur massenhaften Beseitigung zahlreicher Obstbäume – und zum drastischen Wandel des Landschaftsbildes. Heute sind Niederstamm-Spaliere im Obstbau vorherrschend. Nur langsam etablieren sich wieder Hochstamm-Kulturen.


Trend und Klassiker in Teilen, weil:

…es zwar den derzeitigen Status quo abbildet und damit als tagesaktuelle Analyse gelten kann. Gleichzeitig ruft das Jahrbuch jedoch auch zum Überdenken der derzeit geltenden Praxis auf und bietet für einen Paradigmenwechsel allgemeine Denkansätze und historische Bezüge.


Kurzer Satz zu...

  • Haptik: Das Jahrbuch liegt als stabile Broschüre im DinA4-Format auf matten Seiten vor.
  • Design: Das Layout ist ansprechend und minimalistisch. Die Texte sind jeweils in zwei Spalten in deutscher und französischer Sprache angeordnet. Zahlreiche Abbildungen lockern die Textpassagen auf.
  • Lesefluss: Die Sprache variiert je nach Autor*in – insgesamt sind alle Texte jedoch leicht verständlich und nachvollziehbar. Die Projektbeschreibungen vermitteln einen bildhaften Eindruck. Insgesamt eine kurzweilige und spannende Lektüre.
  • Bildsprache: Im Besonderen ist die außergewöhnliche, mehrseitige Bildstrecke des Künstlers Georg Aerni zu erwähnen. Sie zeigt Fotografien aus vier Serien: darunter Gewächshauslandschaften bei Almeria, Gemüseäcker nahe Kairo und traditionelle Schweizer Obstgärten im Winter. Darüberhinaus begleiten Porträt- und Projektfotos die Texte.
  • Information: Durch die Vielzahl an Autor*innen und Texten gibt das Jahrbuch einen Einblick in viele verschieden Aspekte rund um die Land(wirt)schaft der Schweiz. In Kürze hält der Band dadurch eine breite Informationspalette bereit.

Was sonst noch wichtig wäre:

Die Vielfalt der besprochenen Themen und Projekte garantiert eine Kurzweiligkeit. Viele der Einzelthemen rufen dabei nach einer vertieften Auseinandersetzung und stoßen so zur weiteren Recherche an.

Das Buch „anthos. Essen/Nourriture“ gibt es hier, mehr interessanten Lesestoff und Rezensionen hier.

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