Der Internationale Carlo Scarpa Preis ehrt wenig beachtete Landschaften und fördert deren Erfoschung und Erhalt. 2020 ging der Preis an das Rosental und die Rote Schlucht in Kappadokien.
Restaurierung von Malereien gewürdigt
Fotos: Marco Zanin for Fondazione Benetton Studi Ricerche
Mit der Verleihung des diesjährigen Internationalen Carlo Scarpa Preises an die spektakulären Landschaften und die Höhlenarchitektur des Rosentales und der Roten Schlucht – Güllüdere und Kızılçukur auf Türkisch – erhielt ein Ort die Auszeichnung, der die komplexe geologische und kulturelle Geschichte Kappadokiens widerspiegelt. Der zum 31. Mal von der Benetton-Stiftung vergebene Preis rückt gesellschaftlich und kulturhistorisch bedeutende, jedoch wenig beachtete Landschaften in den Fokus. Und fördert damit deren Erforschung und Erhalt.
Die von Vulkangipfeln umgebene und von Wind und Wasser geprägte Tuffsteinlandschaft Kappadokiens liegt im Herzen der zentralanatolischen Hochebene. Nach Ankunft der ersten Christen im 3. Jahrhundert wurde die Region zu einer der führenden christlichen Gemeinden des ersten Jahrtausends. Mit der Verbreitung der byzantinischen Kultur entstanden unzählige Eremitenbehausungen, Klostersiedlungen und atemberaubende Sakralbauten. Ab dem 13. Jahrhundert wurden die Höhlen in Ställe, Wohnhäuser und Zisternen umgewandelt.
Die Jury würdigt mit der Preisvergabe die Arbeit der Kunsthistorikerin Maria Andaloro und ihres wissenschaftlichen Teams der Universität Tuscia in Italien. Sie tragen mit der Restaurierung der Malereien in den Felsenkirchen dazu bei, die kulturhistorische Bedeutung dieser Landschaft wieder lesbar zu machen. Durch die Auszeichnung wird die weitgreifende Bedeutung der imposanten Naturlandschaft veranschaulicht, in der die Spuren verschiedener, im Laufe der Jahrhunderte aufeinanderfolgenden Kulturen und Besiedlungsformen weiterhin erlebbar sind.
Beziehung zwischen Konservierung und Wandel
Das Projekt reiht sich somit in die Tradition früherer Preisträger wie etwa der kasachischen Wildapfel-Wälder oder des Teegartens Dazhangshan in China ein, die den ursprünglichen Charakter und die Identität des Ortes bewahren, ohne hierbei unvermeidlichen Nutzungswandel, Aneignung oder landschaftliche Veränderungen zu verleugnen. Vielmehr wird eine Erneuerung angestrebt, die eine Landschaftspflege im weiteren Sinne – die Pflege der kulturellen, gesellschaftlichen, historischen und naturlandschaftlichen Werte – beinhaltet. Angesichts der ereignisreichen Geschichte der kappadokischen Täler und der fortschreitenden Ausbreitung touristischer Aktivitäten in der Region erhält diese harmonische Beziehung zwischen Konservierung und Wandel eine grundlegende Bedeutung.