04.02.2021

Gesellschaft

Drei Jahre kein Centre Pompidou

Foto: Iris auf Pixabay
Foto: Iris auf Pixabay

Das Centre Pompidou wird Ende 2023 im Zuge von umfangreichen Sanierungsmaßnahmen für mindestens drei Jahre schließen. Anstatt sieben Jahre bei Teilbetrieb den Renzo Piano Bau zu renovieren, beschloss man in Paris, den ikonischen Röhrenbau komplett dicht zu machen.


Schließung destabilisiert vielleicht das Centre Pompidou

„Nous n’avons plus le choix, le bâtiment est en souffrance (zu Deutsch: Wir haben keine Wahl mehr, das Gebäude ist in Not.)“, sagte Serge Lasvignes vergangene Woche Montag. Er verkündete damit, dass das Pariser Wahrzeichen Centre Georges Pompidou im Zuge zwingend notwendiger Sanierungsmaßnahmen für mindestens drei Jahre schließt.

Der Präsident des Museums räumte damit den maroden Zustand des markanten Pariser Baus ein. Das staatliche Kunst- und Kulturzentrum nennen die Pariser*innen liebevoll „La Raffinierie“. Es soll Ende 2023 schließen um mit einer Investition von 200 Millionen Euro spätestens zum 50-jährigen Jubiläum 2027 wieder fit zu sein.

Gemeinsam mit der französischen Kulturministerin Roselyne Bachelot stand Serge Lasvignes vor der Wahl, den markanten Röhrenbau von Renzo Piano und Richard Rogers für sieben Jahre bei geöffnetem Zustand zu sanieren oder ihn für drei Jahre komplett dicht zu machen. Man entschied für sich letzteres.

Interessant dabei: Das „Centre national d’art et de culture Georges-Pompidou“, benannt nach dem ehemaligen französischen Staatspräsidenten Georges Pompidou, war bereits vor zwanzig Jahren für zwei Jahre zu – aufgrund von Renovierungsarbeiten. Wie Le Figaro berichtete, machte die Ministerkommission für Immobilien bereits 2016 auf den maroden Zustand des Centre Pompidou aufmerksam. Wirklich passiert ist den vergangenen vier Jahren jedoch nichts. Niemand wollte, so Le Figaro, der Überbringer der schlechten Nachricht sein, die das Pariser Kunst- und Kulturzentrum als Ganzes destabilisieren könnte.


120 000 zeitgenössische Kunstwerke im Centre Pompidou

Mit dem Ziel Personen aller Gesellschaftsschichten in Paris freien Zugang zu Wissen zu ermöglichen, wurde das Centre Pompidou am 31. Januar 1977 eröffnet. Heute beherbergt der ikonische Röhrenbau das Musée National d’Art Moderne und insgesamt mehr als 120 000 Kunstwerke des 20. Jahrhunderts. Zudem ist es Zuhause eines Industriedesignzentrums, einer Bibliothek, einem Musikforschungszentrum, einer Kinderwerkstatt, Kino-, Theater- und Vortragssäle, einer Buchhandlung sowie einem Restaurant und einem Café.


Lasvignes: Sanierungszeitplan fußt auf Treibsand

Fest steht: Der Bau im 4. Arrondissement in Paris hat in den letzten Jahren neue „Falten“ entwickelt. Das Museum kämpft mit Rost an Stahlträgern, Klimatisierungsproblemen in den Rolltreppenröhren, veralteten Aufzügen und Asbest. Um zum 50-jährigen Jubiläum wieder strahlen zu können, muss man jetzt ran. Zugleich haben die Folgen der Corona-Pandemie das Centre Pompidou – wie auch allen andere Kultureinrichtungen – schwer getroffen. Während Frankreich aufgrund der hohen Infektionszahlen und der Virusmutation am Sonntag seine Grenzen zu Nicht-EU-Ländern dicht machte, bleiben auch die Tore des Centre Pompidou geschlossen.

Auf die Interviewfrage von den Le Figaro Kolleg*innen Valérie Duponchelle und Bertrand de Saint Vincent, wie Serge Lasvignes in diesen chaotischen Zeiten einen Zeitplan für die Sanierung aufstellt, antwortet dieser mit „Des sables mouvants, voilà le contexte“. Er verdeutlicht damit, dass er sich im Zuge der Sanierungsarbeiten wie auf Treibsand bewegt. Das zentrale Merkmal dieser Zeit, so der Chef des Centre Pompidous, das sei die Unsicherheit.


Christo-Ausstellung im Centre Pompidou

Welchen Verlust die aktuelle und geplante Schließung des Centre Georges Pompidou darstellt, das bestätigt die Erinnerung an die Ausstellung „Christo und Jeanne-Claude, Paris!“ Diese fand vergangenen Sommer im Centre Pompidou statt. Vermutlich hat sie aber im Zuge eigener moralischer Reisebeschränkungen kaum jemand von uns gesehen. Jedenfalls defintiv niemand aus der G+L-Redaktion. Die Ausstellung im Centre Pompidou nahm die Anfänge des Künstlerpaars Christo und Jeanne-Claude in den Blick. Sie dokumentierte, wie die zwei Künstler*innen mehrere Jahre dafür kämpften im Jahr 1985 die Pont Neuf in Paris zu verhüllen. Die Ausstellung eröffnete drei Monate später als geplant am 1. Juli.

Christo selber erlebte die Hommage an ihn und seine Frau bedauerlicherweise nicht mehr. Er verstarb am 31. Mai 2020 (lesen Sie hier einen Nachruf). Jeanne-Claude verstarb bereits im November 2009 an einer Hirnblutung. Das letzte Projekt, an dem Christo vor seinem Tod gearbeitet hat, die Verhüllung des Pariser Triumphbogens, soll jedoch trotzdem realisiert werden. Die Kunstaktion ist für Herbst 2021 geplant. Und bis dahin ist ja vielleicht, vielleicht auch das Centre Pompidou wieder eröffnet … bis es dann wieder zumacht.

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