29.10.2021

Gesellschaft

Dachbegrünung – Überblick

Foto: Chuttersnap/Unsplash

Foto: Chuttersnap/Unsplash


Dachbegrünung: Vorteile im Überblick

Grüne Dächer sehen gut aus und sorgen innen wie außen für ein besseres Klima. Doch nicht jedes Dach ist für eine Begrünung geeignet. Was Sie beim Thema „Dachbegrünung“ wissen müssen und wie man sie anlegt, das lesen Sie hier. 

Die ersten in der Geschichtsschreibung erwähnten grünen Dächer dürften die schon vor Beginn unserer Zeitrechnung entstandenen „Hängenden Gärten von Babylon“ sein. Schon damals schätzten die Bürger*innen die Vorteile des auf die Dächer geholten Grüns, allen voran die optische Aufwertung des Stadtbilds. Doch auch das Klima der unter begrünten Dächern befindlichen Räumen verbessert sich: Im Sommer kühlt das grüne Dach durch Lichtabsorption, Lichtreflektion und die Verdunstung von Wasser. Im Winter stellt die Dachbegrünung dagegen eine Dämmschicht gegen die Kälte dar.

Der Hauptnachteil einer Dachbegrünung sind aber die höheren Anschaffungskosten im Vergleich zum normal gedeckten Dach. Der Aufwand für die Abdichtung gegen eindringende Feuchtigkeit und einwachsende Wurzeln kann folglich die Kosten eines Gründachs auf das Doppelte eines normalen Dachs anwachsen lassen. Je nach Art des begrünten Dachs sind unter Umständen also auch die laufenden Kosten für die Instandhaltung höher als beim unbegrünten. Zudem muss die Tragfähigkeit der Dachkonstruktion geprüft werden. Die Dachbegrünung kann darüber hinaus erhebliche zusätzliche Flächenlasten verursachen und viele Dächer verbieten sich deswegen statisch dafür. Ab zehn Grad Dachneigung kann es überdies notwendig werden, die Dachbegrünung dann vor dem Abrutschen zu sichern.

Dachbegrünung: Arten

Foto: Chuttersnap/Unsplash
Dachbegrünung ist nicht gleich Dachbegrünung. Man unterscheidet zwischen extensiv, intensiv und semi-intensiv (Foto: Tommy Kwak)

Bei der Dachbegrünung unterscheidet man zwischen extensiver, intensiver und semi-intensiver Dachbegrünung. Wie man diese voneinander unterscheidet, lesen Sie nachfolgend.

Extensiv

Extensive Dachbegrünung (Foto: Martin Kraft // photo.martinkraft.com, Wikimedia Commons)

Intensiv

Diese intensive Dachbegrünung gehört zu einem der Best Practices – der Chicago City Hall (Foto: Conservation Design Forum/Wikimedia Commons)

Checkliste Dachbegrünung

Semi-Intensiv

Sie wollen ein Dach oder mehrere Dächer begrünen? Dann sollten Sie folgende Punkte beachten.

Dachbegrünung: Stadt München Spitzenreiterin im landesweiten Vergleich

Mit dem BUGG-Marktreport Gebäudegrün 2020 veröffentlichte der Bundesverband GebäudeGrün e.V. (BuGG) erstmals eine Übersicht der aktuell wichtigsten Zahlen zu Dachbegrünung, Fassadenbegrünung und Innenraumbegrünung in Deutschland. Der Bericht verdeutlicht, dass die Gebäudebegrünung nicht mehr nur ein Nischenprodukt ist. Der Gebäudebegrünungsmarkt wachse und dies spiegle sich an der Vielzahl von unter anderem Dachbegrünungs-Projekten wider, so der offizielle Bericht.

Weltbekannte Fassadenbegrünung: der Bosco Verticale in Mailand (Foto: Ricardo Gomez Angel/Unsplash)

Dachbegrünung: Best Practices

Zudem sollen im Jahr 2019 insgesamt über sieben Millionen Quadratmeter Dachfläche begrünt worden sein. In Deutschland liege also die Summe der begrünten Dachflächen in der Größenordnung von etwa 120 Millionen Quadratmetern. Außerdem habe man im Jahr 2019 insgesamt 90 000 Quadratmeter Fassadenfläche begrünt. Mit über drei Millionen Quadratmetern Dachbegrünungsfläche sei darüber hinaus die Landeshauptstadt München die Gründach-Vorreiterstadt. Stuttgart führe aber mit gut vier Quadratmetern Gründach pro Einwohner*in. Der durchschnittliche Gründach-Index (also Quadratmeter Gründach pro Einwohner*in) liegt laut dem BuGG bei 1,2.

In den letzten Jahren sind erstens allgemein mehr Dachbegrünungsprojekte entstanden, zweitens werden auch die Namen der beauftragten Büros immer größer. So arbeiten aktuell die Bjarke Ingels Group (BIG) und Heatherwick Architects an einem Dachbegrünungs-Leuchtturmprojekt für das Londoner Google-Headquarter. Aber auch Herzog & de Meuron realisieren darüber hinaus in den kommenden Jahren ein großes Dachgarten-Projekt im Basler Süden. Eine Auswahl der größten und wichtigsten Dachbegrünungsprojekte der vergangenen Jahre haben wir Ihnen hier zusammengestellt.

Chicago City Hall – USA

Das begrünte Dach des Rathauses von Chicago ist eines der berühmtesten Beispiele für Dachbegrünung. Dieses wurde 2001 mit insgesamt 3 600 Quadratmeter Grünfläche ausgestattet. Mehr als 20 000 Pflanzen aus 150 verschiedenen Arten sorgen unter anderem für jährlich etwa 90 Kilogramm Honig, den die auf dem Dach beheimateten Bienenvölker produzieren.

Bürgermeister Richard M. Daley wollte mit dem City Hall’s Rooftop Garden den städtischen Wärmeinseln begegnen und die städtische Luftqualität verbessern. Das lokale Umweltministerium beauftragte also für das Projekt ein Team von Landschaftsarchitekt*innen, Architekt*innen, Bauingenieur*innen und Ökolog*innen. Das Projekt gewann 2002 den Professional Merit Award der American Society of Landscape Architects.

Gründach der Chicago City Hall (Foto: Conservation Design Forum/Wikimedia Commons)
Bienen auf dem Dach des Chicagoer Rathauses (Foto: Conservation Design Forum/Wikimedia Commons)
Gründach Chicago City Hall im Winter (Foto: D.Waterson/Wikimedia Commons)
Luftansicht der Chicago City Hall (Foto: TonyTheTiger/Wikimedia Commons)

 

Namba Parks Osaka – Japan

Über acht Stockwerke zieht sich die Dachgartenlandschaft im Büro- und Shoppingkomplex “Namba Parks” und dient so als innerstädtische Oase.

Namba Park in Osaka: Links der Grünraum mit dem Canyon, rechts der Wohn- und Büroturm. (Foto: Mike Swigunski/Unsplash)

Ursprünglich war das Osaka Stadion für Baseball gedacht – dafür entworfen hatte es der japanische Architekt Sakakra Junzō in den 1940er-Jahren. Als es schließlich 1998 geschlossen wurde, begann es zu verfallen. Erst 2000 riss man es ab. Die Fläche gehört der Bahngesellschaft Nankai Electric Railway und befindet sich direkt neben dem Namba-Bahnhof. Im Wissen, dass Ankommende von Osaka als erstes das Gebäude auf diesem Gelände sehen würden, beauftragte die Eigentümerin Nankai Electric Airway die Planer*innen von Jerde Partnership. Sie erhielten den Auftrag, ein Tor in die Stadt zu entwerfen, das Osakas Identität neu definierten würde.

Der Canyon (Foto: Wpcpey/Wikimedia Commons)
Namba Park – nähere Ansicht (Foto: 663highland/Wikimedia Commons)

Osaka ist eine dichte Stadt – Jerde beschreibt die Umgebung als rau. Aus diesem Grund reagierten die Planer*innen mit einem Naturerlebnis. Ihr Ziel war es, die Natur und die Erholung zu zelebrieren, Menschen und Kuluren miteinander in Verbindung zu bringen. Dafür designten die Planer*innen von Jerde einen 30-stöckigen Büroturm und ein Einkaufszentrum. Dieses beherbergt auch das Herzstück des Projekts: den Namba Park. Denn Besucher*innen steigen über acht Stockwerke auf das Dach des Shopping Centers. Und dieses Dach ist durchweg begrünt – sie steigen durch die Natur. Fast wie auf einen Berggipfel.

Ein gewundener Pfad, der einen Canyon darstellt, teilt die Parkebene. Zwischen Bäumen und Wasserspielen bieten sich Terrassen und weite Grünflächen an, von den Besucher*innen als Erholungsflächen genutzt zu werden. Dazu kommt ein Amphitheater sowie Flächen für Gemeinschaftsgärten und Wagengeschäfte, Teiche und Büsche. Bewässert wird das Ganze durch aufbereitetes Abwasser der Restaurants im Einkaufszentrum.

Das Projekt inmitten des Geschäftsbezirks von Osaka ist intelligent, nachhaltig und zugleich verkehrsorientiert. Jerde Partnership konnte den wirtschaftlichen Nutzen mit einem umweltfreundlichen Design vereinbaren.

Kö-Bogen Düsseldorf – Deutschland

Der Kö-Bogen II in Düsseldorf fällt auf, und zwar sofort. Das liegt an seiner grünen Fassade – eine Fassade, wie es sie bisher in Deutschland noch nicht gibt. Insgesamt 30 000 Pflanzen ließen die Architekt*innen von Christoph Ingenhoven Architects entlang von drei der fünf Gebäudeseiten anbringen. So auch auf dem Dach.

Der Kö-Bogen II in Düsseldorf ist auf drei Seiten begrünt – auch auf dem Dach. © ingenhoven architects / HGEsch

Christoph Ingenhoven möchte der Stadt so viel Grünraum zurückgeben wie möglich. Die Hainbuchhecken am Kö-Bogen II (eine heimische Pflanzenart) sind zwar für die Öffentlichkeit nicht begehbar. Die Vorteile der Pflanzen kriegt sie dennoch zu spüren. So schirmen die Pflanzen im Sommer die Sonnenstrahlen ab und reduzieren den innerstädtischen Wärmeeffekt. Zugleich binden sie Kohlendioxid, binden Feuchtigkeit und dämpfen Lärm. Ein weiteres Plus: Sie fördern die Biodiversität.

Im Herbst färben sich die Blätter des Kö-Bogens II braun und bleiben so bis zum Frühling © ingenhoven architects / HGEsch

Die positiven ökologischen Effekte der 30 000 Hainbuchhecken lassen sich umrechnen: Laut Ingenhoven Architects schaffen sie einen ökologischen Nutzen von rund 80 ausgewachsenen Laubbäumen. Woher die Planer*innen das so genau wissen? Ingenhoven Architects lassen die Fassade wissenschaftlich begleiten. Das führte auch dazu, dass sie sich für Hainbuchhecken entschieden.

Die Pflanze ist sehr resilient – auch in der Stadt – und benötigt im Winter kein Wasser. Denn in den kalten Monaten trägt sie kein aktives Laub. Stattdessen färben sich die Blätter braun und bleiben am Spross hängen. Erst im Frühjahr fallen sie ab, kurz bevor wieder grüne Triebe sprießen. Dazu kommt, dass die Hainbuchhecken nur schwer entflammbar sind – ein wichtiger Sicherheitsaspekt.

Zwischen den Hainbuchhecken befinden sich Laufstege und Befahranlagen © ingenhoven architects / HGEsch

Um die Hainbuchhecken zu warten, wurde eine Fachfirma engagiert. Außerdem brachten die Planer*innen Laufstege zwischen den Hecken an und sorgten in den vertikalen Bereichen für Befahranlagen.

Mehr zum Projekt und Ingenhovens Konzept lesen Sie in der G+L 11/21.

Auch lesenswert: Die Hamburger Behörde für Umwelt und Energie veröffentlichte 2019 einen umfassenden Leitfaden Dachbegrünung. Er vermittelt Fachwissen und praktische Informationen für das Planen und Ausführen von Dachbegrünung.

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