28.10.2021

Projekt

Der Steingarten – umweltfreundlicher als gedacht

Steingarten, Foto: Dragonhunter/Pixabay
Foto: Dragonhunter/Pixabay

Steingarten: Unsere aktuellen Top Ten der Gärten des Grauens

Der Ruf des Steingartens eilt ihm voraus: Er torpediere die Artenvielfalt, unterstütze die Flächenversiegelung und schade dem Ökosystem „Stadt“. Warum das so nicht korrekt ist, wieso der Unterschied zwischen den Begriffen Schotter- und Steingarten so wichtig ist und was Sie tun können um einen umweltfreundlichen Steingarten anzulegen, das lesen Sie hier.

Er gilt als der natürliche Feind der Biodiversität: der Steingarten respektive der Schottergarten. Und dennoch ist er in Deutschlands Städten – und allen voran in Deutschlands Vorstädten oder ländlichen Gegenden – zuhauf zu bemerken. Allen voran Ulf Soltau rückte den Steingarten in den Fokus der Öffentlichkeit. Der studierte Biologe veröffentlicht seit Februar 2019 auf seinen Facebook- und Instagram-Accounts regelmäßig neue Impressionen von den sogenannten „Gärten des Grauens“. Auf G+L.de berichteten wir hier bereits von den Gärten des Grauens.

Man sieht dort besonders hässliche und dadurch aber auch durchaus beeindruckende – vermeintliche – Steingarten-Beispiele. Der eine „Steingarten“ hebt sich durch reine Kargheit hervor, der andere „Steingarten“ spiegelt die volle Kreativität seiner Gestalter*innen wider. Hier zieren dann die klassischen Gartenzwerge das Grau, kleine Tierausstellungen amüsieren vorbeiziehende Spaziergänger*innen oder Wesen aus anderen Welten grüßen ihre Eigentümer*innen beim Nachhausekommen.

Nachfolgend haben wir unsere aktuellen Top Ten der Gärten des Grauens zusammengestellt.

Zum Instagram-Kanal „Gärten des Grauens“ geht es hier.

Der Steingarten im Zentrum eines gesellschaftlichen Konflikts

Die Gärten des Grauens finden aber nicht nur in sozialen Netzwerken statt. Vielmehr gelang Ulf Soltau mit seinem Buch „Gärten des Grauens“ der print-mediale Durchbruch. Inzwischen hat er sogar das zweite Buch „Noch mehr Gärten des Grauens“ veröffentlicht. Gleichzeitig bewirkte die Aufmerksamkeit tatsächliche Änderungen in den Bauordnungen zahlreicher Kommunen. Mehr und mehr Kommunen verbieten Schottergärten in neuen Bebauungsplänen.

Steingarten, Foto: Dragonhunter/Pixabay
Schottergärten unterscheiden sich von Steingärten nicht nur namentlich. Im Gegensatz zu Steingärten sind sie nicht ratsam, da sie viele Nachteile mit sich bringen. (Foto: Dragonhunter/Pixabay)

Der Steingarten kann eine Oase der Biodiversität sein

Für viele Personen stellen die Verbote wichtige Zeichen für den Artenschutz und gegen die zunehmende Versiegelung von Flächen dar. Andere sehen im Steingarten-, beziehungsweise Schottergarten-Verbot einen Angriff auf ihre persönliche Ästhetik und Entscheidungsfreiheit. Sie, die Steingarten-Befürworter*innen, entscheiden sich häufig aufgrund seiner vermeintlichen Pflegeleichtigkeit und Zeitersparnis für den Schottergarten. Der Steingarten hat damit in Deutschland einen regelrechten, gesellschaftlichen Konflikt ausgelöst.

Der Titel „Noch mehr Gärten des Grauens“ erschien im Eichborn Verlag. Sie können das Buch hier bestellen.

Seit einigen Jahren umgibt den Steingarten also ein äußerst zweifelhafter Ruf. Dies ist aber so auch nicht ganz richtig. Denn der Steingarten muss nicht immer grau sein. Hierzu, zunächst eine kurze, aber wichtige Info über den Begriff „Steingarten“ an sich. Die Beispiele, die oben zu sehen sind, mögen Steingärten sein. Genauer lässt sich der gezeigte Typus jedoch als „geschotterter Steingarten“ oder „Schottergarten“ bezeichnen. Warum das so wichtig ist? Nun, während ein korrekt angelegter Steingarten eine Oase der Biodiversität sein kann, ist ein Schottergarten – und zwar ganz bewusst – das genaue Gegenteil davon.

Der Schottergarten: Nur vermeintlich pflegeleicht

Sehen wir uns also zunächst einmal diese Schottergärten an. Es handelt sich um großflächig mit Kies, Splitt, Geröll oder eben Schotter verschüttete Flächen, teils mit Verzierungselementen und manchmal mit vereinzelten, anspruchslosen Pflanzen. Die vermeintliche Pflegeleichtigkeit eines solchen Schottergartens bei gleichzeitig ordentlichem Erscheinungsbild ist also die Hauptmotivation derjenigen, die ihn anlegen.

Tiere finden in Schottergärten oft nur in Form von Figuren einen Lebensraum (Foto: Immanuel Giel/Wikimedia Commons)

Häufig Komplettaustausch der Schotterauflage nötig

Unkraut jäten, Rasen mähen, Gießen, Spinnen, Ameisen und andere Insekten – all das erhofft man sich im Schottergarten auf Dauer sparen zu können. Doch egal wie aufwendig die Schotterauflage auch durch Wurzelsperren vom Untergrund abgetrennt wurde, entsteht durch den unvermeidlichen Eintrag von Laub, Vogelkot und anderem organischen Material in die Auflage bereits nach wenigen Jahren bester Erdboden, in dem sogleich die ersten Keimlinge zu gedeihen beginnen. Ebenfalls besiedeln mit den Jahren Moose und Algen vor allem diejenigen Steine, die sich in Schattenlagen befinden. Um diesen Prozess zu verlangsamen, erfordert ein Schottergarten regelmäßige Pflege, etwa per Laubgebläse, Hochdruckreiniger oder Abflämmer.

Gänzlich aufhalten lässt sich der Prozess der Renaturierung letztendlich nicht. Die zerklüftete Oberfläche der Schotterauflage macht es praktisch unmöglich, jedes Mal sämtliches organisches Material beim Reinigungsvorgang aus ihr zu entfernen. Selbst bei guter Pflege sieht ein Schottergarten nach spätestens zehn Jahren nicht mehr so akkurat und sauber aus, wie anfangs und je nach optischem Anspruch der Eigentümer*innen ist dann der Komplettaustausch der Schotterauflage und die Erneuerung der Wurzelsperre fällig. Wird ein Schottergarten überhaupt nicht gepflegt, kann er unter Umständen schon in weniger als drei Jahren nicht mehr ohne weiteres als solcher erkennbar sein.

Kommunen und Länder verbieten zunehmend Schottergärten

Schottergärten sind nicht nur biologisch weitgehend leblose Flächen. Durch ihre Wärmekapazität und die fehlende Verdunstung tragen sie zudem zur Erhitzung und Austrocknung des Stadtklimas bei. Sie reflektieren Schall außerdem in höherem Ausmaß als Grünflächen und sorgen so für eine lautere Stadt. Schotterflächen gelten wegen ihrer mangelhaften Wasseraufnahmekapazität in den meisten Kommunen zumindest als teilversiegelt. Sie unterliegen damit der Zahlungspflicht für Niederschlagswassergebühren. Ist der Schottergarten gar durch eine wasserundurchlässige Schicht aus Folie oder Beton vom Untergrund getrennt, liegt Vollversiegelung vor.

Mehr und mehr Gemeinden verhängen bekanntlich inzwischen Schottergarten-Verbote für neue Bebauungspläne. Einzelne Landesregierungen unterstützen außerdem dieses Vorgehen – darunter zum Beispiel Baden-Württemberg.

Der Steingarten als Biotop

Von kundiger Hand angelegte Steingärten sind aber strukturreiche und artendiverse Magerbiotope. Sie bieten Mikroklimata, in denen sich hochspezialisierte Pflanzen, viele davon aus dem alpinen Raum, wohlfühlen.

Steingärten hingegen können – richtig geplant – wahre Biotope der Biodiversität sein. (Foto: planet_fox/Pixabay)

Für die Bepflanzung im Steingarten eignen sich mehrere hunderte Spezies, die sich durch ihre Genügsamkeit und Robustheit auszeichnen. Einige beliebte Beispiele sind Blaukissen, Polsterphlox, Thymian, Wollziest oder auch Enzian. Neben einer Vielzahl von Insekten, die in einem naturnahen Steingarten wohnen, dürfte die bekannteste Bewohnerin im Steingarten die streng geschützte Zauneidechse sein.

Mittel- und Spätblüherinnen
Besonders wichtig für Insekten: Eine ausgewogene Auswahl aus Früh-, Mittel- und Spätblüherinnen, damit sie ganzjährlich versorgt sind. (Foto: Ursula Fischer/Pixabay)

Das sollten Sie bei der Anlage eines umweltfreundlichen Steingartens beachten

Mehr Informationen zu besonders insektenfreundlichen (nicht nur Stein-)Gärten finden Sie hier.

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