Auf der Architekturbiennale in Venedig stehen vielfach spektakuläre Einzelobjekte im Mittelpunkt. Der chilenische Pavillon aber legt den Fokus auf ein städtebauliches Thema: Die Ausstellung „Stadium: An event, a building and a city“ zeigt, wie eng die Entwicklung einer Stadt mit den politischen Machtkonstellationen ihrer Zeit verflochten ist – und wie leicht sie dabei zum Instrument der Unterdrückung werden kann.
Den Mittelpunkt des chilenischen Pavillons bildet ein 7 x 5 Meter großes Stadion aus Stampflehm. 60 einzelne Teile unterschiedlichen Zuschnitts zerteilen den Monolithen in rätselhafte Fragmente. Anstelle der Stadionränge lassen sich feine Erhebungen, offensichtlich Siedlungsstrukturen, erkennen. Was wie ein überdimensionaler Handschmeichler passend zur kommenden Fußball-WM erscheint, thematisiert in Wirklichkeit ein politisch und gesellschaftlich hochbrisantes Thema. „Stadium: an event, a building and a city“ stellt in mehreren Erzählsträngen einen Teil der Geschichte des chilenischen Nationalstadions dar, welches für einen Tag Gebäude und Stadt zugleich war.
Im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung Chiles in den 70er-Jahren unter dem Pinochet-Regime legte die Nationale Stadtentwicklungspolitik ein Programm zur Liberalisierung auf. Staatliche Investitionen in den Wohnungsbau wurden gestrichen, Planungsinstrumente und -regularien aufgeweicht und Stadterweiterungsflächen nach Gusto freigegeben. Zum Programm gehörte auch die Umsiedlung informeller Siedlungen und die Legalisierung dieser Flächen in einem großen Propaganda-Akt. 37.000 Menschen, deren Namen Wochen zuvor in den Zeitungen in einer Art kartographischer Blaupause des Stadionplans bekannt gegeben worden waren, fanden sich am 29. September 1979 dort ein, um ihre Landbesitzurkunde entgegenzunehmen, die sie zu Immobilienbesitzern erklärte. Doch das Geschenk hatte einen Haken, die Flächen befanden sich am ausgefransten Stadtrand, an dem notwendige Infrastrukturen fehlten.