Seit Anfang Mai hat sich das Regenauffangbecken des ehemaligen Flughafens Tempelhof in ein Labor neuer urbaner Praxis verwandelt. Entworfen vom Architekturkollektiv „raumlaborberlin“, lässt sich hier für fünf Monate die „Floating University Berlin“ nieder und schafft einen Ort der kollektiven Wissensproduktion.
Improvisierte Oase
Alle Fotos: Victoria Tomaschko.
In einer generischen Struktur aus Holz und Baugerüsten bietet die Floating University die nächsten Monate ein vielfältiges Programm für alle Altersstufen. Ein interdisziplinäres Team aus Studierenden und Wissenschaftlern von mehr als 20 internationalen Universitäten, Künstlern, Architekten, Tänzern, Musikern, Nachbarn und lokalen Experten erproben hier neue Formen des gemeinsamen Lernens und der Zusammenkunft.
Durch einen verwunschenen Eingang betritt der Besucher das Gelände der „Floating University Berlin“. Der gemeinschaftliche Campus wird über einen begrünten Treppenturm aus Baugerüsten erschlossen. Dieser soll sich über den Sommer in einen wuchernden „Tomatenwald“ aus mehr als vierzig Tomatensorten transformieren. Schnell wandert der Blick auf den „Japanischen Pavillon“, der über dem Regenauffangbecken zu schweben scheint.
Das Regenauffangbecken stammt bereits aus dem 19. Jahrhundert und ist noch heute in Funktion. Bei starkem Regenfall sammelt sich hier das Wasser, das auf die Dächer des ehemaligen Tempelhofer Flughafengebäudes, das Flugfeld und den anliegenden Columbiadamm fällt. Während sich das Auffangbecken in eine urbane Oase mit reichem Ökosystem verwandelt, fließt das Wasser nach und nach wieder ungefiltert in den Landwehrkanal ab – bereit für den nächsten Regen.
Über einen schmalen Holzsteg gelangt der wagemutige Besucher zu einem weiteren Ensemble experimenteller Baukonstruktion. In einem belebten Laborturm bereitet ein „performatives Filtersystem“ Regenwasser auf. Das aufbereitete Regenwasser versorgt unter anderem eine provisorische Laborküche. Ein paar Meter weiter entdeckt man eine Gruppe Studierender, die bei heißen Temperaturen ihre Füße zur Erfrischung ins kühle Nass halten. Sie haben ihre Vorlesung in das Whirlpool-Auditorium verlegt und lauschen passend zum Thema einem Vortrag über die nachwachsende Stadt.
Ein Labor für stadtpolitische Alternativmodelle
Doch was wären innovative Ideen und alternative Lernkonzepte ohne einen Ort des Diskurses? Die „Floating University Berlin“ bietet eine erfrischende Abwechslung zu verstaubten Konzepten der Wissensproduktion. Das „innerstädtische Offshore-Labor“ ermöglicht es, gemeinsam über die Produktion von Stadt nachzudenken und stadtpolitische Alternativmodelle zu entwickeln: Wie können wir durch angewandte Forschung städtische Routinen hinterfragen? Wie können wir aktuelle urbane Transformationsprozesse gemeinsam denken und gestalten?
Noch bis zum 15. September 2018 lädt die „Floating University Berlin“ im Rahmen der offenen Besucherwochen alle Interessierten ein, an Workshops, Vorträgen, Seminaren, Gespräche, Konzerten und Performances teilzunehmen.