30.08.2022

Gesellschaft

Friedhofsgestaltung: Aktionsplan zur naturnahen Gestaltung

Eine neue Broschüre der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege gibt Hinweise zur naturnahen Friedhofsgestaltung. Friedhof Gräfenberg mit altem Baumbestand. Foto: Barbara Füchtbauer
Friedhof Gräfenberg mit altem Baumbestand. Foto: Barbara Füchtbauer

Friedhöfe können wertvolle Lebensräume sein. Ein Aktionsplan gibt nun Empfehlungen und Tipps für eine naturnahe Friedhofsgestaltung.

Der Aktionsplan zur Friedhofsgestaltung der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege

Die Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege hat gemeinsam mit dem kirchlichen Verein „Schöpfung bewahren konkret e.V.“ einen Aktionsplan zur Friedhofsgestaltung veröffentlicht. In diesem Plan tragen die beiden Organisationen ihre Erfahrungen für Insektenschutz und mehr Artenvielfalt auf dem Friedhof zusammen.

„Friedhöfe sind nicht nur Orte der Stille und der Trauer. Sie sind auch Orte des Lebens. Wenn Wiesen und Gehölze ökologisch gepflegt und alte Mauern erhalten werden, finden viele Tiere Nahrung, Nistplätze oder Unterschlupf. In naturnahen Lebensräumen gibt es auch optimale Standortbedingungen für viele, darunter sogar seltene Pflanzen.

„Die Besonderheit von Friedhöfen ist ihre große Strukturvielfalt. Auf kleinstem Raum liegen halboffene Flächen, Kleinststandorte mit unterschiedlichen Nutzungsarten und naturnahe Restbiotope direkt nebeneinander. Alte Grabmauern und historische Gebäude sind Ersatzbiotope für Felslandschaften. Dadurch werden viele ökologische Nischen geschaffen, wo zahlreiche Pflanzen und Tiere das finden, was sie zum Leben brauchen. Vor allem in Städten und Dörfern können naturnahe Friedhöfe wichtige Rückzugsräume für viele Arten sein,“ schreibt die Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege.

Der Aktionsplan zur Friedhofsgestaltung ist online verfügbar. Er enthält zahlreiche Empfehlungen und Tipps für eine naturnahe Gestaltung dieses Lebensraums.

Eine neue Broschüre der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege gibt Hinweise zur naturnahen Friedhofsgestaltung. Wildblumen können dekorative Aspekte bilden, wie im Dietenhofener Friedhof. Foto: Barbara Füchtbauer
Wildblumen können dekorative Aspekte bilden, wie im Dietenhofener Friedhof. Foto: Barbara Füchtbauer

Mehr Biodiversität auf Friedhöfen

Die Broschüre namens „Oasen für Pflanzen und Tiere – Friedhöfe. Aktionsplan für Insektenschutz und mehr Artenvielfalt“ hat 34 Seiten. Sie ist als kostenloses PDF verfügbar. Darin finden sich konkrete Handlungsempfehlungen zur ökologischen Aufwertung von Friedhöfen. Auch praktische Tipps, etwa zur Pflege von Bäumen, Hecken, Sträuchern und Wiesen, gehören dazu. Denn nur eine gezielte Instandhaltung von Friedhöfen kann ihren ökologischen Wert maximieren.

Das Projekt zur Friedhofsgestaltung ist Teil der Bayerischen Biodiversitätsstrategie. Die Projektgruppe NaturVielfaltBayern hat ebenfalls an dem Projekt mitgewirkt. Neben der Broschüre gibt es fünf Merkblätter zu ökologischen Pflegemaßnahmen. Das Team hat über 20 Friedhöfe vor Ort betreut und Maßnahmen für Biodiversität umgesetzt.

Die folgenden Aktivitäten helfen dabei, den Friedhof naturnah zu gestalten und so wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schaffen:

  • Umwandlung von Rasen in Wiesen,
  • Erhaltung alter Laubbäume,
  • Gestaltung von Blühgräbern mit heimischen, regionalen Samenmischungen,
  • Zulassung der spontanen Besiedelung durch Wildkräuter in aufgelassenen Gräbern, sowie
  • Schutz von Öffnungen, Spalten und Nischen für Tiere wie Eidechsen.

Dabei ist es wichtig, die Maßnahmen gemeinsam mit den Zuständigen der Friedhöfe zu planen und umzusetzen. Auch die Angehörigen sollten über die Pläne informiert werden.

Ein neues Naturerlebnis auf dem Friedhof

Die naturnahe Friedhofsgestaltung bietet Insekten, Eidechsen, Vögeln und Kleinsäugern neue Rückzugs- und Nistmöglichkeiten. Auch Höhlenbrüter wie Schwarzspechte oder Hohltauben erhalten durch die fachgerechte Behandlung alter Bäume eine neue Heimat. Laut Projektteam können Friedhöfe so eine Anlaufstelle für selten zu sehende Tiere sein. Besucher*innen können ein neues Naturerlebnis erhalten, wenn sie auf dem Friedhof sind.

Um Konzepte zur Förderung der Biodiversität zu entwickeln, hat das Projektteam zunächst zehn verschiedene Anlagen ausgewählt. Diese unterscheiden sich in Bezug auf Größe, Struktur, Lage in der Siedlung und frei verfügbare Flächen. So gelang es, das beispielhafte Potenzial jeder Anlage zu ermitteln und daraus Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt zu entwickeln.

Dabei war es stets wichtig, die jeweilige Kirchengemeinde einzubinden. Auch weitere Kooperationspartner wie Landschaftspflegeverbände, Kreisfachberatungen für Gartenbau und Landespflege sowie ehrenamtliche Fledermausberater*innen waren Teil der Projektarbeit. Auf diese Weise überzeugte das Team die beteiligten Akteure von der Bedeutung von Biodiversität.

Auch die Öffentlichkeitsarbeit spielte eine Rolle: Friedhofsbesucher*innen sowie interessierte Bürger*innen konnten an Führungen und Schulungen teilnehmen. So gelang es, Informationen über die Arten und ihr Vorkommen in den Anlagen zu verbreiten. Hinzu kommt ein Faltblatt für Interessierte, das Praxisbeispiele zur naturnahen Friedhofsgestaltung zeigt und Pflegeempfehlungen enthält.

Eine neue Broschüre der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege gibt Hinweise zur naturnahen Friedhofsgestaltung. Hochwertige, magere Thymianwiese im Friedhof in Kirchensittenbach. Foto: Barbara Füchtbauer
Hochwertige, magere Thymianwiese im Friedhof in Kirchensittenbach. Foto: Barbara Füchtbauer

Übertragung der naturnahen Friedhofsgestaltung auf weitere Konfessionen

Die Tipps und Hinweise zur naturnahen Friedhofsgestaltung richten sich in erster Linie an pflegende Gärtner*innen. Aber auch Kirchengemeinden und Friedhofsbesucher*innen sind Zielgruppe der Broschüre. Zudem hat das Projektteam das Ziel, die Inhalte der Merkblätter und der Broschüre auf Friedhöfe unterschiedlicher Konfessionen zu übertragen.

Dafür sind bewusstseinsbildende Maßnahmen ebenso wichtig wie biodiversitätsfördernde Aktivitäten. Partizipative Aktionen, Pflanz- und Pflegeprojekte mit Schüler*innen sowie ein Kurzfilm sind Teil des Informationsangebots. Erste Projekte wurden bereits auf verschiedenen kommunalen, katholischen und jüdischen Friedhöfen umgesetzt. Dabei zeigte sich, dass eine Beratung durch Fachexpert*innen sehr hilfreich ist.

Übrigens: Mehr zur Kulturgeschichte von Friedhöfen und zu den neuen Ansprüchen an diese Orte lesen Sie hier.

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