11.12.2020

Porträt

Deutschlands berühmtester Pflanzenfreak

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Ende November war der 50. Todestag von Karl Foerster – einer der prägenden Charaktere der modernen Gartenkultur. Ein Nachruf.

Das Titelfoto des ersten Foerster­ Katalogs von 1907/08 zeigte Foersters Vater, den Astronomen Wilhelm Julius, lesend umgeben von Pflanzenreichtum im Foerster’schen Garten in Berlin­Westend. (Foto: Ausschnitt, Karl-Foerster-Nachlass in der Staatsbibliothek Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ka. 63, Mp. 70)

Die Weiterentwicklung des Gartens durch Karl Foerster

Vor 50 Jahren, am 27. November, starb mit Karl Foerster (1874–1970) einer der eigenartigsten Figuren der Landschaftsarchitektur des 20. Jahrhunderts. Politisch konservativ, aber anpassungsfähig, vernetzt bis in die höchsten Gesellschaftsschichten, mit neo-romantischen Vorlieben und doch Vorkämpfer einer traditionsbefreiten Sicht auf den Garten, blieb der Pflanzenzüchter Foerster sein Leben lang eine Art offensiver Botschafter Floras auf Erden.

Bereits früh suchten ihn Kreative wie Käthe Kollwitz oder Richard Neutra nicht nur aus fachlichen Gründen auf; die spirituelle Ausstrahlung des schmerzgeplagten Außenseiters zog die Menschen an. Es fällt schwer, seine gefühligen Aphorismen mit Ernst zu lesen. Gleichzeitig werden sie verkaufsfördernd in Coffee-Table-Büchern eingesetzt.

Bis hin zu Piet Oudolf bezeugen heute viele die Bedeutung Foersters für die Weiterentwicklung des Gartens. Und doch war Letzterer für ihn zunächst nicht viel mehr als der Ausstellungsort für seine „Feuerspiegel“ und „Juwelentürme“ in rhythmisierter Setzung. Den wirklich modernen Wohngarten schufen andere, aber die waren auf seine sehr vitalen Selektionen angewiesen. Zudem ließ sich mit der von Foerster angestrebten Farbklarheit und Schärfung der arttypischen Gesamtcharakteristik entwurflich anders arbeiten.

Gesellschaftliche Verantwortung

Und schließlich erweiterte er das Sortiment mit pflegeleichten Arten so, dass die „Neue Sachlichkeit“ im Garten ausdrucksfähig wurde – beispielsweise in der damals ungewohnten Schlichtheit von Schmuckgräsern. Doch „pflegeleicht“ ist ein relativer Begriff. Was in den 1920ern im Vergleich mit den Ornamentbeeten der Kaiserzeit als einfach galt, sollte in späteren Jahrzehnten angesichts schwindender Mittel der öffentlichen Hand noch zu aufwendig sein. Erst die neue Staudenliebe der letzten zwei Jahrzehnte – mit der Formel „Echinacaea zwischen Federgras“ grob umrissen – scheint wieder an die Pflanzenlust der Zwischenkriegszeit anzuknüpfen.

Während Foerster von Neuentdeckungen großer „Schätze“ träumte, fangen wir heute mit Steppenstauden die Sinnlichkeit der schwindenden Ruderal- Wildnis ein oder ersehnen mit wackeligen Staketenzäunen Ländlichkeit im Urbanen. Angeblich liegt das Hauptaugenmerk dabei auf den Bienen, denen außerhalb der Städte die Blüten ausgehen. Foerster glaubte fest an eine gesellschaftliche Verantwortung des Berufs und hätte sich in unserer Zeit durch züchterische Arbeit der biologischen Verarmung der Welt entgegenstemmen wollen.

Neuartige Pflanzenbilder

Diesem Geist entsprechend schrieb Hermann Mattern vor knapp dreißig Jahren in Gedenken an ihn in dieser Zeitschrift (03/1971, S. 80): Ein guter Gärtner müsse „[…] den Kinderglauben in sich bewusst machen, dass die Welt und alle ihr zugehörigen Naturreiche sich unentwegt in der Höherentwicklung befinden und dass der Mensch, als das intelligenteste Erdenwesen, das Seine dazu beitragen kann, ja beitragen muss“. Wäre Foerster heute aktiv, würde er sich von seinem wasserhungrigen Liebling Phlox wohl verabschieden und ganz neuartige Pflanzbilder wagen, um der Zeit eine neue Sprache zu geben.

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