Klimagerechte Landschaftsarchitektur: Mikroklima und Stadtklimatologie
Auf drei Hitzesommer, in denen nicht nur Bauern und Bäuerinnen über die europaweite Dürre klagten, folgte ein neuer Rekord. 2021 war einer der niederschlagsreichsten Sommer seit Messbeginn 1881 – mit rund 30 Prozent mehr Regen als sonst. Das Klima verändert sich, und das nicht immer auf eine vorhersehbare Art und Weise. Deshalb ist es wichtig, unsere Städte entsprechend zu rüsten. Raphaela Roming von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen entwickelte in ihrer Abschlussarbeit Strategien, wie Planer*innen Freiräume klimaoptimiert gestalten können. Dabei herausgekommen sind individuell anwendbare Bausteine, die kein umfangreiches Hintergrundwissen erfordern – für eine klimagerechte Landschaftsarchitektur.
Klimagerechte Landschaftsarchitektur bedeutet eine Landschaftsarchitektur, die den Ansatz der Klimaanpassung verfolgt und sich das Ziel setzt, sich an künftige Folgen des Klimawandels anzupassen. Deshalb sollen schon heute Strategien und Maßnahmen ergriffen werden, um auf anstehende Herausforderungen angemessen reagieren zu können. Das Ziel der zukünftigen Landschaftsarchitektur, Stadt- und Raumplanung ist es also, die Klimaanpassung unserer Städte voranzutreiben. Damit leistet sie einen aktiven Beitrag zur Minderung der globalen Klimaerwärmung.
Aufgrund deren Signifikanz beschäftigten sich in den letzten Jahren bereits eine Vielzahl an Studien, Forschungsprojekten, Publikationen und Projekten intensiv mit den Themen Klimawandel und Landschaftsarchitektur. Die vorliegende Abschlussarbeit verbindet hierbei die theoretischen Grundlagen mit anwendbaren Planungsstrategien und verhilft somit zur klimaoptimierten Gestaltung von Freiräumen.
Die Arbeit legt dabei allgemein anwendbare Bausteine fest. Diese können Landschaftsarchitekt*innen im Sinne der Mikroklimaoptimierung individuell anwenden, ohne sich zuvor umfangreiches Hintergrundwissen aneignen zu müssen.
Um Freiräume klimagerecht gestalten zu können, müssen Planer*innen der stadtklimatische Kontext und das Mikroklima eines Ortes genau beobachten und auswerten. Erst auf dieser Basis kann dann ein auf diesen Ort angepasstes Konzept entstehen, um die Situation im Mikroklima nachhaltig zu optimieren.
Städtische Gebiete mit ähnlichen mikroklimatischen Ausprägungen werden in der Stadtklimatologie als „Klimatope“ bezeichnet. Die VDI-Richtlinie 3787 unterscheidet hierbei im städtischen Kontext beispielsweise das Stadtrand-, Stadt- und Stadtkern-, Gartenstadt-, Industrie-, Gewerbe- oder Bahnanlagen-Klimatop. Diese definierten Klimatope lassen sich für die Landschaftsarchitektur schließlich in noch kleinere Einheiten herunterbrechen, zu sogenannten „Kleinklimatopen“. Beispiele hierfür sind Stadtplätze, Innenhöfe, Hausgärten und Straßenräume.
Die Kleinklimatope verschiedener Freiräume stehen dabei fast immer im Austausch mit ihrer angrenzenden Umgebung. Somit beeinflussen sie sich gegenseitig entweder positiv oder negativ. Durch gezielte Analysen und Beobachtungen lassen sich die wichtigsten Einflussfaktoren auf solch ein Mikroklima feststellen.
Planende können daraufhin eine Einschätzung treffen, ob ein Mikroklima als eher angenehm, zu warm oder zu kalt empfunden wird und welches Optimierungsziel die Planung erreichen sollte. Mikroklimatisch nicht optimale Freiräume lassen sich im darauffolgenden Schritt durch gezielte Veränderungen der bestimmenden Einflussfaktoren optimieren.
Das Ziel ist es, das gesamte Stadtklima durch die Optimierung von einzelnen Kleinklimatopen, die im Austausch miteinander stehen, zu verbessern.
Planungsstrategien zur klimaoptimierten Gestaltung von Freiräumen
Die Bausteine für eine klimagerechte Landschaftsarchitektur entstanden im Rahmen dieser Arbeit auf Grundlage einer detaillierten Quellenforschung. Sie dienen in der Praxis als wesentliche Planungshilfen.
Diese beruhen auf den drei einflussgebenden Faktoren des Mikroklimas Strahlung, Wind und Wasser und den vier wichtigsten Elementen der Landschaftsarchitektur: Horizontale Flächen, Vertikale Flächen/Bebauung, Vegetation und Ausstattungselemente. Werden die zuvor genannten Faktoren auf der Ordinate und die Elemente auf der Abszisse aufgetragen, lassen sich 12 Baustein-Kategorien definieren, siehe Abbildung 1.